10967/J XXVII. GP
Eingelangt am 13.05.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Was wird gegen Menschenhandel getan?
Art 3 lit. a des Palermo-Protokolls definiert Menschenhandel als „Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung“.
Menschenhandel stellt zugleich eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung und eine der größten Formen der organisierten Kriminalität dar: Der weltweite Markt für Waren und Dienstleistungen von Opfern des Menschenhandels beträgt schätzungsweise 150 Milliarden Dollar pro Jahr. Eine der häufigsten Formen des Menschenhandels ist sexuelle Ausbeutung, welche über die Hälfte aller weltweit identifizierten Opfer des Menschenhandels ausmacht. Insbesondere Frauen und Mädchen sind davon stark betroffen: sie repräsentieren 92 % der weltweit identifizierten Opfer der sexuellen Ausbeutung. Auch Minderheiten sowie Menschen auf der Flucht sind Risikogruppen und sollen überproportional von Menschenhandel betroffen sein.
Dass Österreich effektiver gegen Menschenhandel vorgehen sollte, ist nichts Neues. Bereits im August 2019 publizierte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nach einem Länderbesuch in Österreich einen Bericht mit einem umfangreichen Empfehlungskatalog. Desgleichen veröffentlichte im Juni 2020 die Expertengruppe des Europarates für die Bekämpfung des Menschenhandels (GRETA) einen Bericht, in dem insbesondere der in Österreich schwierige Zugang zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen kritisiert wurde.
Im Juni 2021 veröffentlichte die OSZE einen weiteren Bericht zur Bekämpfung des Menschenhandels, laut welchem es notwendig ist – gerade in Bezug auf sexuelle Ausbeutung – der Nachfrage entgegenzuwirken. Nur so können die finanziellen Beweggründe des Menschenhandels eingedämmt werden. Gleichzeitig gilt es, proaktive Ansätze zur Bekämpfung des Menschenhandels zu entwickeln, etwa durch Präventionsmaßnahmen.
Die rechtliche Verpflichtung, in der Bekämpfung des Menschenhandels der Nachfrage entgegenzuwirken, besteht bereits. Als Vertragsstaat des Palermo-Protokolls ist Österreich gemäß Art 9 Abs 5 verpflichtet, „gesetzgeberische oder sonstige Maßnahmen [zu treffen oder zu verstärken], wie etwa erzieherische, soziale oder kulturelle Maßnahmen, so auch durch zwei- und mehrseitige Zusammenarbeit, um der Nachfrage entgegenzuwirken, die alle Formen der zum Menschenhandel führenden Ausbeutung von Personen, insbesondere von Frauen und Kindern, begünstigt.“ Auch das Übereinkommen des Europarats gegen den Menschenhandel (Art 6) und die Richtlinie der Europäischen Union gegen den Menschenhandel (Art 18) sind für Österreich rechtlich bindend und beinhalten ähnliche Verpflichtungen. In der Praxis wird diesen Verpflichtungen aber selten Rechnung getragen. Im Jahr 2018 gab es EU-weit lediglich 63 Verurteilungen von Personen, die wissentlich die Dienste von Opfern des Menschenhandels in Anspruch genommen haben, obwohl 2018 knapp 14.000 Menschen als Opfer von Menschenhandel identifiziert wurden.
Am 11. Januar 2022 fand eine Aussprache mit Valiant Richey, OSZE-Sonderbeauftragter für die Bekämpfung des Menschenhandels, statt. Daraus ergab sich ebenfalls, dass Österreich effektiver gegen Menschenhandel vorzugehen hat. Obwohl sich das Regierungsprogramm 2020-2024 „wirksame Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Schlepperei und des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels sowie von Ausbeutung“ zum Ziel setzt, ist Österreich säumig. Zahlreiche Empfehlungen und eine Darstellung der aktuellen Lage in Österreich verdeutlichen einen dringenden Handlungsbedarf. Etwa ist in Österreich die wissentliche Inanspruchnahme von sexuellen Dienstleistungen von Opfern des Menschenhandels nicht unter Strafe gestellt. Auch die in § 205a StGB normierte Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung nimmt auf Menschenhandel keinen Bezug, deckt den Ausbeutungsaspekt nicht ab und stimmt somit nicht mit dem Palermo-Protokoll überein. Desweiteren stellt § 28c Abs 2 Z 2 AuslBG die Beschäftigung eines Ausländers ohne Aufenthaltsrecht, unter Nutzung seiner unter Zwang erbrachten Arbeiten oder Leistungen – mit Wissen, dass er/sie Opfer von Menschenhandel ist - unter Strafe. Er erfasst allerdings nicht innerösterreichischen und europäischen Menschenhandel, obwohl in Österreich 48% der identifizierten Opfer von Menschenhandel EU-Bürger_innen sind. Darüber hinaus betrachtet diese Norm Menschenhandel eher als ein Verbrechen gegen den Staat als ein Verbrechen gegen die Betroffenen. Desgleichen versäumt es der Nationale Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels 2021-2023 den Aspekt der Nachfrage zu thematisieren. Außerdem gäbe es in Österreich keine vom Staat ausgehenden Präventionsmaßnahmen gegen Menschenhandel. Zur Diskussion stand eine Reihe an Mängeln, die sich sowohl auf die Bekämpfung des Menschenhandels in Österreich als auch auf die Versorgung der Opfer negativ auswirken. Um die Vorgehensweise der Bundesregierung bei der Bekämpfung des Menschenhandels zu bewerten, erscheinen Informationen zum Stand der Umsetzung der verschiedenen Empfehlungen notwendig.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Welche Daten werden im Bereich Menschenhandel erhoben? Welche nicht?
ii. Falls Maßnahmen gesetzt worden sind: Wie werden die Daten verwendet, um effektiver gegen Menschenhandel vorzugehen?
i. Sollten keine Maßnahmen geplant sein, warum nicht?
i. Welche Beweismittel, außer Aussagen der Betroffenen, werden in Ermittlungen zu Menschenhandel berücksichtigt?
ii. Welche Maßnahmen wurden wann gesetzt, um Betroffene von Menschenhandel im Strafverfahren zu unterstützen und ihre Mitwirkung im Strafverfahren sicherzustellen?
iii. Gibt es regelmäßige Schulungen für Staatsanwaltschaft und Justizbehörden bezüglich traumainformierte Behandlung und Befragung von Betroffenen?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Sollten keine Maßnahmen geplant sein, warum nicht?
i. Mit welchem Ergebnis?
i. Wird eine Novellierung des § 205a StGB in Erwägung gezogen?
ii. Wird eine Novellierung des § 28c Abs 2 Z 2 AuslBG in Erwägung gezogen?
i. Mit welchem Ergebnis?