10997/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.05.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Max Lercher, Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Sabotage des Kanzlerbesuchs bei Viktor Orbän vom 26. Juli 2016"

Am 24. April wird der ehemalige österreichische Kanzler Christian Kern von Peter Pilz in einem Interview im Rahmen des Formates „Salon Pilz" auf die damalige Zusammenarbeit mit Sebastian Kurz und Wolfgang Sobotka angesprochen. Kern berichtet daraufhin von einem bemerkenswerten Vorfall während seiner Kanzlerschaft.

Am 26. Juli 2016 stattete Kern seinem Kollegen Orbän einen Antrittsbesuch in Budapest ab, bei welchem er auch eine Lösung für die Weigerung Ungarns, EU-Recht umzusetzen, dabeihatte. Konkret weigerte Ungarn sich damals, geflüchtete Personen, welche über Ungarn nach Europa gekommen sind, bei sich aufzunehmen. Gemeinsam mit der EU- Kommission entwickelte daher die Kern-Regierung die Idee, dass auf ungarischem Gebiet Betreuungseinrichtungen errichtet, finanziert und ausgestattet werden würden, um eine rechtmäßige Aufnahme von circa 5.000 geflüchteten Personen in Ungarn zu ermöglichen. Für beide Länder wäre eine solche Vereinbarung zu begrüßen gewesen.

Nun beschreibt Kern, dass der damalige Innenminister Wolfgang Sobotka im Vorfeld des Besuches bei Ungarns Regierungschef Orbän interveniert haben dürfte. Orban selbst teilte ihm mit: „Nein, ihr wollt das nicht. Weißt du, warum? Weil heute in der Früh hat einer deiner Minister bei uns angerufen und hat gesagt,Lasst den Kern ja nicht mit einem Erfolg nach Hause fahren'".

Demzufolge dürfte Victor Orbän aus Österreich den Auftrag erhalten haben, dem Vorschlag Kerns nicht zuzustimmen. Der ehemalige Kanzleramtsminister Thomas Drozda bestätigt den beschriebenen Ablauf und fügt hinzu, dass auch Orbäns Kanzleramtsminister Jänos Läzär bei dieser Unterredung anwesend gewesen sei. Verständlicherweise hatten sich die Ungarn sehr gewundert, wie ein Minister der ÖVP dem Kanzler so in den Rücken fallen könne.

Ein weiteres pikantes Detail ist den BMI- Chats zu entnehmen. Demnach hat eine Kabinettsmitarbeiterin Sobotkas einen Monat nach diesem Vorfall dem Kabinettschef Michael Kloibmüller einen PR- Vorschlag unterbreitet, wie dem Kanzler erneut geschadet werden könne. Dies macht deutlich, dass zusätzlich im Nachhinein versucht wurde, Kanzler Kern für das Scheitern seines Besuches bei Orbän verantwortlich zu machen:[1]


 

Alle drei wollen zu den gemachten Vorwürfen keine Stellungnahme abgeben. Dies wirft einige Fragen auf. Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

1)       Ist Ihnen der von Christina Kern und Thomas Drozda geschilderte Vorfall bekannt?

2)       Wann hat dieses Telefonat zwischen Innenminister Sobotka und ungarischen RegierungsvertreterInnen genau stattgefunden?

3)       Welche Aufzeichnungen bestehen zu diesem Telefonat?

4)       Zwischen welchen Personen auf Seiten des BMI bzw. auf ungarischer Seite wurden an diesem Tag Gespräche geführt?

5)       Von wem ging die Initiative für diese Gespräche aus?

6)       Wurden von Seiten Dritter Wünsche geäußert, wonach ein solches Gespräch zu führen sei?

7)       Wie wurde der Inhalt der Gespräche dokumentiert?

8)       War ein/e Dolmetscherin eingebunden?

9)       Wurde dem Bundeskanzleramt oder dem Außenministerium von dem Gespräch berichtet?

10)   Haben Sie nach Bekanntwerden des oben geschilderten Vorfalls Nationalratspräsident Sobotka um Aufklärung der Vorwürfe ersucht?

a)    Wenn ja, wann und auf welche Art und Weise?

b)    Wenn nein, wie begründen Sie es in dieser Sache nicht zu handeln?

11)   Können Sie erklären, zu welchem dienstlichen Zweck eine Verhinderung der geplanten Vereinbarung mit Ungarns- Regierungschef Viktor Orbän sinnvoll gewesen wäre?

12)   Entstanden durch das Telefonat Verbindungsentgelte und wenn ja, in welcher Höhe?

13)   Wer war im Juli 2016 im Kabinett von BM Sobotka für Angelegenheiten der Migrationspolitik zuständig?

14)   Welche Stellungnahme haben Sie zu den Vorwürfen anlässlich von diesbezüglichen Medienanfragen abgegeben?

15)   Welche Nachforschungen haben Sie angestellt, um diesbezügliche Medienanfragen wahrheitsgemäß zu beantworten?



[1] »Das haben mir die Ungarn damals gesagt« - Kern packt bei Salon Pilz über Sobotka-Sabotage aus - zackzack.at            "