10984/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.05.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend Übungsplan der Milizbataillone

Was schon während der Coronakrise zum Thema wurde, wird aktuell ein noch viel größeres: die österreichische Miliz. Soldat_innen, die ihren Grundwehr- bzw. Ausbildungsdienst hinter sich haben, werden Anreize geboten, weiter als
Milizsoldat_innen zu dienen und somit weiterhin Aufgaben in der Einsatzorganisation des Bundesheers wahrzunehmen. Sie sind wichtiger Teil des Wehrsystems, auch wenn sie in erster Linie ihrem privaten Beruf nachgehen. Milizsoldat_innen werden nur bei Übungen oder Einsätzen für das Bundesheer tätig - viele davon wären aber ohne Miliz kaum möglich. Bei Auslandseinsätzen beispielsweise stellen Milizsoldat_innen einen signifikanten Teil des Personals. Im Inland werden sie - wie auch jetzt im Zuge der Corona Krise - bei Hilfseinsätzen eingesetzt. Schon im Zuge der Corona-Mobilisierung wurde deutlich, dass die Miliz nicht wirklich handlungsfähig ist. Verfassungsrechtlich ist das österreichische Bundesheer jedoch nach dem Milizsystem aufzustellen - tatsächliche Kampfeinsätze sollten also theoretisch in erster Linie von der Miliz wahrgenommen werden.

Ungeachtet dieser Verfassungsvorgabe ist die Miliz weit von Einsatzfähigkeit, selbst in einem eng gesteckten Sinn, entfernt. In einem Interview erklärte Generalstabschef Robert Brieger, dass die Miliz zurzeit in zehn Verbänden strukturiert ist (https://www.diepresse.com/5808696/miliz-hat-nachholbedarf-in-milliardenhohe). Davon sind allerdings gegenwärtig nur drei mit Gerät ausreichen versorgt, um überhaupt von Einsatzbereitschaft und Mobilität sprechen zu können. Es gibt zu wenig Funkgeräte, NachtSichttechnik und vor allem einfach keine Fahrzeuge, sodass die Miliz weitgehend "stationär und unbeweglich" ist. Man kann also sagen, dass diese für keine Art des Einsatzes vollständig bereit ist. Dass auch die Miliz zu wenig Geld hat, wissen wir auch schon seit längerem (siehe 2873/J).

Die Immobilität unserer Miliz war schon während der Coronakrise äußerst problematisch, mit Blick auf die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine wird diese Problematik noch einmal verstärkt: Der andauernde russische Überfall auf die Ukraine erschüttert nicht nur die österreichische Zivilbevölkerung; auch die Milizsoldat_innen des ÖBH sehen sich im Angesicht des russischen Angriffskrieges in der Pflicht, anhand gezielter Übungen für den Ernstfall zu trainieren.

Wie auch in der Frage der Nachbeschaffung von Waffensystemen, für die in der Öffentlichkeit die Frage nach mehr Panzern oder Abfangjägern diskutiert wird, ohne dafür realistische Einsatzszenarien anzudenken, beschränken sich die Debatten über die Miliz ebenso auf Dienstdauer, statt auf die essentiellen Fragen, ob in der gegenwärtigen Bedrohungslage die Miliz noch zweckmäßig ist, und wenn ja, wie sie aufzustellen und auszubilden ist.

