11047/J XXVII. GP
Eingelangt am 19.05.2022
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Gesundheitsgefährdung durch Rattenbefall in der Bundeshauptstadt Wien
Die Tageszeitung „Heute“ berichtet in ihrer Online-Ausgabe am 03. Mai 2022, dass sich in Teile von Wien eine Rattenplage ausbreitet. In Wien-Margareten scheint das Problem in der Gemeindebauanlage Theodor-Körner-Hof besonders schlimm zu sein:
„Im Theodor-Körner-Hof klagen Mieter über enorme Müll-Probleme. Es stapeln sich Mistsäcke und alte Möbel – auch Ratten treiben nun ihr Unwesen.
Es sind Bilder, die man als Anrainer nicht sehen möchte: Der Innenhof einer großen Gemeindebauanlage in Wien-Margareten verkommt zu einem Müllplatz. Martina N. (55) lebt seit 35 Jahren im Theodor-Körner-Hof. Doch nie zuvor soll es dort so arg verdreckt gewesen sein. "Die Leute schmeißen hier alles einfach weg, teilweise sind da auch welche dabei, die nicht einmal in der Anlage wohnen", ärgert sich die 42-Jährige.“
„Müllberge entsetzen Anrainerin
Mit Fotos dokumentiert sie mittlerweile in regelmäßigen Abständen die Zustände, die im Bereich der Müllcontainer herrschen. Von Mistsäcken, Bierdosen und kaputten Flaschen, bis hin zu alten Möbelstücken – hier wird offensichtlich alles entsorgt. "Wir haben uns als Mieter bereits an Wiener Wohnen gewendet. Uns wurden die Mietkosten erhöht, doch an der Situation hat sich immer noch nichts gebessert", wütet die Anrainerin im "Heute"-Talk. Mit den Mitarbeitern der MA48 hat sie selbst Mitleid: "Die Armen können ja auch nichts dafür, dass es hier jede Woche so ausschaut."
„Ratten- und Tauben-Probleme
Weil neben den Müllsäcken auch zahlreiche Essensreste weggeworfen werden, soll es bereits eine Rattenplage geben. "An wärmeren Tagen stinkt es nach Kot, auch Tauben sind mittlerweile zu einem Problem für viele Anrainer geworden. Die Balkone teilweise gar nicht mehr nutzbar", ärgert sie sich weiter.“
„Kontrolle und Schädlingsbekämpfung
Wie ein Wiener-Wohnen-Sprecher gegenüber "Heute" erklärt, gibt es in dem besagten Gemeindebau zehn Müllplätze und einen Müllraum. "Es hat sich herausgestellt, dass sich die Entsorgung zum Teil auf einige Standorte konzentriert", heißt es seitens Wiener Wohnen. Man informiere deshalb die Mieter über die richtige Entsorgung und setzt zudem auch auf Kontrolle durch die Ordnungsberater. Diese sind für die Einhaltung der Hausordnung und des Wiener Reinhaltegesetzes zuständig. Zu dem Tauben-Problem hat Wiener Wohnen einen Appell: "Es ist wichtig, dass Tauben nicht gefüttert werden, da Essensreste auch Ratten anlocken können." Die Schädlingsbekämpfer sind deshalb bereits aktiv geworden. Bleibt zu hoffen, dass die gesetzten Maßnahmen bald Früchte tragen.[1]“
Ratten können die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden:
„Rattenbisse und Kratzer können zu Krankheiten und Rattenbiss-Fieber führen. Rattenurin ist für die Verbreitung der Leptospirose verantwortlich, die zu Leber- und Nierenschäden führen kann. Die Krankheit kann auch durch den Umgang mit oder das Einatmen von Rattenkot übertragen werden. Zu den Komplikationen gehören Nieren- und Leberversagen sowie kardiovaskuläre Probleme.
Die lymphozytäre Choriomeningitis (LCMV), eine virale Infektionskrankheit, wird durch den Speichel und Urin von Ratten übertragen. Bei manchen Menschen wirkt sich die lymphozytäre Choriomeningitis langfristig aus, bei anderen treten nur vorübergehende Beschwerden auf.
Eine der historisch gefährlichsten durch Ratten übertragenen Krankheiten ist die Beulenpest, auch „Schwarze Pest“ genannt, und ihre Varianten. Die Übertragung erfolgt durch den Biss von Rattenflöhen auf den Menschen. Auf Ratten übertragene Flöhe werden für die Pest im Mittelalter verantwortlich gemacht, an der Millionen Menschen starben. Von der Übertragung der Beulenpest bis hin zu Typhus und Hantavirus kann sich ein Rattenbefall als schädlich für die menschliche Gesundheit erweisen.
