10972/J XXVII. GP
Eingelangt am
17.05.2022
Dieser Text ist elektronisch
textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Robert Laimer, Genossinnen und Genossen an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend mutmaßlich rechtswidrige Ausschreibung und Besetzung der Leitungsfunktionen der Generaldirektionen im BMLV mit ÖVP-Gefolgsleuten im Zuge der „Heeresreform"
Die von Bundesministerin Klaudia Tanner (ÖVP) in Umsetzung befindliche „Heeresreform" stand schon von Anbeginn von vielen Seiten unter massiver Kritik. Bereits im Vorfeld bzw. während der ersten Umsetzungsschritte wurde von Seiten der Gewerkschaft, der Oppositionsparteien und hochrangiger Militärexperten darauf hingewiesen, dass diese Reform keine essentiellen Verbesserungen für das Österreichische Bundesheer bringen wird - im Gegenteil.
Ebenso gab es, neben der neuen Organisationsstruktur, lautstarke Kritik an den Stellenausschreibungen der neu zu schaffenden Generaldirektorenposten für „Landesverteidigungspolitik", „Personalführung und Budget" und „Revision und Disziplinär- und Beschwerdewesen", die allesamt mittels einer nicht „unabhängigen" Bewertungskommission beeinflusst werden könnte. Auf all die dokumentierten Kritikpunkte, die teils auch durch die mediale Berichterstattung öffentlich gemacht wurden, wurde von Klaudia Tanner und ihrem Generalsekretär, Dieter Kandlhofer (ÖVP), nicht eingegangen. Eine vorläufige Evaluierung, ob die vorgegebenen Zielsetzungen mit dieser Reform überhaupt erreicht werden können, wurde bis dato nicht vorgenommen.
Aufgrund des persönlichen Schreibens eines Bewerbers für die ausgeschriebene Funktion des Leiters der Generaldirektion „Landesverteidigungspolitik" (mit dem Referenzcode BMLV 21-4098), die parlamentarischen Oppositionspolitikern zur Kenntnis gebracht wurde, und in dem dieser mutmaßlich nicht rechtskonforme Tatbestände im Ausschreibungsprozess anführt, steht nun die berechtigte Frage im Raum, ob der Ausschreibungsprozess derart gestaltet wurde, um Gefolgsleute der ÖVP auf die Leitungsfunktionen der Generaldirektionen zu setzen.
Dahingehend sei das Schreiben erwähnt, in dem festgehalten wird, dass „Soldaten des eigenen Hauses, die über ein ziviles Studium verfügen und alle Voraussetzungen für den Arbeitsplatz erfüllen würden, wegen des Punktes 1 der Erfordernisse (,Das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in der Verwendungsgruppe A/A1 bzw. eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses in der Entlohnungsgruppe a/v1') gar nicht von der Kommission bewertet wurden (obwohl sie auch ihre Bereitschaft zur Überstellung in Al explizit zum Ausdruck gebracht haben), weil sie ein ,Musskritierium' des Textes nicht erfüllen (M statt A), ist empörend und diskriminierend für einen ganzen Berufsstand. Bewerber anderer Ressorts (und scheinbar gab es einen, welcher als ,im geringeren Ausmaß geeignet' erschien) wurden ,bewertet', eigene Soldaten mit zivilem Studium und aus subjektiver Sicht hervorragenden Voraussetzungen durften ,gar nicht an den Start.' Diese Sache ,riecht', ist nicht in Ordnung und eine persönliche Schlechterstellung als Offizier, eine klare Schlechterstellung von Offizieren des Hauses, die wohl mindestens dieselben Voraussetzungen hätten als der als einziger ,im höchsten Ausmaß geeignete' Bewerber. [...] Seltsamerweise ist in der aktuellen Ausschreibung für den Leiter der SII - Präsidium bei den Erfordernissen angeführt:,... sowie die explizite Bereitschaft für die Überstellung...'. Hat man diesen kleinen Satz bei der Ausschreibung für den GD (Anm.: Generaldirektor) für Verteidigungspolitik deswegen weggelassen, um hauseigene Offiziere von vornherein ausscheiden zu können? Warum hat man die Option einer breiten Bewerbungsmöglichkeit nicht zugelassen? Weil uniformierte Kandidaten vielleicht zu viel ,auf der Speisekarte' gehabt hätten? Fragen über Fragen..."[1]
In Anbetracht dieser Aussagen und Vorwürfe ist es in höchstem Maße erforderlich, dass die Verantwortlichen im BMLV - allen voran die Bundesministerin - Stellung beziehen. Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
1. Wurden bei der Bewerbung für die Position des Leiters der Generaldirektion Verteidigungspolitik Bewerber*innen nicht zum Kommissionsverfahren zugelassen?
a. Wenn ja: Wie viele und aus welchen Gründen?
b. Wenn ja: Wurde Bewerber*innen die Zulassung zum Kommissionsverfahren verwehrt, obwohl sie die Ernennungsvoraussetzungen erfüllt hatten?
c. Wenn ja: Auf welche rechtlichen Grundlagen stützt sich dieses Vorgehen, insbesondere bei jenen Bewerber*innen, die die Ernennungsvoraussetzungen erfüllt hatten?
2. Zumindest einer der angesprochenen Offiziere hat zwei Studien abgeschlossen und ein Doktorat. Damit erfüllt er eindeutig die Bewerbungsvoraussetzungen. Warum wurde ihm die Möglichkeit verwehrt, von der Kommission bewertet zu werden?
3. Der als einziger Bewerber „im höchsten Ausmaß geeignete" übrig gebliebene und damit ab 1. Mai Leiter der Generaldirektion Verteidigungspolitik besitzt keine anrechenbare gleichwertige Grundausbildung für A1, die laut Arbeitsplatzbeschreibung notwendig ist. Auf welcher Grundlage wurde er, trotz fehlender Voraussetzungen, für das Auswahlverfahren zugelassen?
4. Haben bei der Bewerbung für den Arbeitsplatz, Ausländserfahrung im Sicherheitsbereich eine Rolle gespielt? Wenn ja, welche Ausländserfahrungen besitzt der Leiter der Generaldirektion Verteidigungspolitik?
5. Welche langjährige Erfahrung als Abteilungsleiter oder (Bereichs-)Gruppenleiter der Zentralstelle oder langjährige Erfahrung als Amtsleiter hat der Leiter der Generaldirektion Verteidigungspolitik? Führen Sie bitte die für die Entscheidung relevanten Eignungen konkret an.
6. Ist es im Landesverteidigungsministerium üblich, dass Ausschreibungen, ohne Vorliegen einer gültigen Arbeitsplatzbeschreibung vorgenommen werden?
a. Wenn ja: Aus welchen konkreten Gründen wird derart vorgegangen?
b. Wenn nein: Wieso ist es offenbar in diesem Fall geschehen?
7. Ist es im Landesverteidigungsministerium üblich, dass Inhaber von Spitzenfunktionen ohne Folgeverwendung von ihren Arbeitsplätzen abberufen werden?
a. Wenn ja: In welchen Fällen ist das konkret zuletzt geschehen?
b. Wenn ja: Welche Gründe für die Abberufung liegen in diesen Fällen vor?
c. Wenn nein: Wieso ist das dann in diesem Fall geschehen?
8. Ist die/der Leiterin der Generaldirektion Verteidigungspolitik im Rang eines Direktors/einer Direktorin oder eines Sektionschefs/einer Sektionschefin? Was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Funktionen?
[1] Auszug eines Schriftstücks eines Bewerbers für die Leitungsfunktion der Generaldirektion „Landesverteidigungspolitik".