Vonseiten Milizsoldat_innen, die an heurigen Übungen teilnehmen, kommt die Kritik, dass die Übungen repetitiv und nicht auf bereits Gelerntes aufbauend seien und Kapazitäten daher bestenfalls erhalten, aber nicht ausgeweitet werden können. Vorschläge vonseiten der Führungsoffiziere, die Übungen an die bereits bestehenden Grundkenntnisse der Bataillone anzupassen, würden vom BMLV regelmäßig abgelehnt. Während Budgetdiskussionen ständig auf den Ukraine-Krieg Bezug nehmen, werde bei der Miliz immer noch für den Kalten Krieg geübt, so die Kritik. Es stellt sich daher die Frage, nach welchen Kriterien das BMLV die Übungen der Milizsoldaten in einem gegebenen Bedrohungsumfeld plant und umsetzt. Denn der Unmut und das Unverständnis über den Übungsplan des BMLV ist zweifellos geeignet, hier das BMLV in die Pflicht zu nehmen, jetzt mehr denn je die Übungen gezielt auf die aktuelle Bedrohungssituation anzupassen und auch in einem realistischen Ausmaß (Länge, Dauer, Einsatzart, Bewaffnung, sonstige Ausstattung) durchzuführen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Unter welchem Ausbildungsfokus stehen die diesjährigen Übungen der Miliz?

2.    Gibt es einen langfristigen Übungsplan für die nächsten zwei Übungsjahrgänge?

3.    Nach welchen Kriterien erstellt das BMLV die Übungspläne für die Milizbataillone?

a.    Inwieweit wird dabei auf aktuelle Geschehnisse eingegangen?

b.    Inwieweit werden Übungspläne an das Risikobild in der Sicherheitspolitischen Jahresvorschau abgepasst? Bitte um Erläuterung der Veränderungen der Übungen der letzten Jahre in Hinblick auf die geänderte Bedrohungslage.

c.     Das BMLV scheint bereits Lehren aus dem Ukrainekrieg für die Budgetbedürfnisse abgeleitet zu haben. Gibt es auch Lehren für die Übungsbedürfnisse der Miliz?

d.    Jedes Milizbataillon hat kritische Infrastruktur als Schlüsselpunkt im Einsatzfall zugewiesen bekommen. Werden Szenarien und Übungen geplant, um die Soldaten mit diesen Objekten und deren Umfeld bekannt zu machen und um Einsatzszenarien zu erarbeiten und zu üben?

e.    Wann wurden zuletzt militärische Kernthemen wie bspw. Aufklärung, Erkundung, Sicherung, Marsch, Transport, Angriff oder Verteidigung geübt?

i.    Gib es einen Plan, wann Übungen zu obigen Themen abgehalten werden?

4.    Wer ist im Landesverteidigungsministerium für die Erstellung der Übungspläne für die österreichischen Milizbataillone verantwortlich?

5.    Wann und in welchem Rhythmus werden die Übungspläne erstellt?

6.    Nach welchen Kriterien werden Länge, Dauer, Frequenz und Inhalte der Übungen erstellt?

7.    Aus welchem Grund werden immer wieder dieselben Themen geübt? Hat dies auch budgetäre Gründe?

8.    Wie viele Bataillone und Soldat_innen nehmen an den diesjährigen Übungen teil?

9.    Wie viele Bataillone und Soldat_innen nahmen an den Übungen der letzten zwei Übungsjahrgänge teil?

10. Wie hoch ist das Budget für Milizübungen für 2022?

a.      Bitte um Vergleichszahlen für die letzten zwei Übungsjahrgänge.

b.    Welches Budget ist für die nächsten Milizübungen (voraussichtlich 2024) geplant?

11. In welcher Höhe sind Investitionen in die Miliz mit der geplanten Erhöhung des Verteidigungsbudgets verbunden?

a.    Worin soll investiert werden?

b.    Werden diese geplanten Investitionen auch die Inhalte der Übungen verändern?

i.    Wenn nein, warum nicht?

c.     Welche Beschaffungen bzw. Investitionen wurden in der Ära Doskozil, Kunasek, Tanner sowie zwischenzeitlicher Beamtenregierung getätigt?

12. Haben sich die Übungen, die die Miliz braucht, um einsatzfähig zu sein, durch den Angriff auf die Ukraine geändert?

a.    Wenn ja, in welcher Weise?

b.    Wenn ja, welche Konsequenzen werden daraus gezogen? Welche Änderungen sehen wir aufgrund der Geschehnisse in der Ukraine?

c.     Wenn nein, warum nicht?