Ratten sind auch eine potenzielle Quelle von Allergenen. Ihr Kot, ihre Hautschuppen und Haare können bei Menschen Niesen und andere allergische Reaktionen hervorrufen.
Die von Ratten übertragenen Krankheiten fallen in eine von zwei Kategorien: Krankheiten, die direkt durch den Kontakt mit ratteninfiziertem Kot, Urin oder Bissen übertragen werden, und Krankheiten, die indirekt durch einen zwischengeschalteten Arthropodenvektor wie Flöhe, Zecken oder Milben auf den Menschen übertragen werden. Während die folgende Liste von Krankheiten oder medizinischen Zuständen alle mit Ratten in Verbindung gebracht werden, sind die meisten von ihnen in den Vereinigten Staaten nicht häufig anzutreffen.“[2]
„Krankheiten, die direkt von Ratten übertragen werden“
1. „Hantavirus Pulmonary Syndrome: Hierbei handelt es sich um eine Viruserkrankung, die von der Reisratte übertragen wird. Diese Krankheit wird auf drei Arten verbreitet: durch das Einatmen von Staub, der mit Rattenurin oder -kot verunreinigt ist, durch direkten Kontakt mit Rattenkot oder -urin und seltener durch den Biss einer Ratte.
2. Leptospirose: Dies ist eine bakterielle Erkrankung, die durch Kontakt mit infiziertem Wasser beim Schwimmen, Waten oder Kajakfahren oder durch verunreinigtes Trinkwasser übertragen werden kann. Personen können einem erhöhten Risiko einer Leptospirose-Infektion ausgesetzt sein, wenn sie im Freien oder mit Tieren arbeiten.
3. Rattenbiss-Fieber: Diese Krankheit kann durch einen Biss, Kratzer oder Kontakt mit einer toten Ratte übertragen werden.
4. Salmonellose: Der Verzehr von Nahrung oder Wasser, das mit Rattenkotbakterien verunreinigt ist, kann diese Krankheit verursachen.“
„Krankheiten, die indirekt von Ratten übertragen werden“
· „Pest: Diese Krankheit wird von Ratten übertragen und von Flöhen bei der Einnahme einer Blutmahlzeit weitergegeben. Hausratten sind das häufigste Reservoir der Pest.
· Colorado Zeckenfieber: Dies ist eine Viruserkrankung, die durch den Biss einer Zecke übertragen wird, die eine Blutmahlzeit von einer buschigen Waldratte aufgenommen hat.
· Kutane Leishmaniose: Diese Krankheit ist ein Parasit, der durch den Biss einer infizierten Sandfliege, die sich von einer wilden Waldratte ernährt hat, auf den Menschen übertragen wird.“
„Hantavirus“
„Einige Rattenarten wie die Baumwollratte oder die Reisratte sind bekannte Träger des Hantavirus. Wanderratten und Dachratten sind keine bekannten Überträger des Hantavirus. Die Opfer können geschwächt sein und Schwierigkeiten beim Atmen haben. Das Hantavirus wird auf den Menschen übertragen, wenn dieser luftgetragene Partikel aus Nagetierkot, Urin oder Kadavern, die gestört wurden, einatmet.“
„Die ersten Symptome des Virus können mit einer Grippe verwechselt werden. Die Patienten leiden dann unter Atembeschwerden, die tödlich enden können, wenn sie nicht sofort wirksam behandelt werden. Um das Hantavirus zu vermeiden, müssen Mäusekot, Nestmaterial und tote Nager aus der Wohnung entfernt werden. Sprühen Sie verdächtige Bereiche vor dem Fegen gründlich mit Desinfektionsmittel ein, um zu vermeiden, dass etwas in die Luft gelangt. Verwenden Sie bei der Handhabung von Nagetierkadavern oder -kot Handschuhe und tragen Sie eine Atemschutzmaske mit funktionierenden Patronen. Gebäude sollten nach einem Befall gelüftet werden. Nicht alle Nagetiere sind als Überträger des Hantavirus bekannt. Hirschmäuse, Baumwollratten, Reisratten und weißfüßige Mäuse sind die häufigsten Überträger. Dennoch sollte jeder im Umgang mit Nagetieren oder Nagetierbefall Vorsicht walten lassen und einen Schädlingsbekämpfer kontaktieren.“[3]
Das Gesundheitsrecht sieht eigentliche klare Vorgabe gegen die Rattenplage vor:
„Ratten - Pflichten von Eigentümer zur Vorbeugung und Bekämpfung“
· „Liegenschaftseigentümerinnen und Liegenschaftseigentümer sind verpflichtet, gegen Ratten vorzubeugen und sie zu bekämpfen:
· Regelmäßige Kontrolle durch ein zugelassenes Unternehmen der Schädlingsbekämpfung
· Auslegen von Ködern bei Rattenbefall durch ein zugelassenes Unternehmen der Schädlingsbekämpfung
· Kontakt bei Fragen
· Fachgruppe Gesundheitsrecht der Abteilung Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht (MA 40)
· Telefon: + 43 1 4000-40623
· Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr“
„Rattenverordnung“
„Die Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften und die beauftragten Unternehmen zu Schädlingsbekämpfung sind laut Rattenverordnung verpflichtet, die Nachweise über die Kontrollen und Bekämpfung 3 Jahre zur Einsichtnahme durch den Magistrat bereitzuhalten beziehungsweise bei einer Aufforderung vorzulegen.
Die Rattenverordnung stellt den Eigentümerinnen und Eigentümern frei, welche zugelassenen Unternehmen für Schädlingsbekämpfung sie mit der Kontrolle und der Bekämpfung beauftragen. Bei Gefahr im Verzug kann der Magistrat der Stadt Wien Sofortmaßnahmen anordnen. Die dabei anfallenden Kosten sind von den Eigentümerinnen und Eigentümern der Liegenschaften, von denen die Gefahr ausgeht, zu zahlen.“
„Hintergrund“
„Durch die kurze Tragzeit und die Wurfzahl von 4 bis 12 Jungen pro Weibchen alle 3 bis 4 Wochen vermehren sich Ratten sehr schnell und stark. Sie dringen überall ein, fressen fast alles an und können auch in Wohnungen gelangen. Dort verunreinigen sie den Wohnbereich. Sie übertragen Krankheiten wie zum Beispiel Tuberkulose, Typhus, Salmonellose, Hepatitis und Borreliose.“
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende
ANFRAGE
1) Ist Ihnen bzw. dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz das Problem des Rattenbefalls in der Gemeindebauanlage Theodor-Körner-Hof in Wien-Margareten bekannt?
2) Wenn ja, seit wann?
3) Sind Ihnen andere Probleme des Rattenbefalls im Bezirk Wien-Margareten bekannt?
4) Wenn ja, seit wann?
5) Wenn ja, in welchen Bereichen des Bezirks bzw. Gemeindebauanlagen oder Privatwohnhäusern?
6) Sind Ihnen andere Probleme des Rattenbefalls im Wiener Bezirken bekannt?
7) Wenn ja, seit wann?
8) Wenn ja, in welchen Bezirken bzw. Gemeindebauanlagen oder Privatwohnhäusern?
9) Welche Gesundheitsgefährdung sehen Sie generell durch das Problem des Rattenbefalls für die Volksgesundheit?
10) Sind im Zusammenhang mit dem Problem des Rattenbefalls in einzelnen Bezirken Wiens in den Jahren 2010 bis 2021 gehäuft Erkrankungen, wie etwa Tuberkulose, Typhus, Salmonellose, Hepatitis und Borreliose aufgetreten?
11) Gibt es dazu eine entsprechende Statistik und wie stellt sich diese dar?
12) Welche Maßnahmen von Seiten des Bundes bzw. in Absprache mit dem Land/der Gemeinde Wien werden ergriffen, damit die Gesundheit der Bewohner in diesen Gemeindebauanlagen und Privatwohnhäusern nicht gefährdet wird?
13) Sehen Sie die einschlägigen Regelungen in der Wiener Rattenverordnung als ausreichend für die Bekämpfung des Rattenbefalls in den Wiener Bezirken an?
[1] Rattenplage: Wiener gehen in Gemeindebau im Müll unter - Leser | heute.at
[2] Welche Krankheiten tragen Ratten in sich? | Rattenvertreibung | Orkin | Home Healthcare (homehealthcarereport.com)
[3] Welche Krankheiten tragen Ratten in sich? | Rattenvertreibung | Orkin | Home Healthcare (homehealthcarereport.com)