11086/J XXVII. GP
Eingelangt am 20.05.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Frauen‚ Familie‚ Integration und Medien
betreffend Analyse Familienförderungen Österreich
Kinder sind unsere Zukunft und daher gibt es im staatlichen Selbstverständnis auch die Prämisse, dass diese dem Staat ein Anliegen sind. Aus diesem Grund gibt es für Eltern viele Unterstützungen. Das Ziel dieser sollte es sein, allen Kindern einen möglichst gleichberechtigten Start ins Leben zu ermöglichen. Im Sinne einer evidenzbasierten Politik ist es daher zu begrüßen, dass die Wirkung von staatlichen Zahlungen untersucht wird und Kostenanalysen durchgeführt werden. Um nach Jahrzehnten wieder einen genaueren Einblick zu bekommen, hat das BMSGPK im zweiten Halbjahr 2021 deshalb beim WIFO eine Analyse der Familienleistungen für verschiedene Haushaltskonstellationen(1) beauftragt - um 19.874 €, wie eine Anfragebeantwortung zeigt (2). Die Analyse erreichte aber wohl nicht ganz das Echo, dass sich das Familienministerium gewünscht hätte. Immerhin war die Rede davon, dass für Alleinerziehende die Kinderkosten gerade einmal zu einem Drittel gedeckt werden können (3). Problematischer an dem Ergebnis ist, dass der Profit aus Familienleistungen mit dem Einkommen steigt, anstelle weniger wohlhabende Familien zu unterstützen, unterstützen die Familienleistungen also besser verdienende Familien. Von ausgleichenden Wirkungen kann also keine Rede sein.
Wichtig ist hier allerdings eine Unterscheidung: Hauptaugenmerk der WIFO-Studie waren Steuer- und damit Bundesfaktoren. Naheliegend wäre also, dass gerade diese Bundesfaktoren tendenziell die Einkommensunterschiede verstärken. Im gleichen Halbjahr, aber mit späterem Erscheinungszeitpunkt wurde seitens des Familienministeriums ebenso eine weitere Studien beauftragt. Diesmal beim Grazer Zentrum Joanneum und mit Schwerpunkt auf die Transferleistungen im System. Die Studie des Familienministeriums kostete 98.802 € (4), also um einiges mehr. Wie auch die Berichterstattung nahelegt, könnte es sich bei dieser Studie nunmehr um eine Auftragsarbeit handeln, um das Ergebnis der Familienkostenanalyse zu widerlegen. Immerhin besagten die Überschriften nach Veröffentlichung dieser Studie, dass "Familienleistungen stark umverteilend" seien (5).
Der große Unterschied zwischen den beiden Studien ist nun, dass eine sich auf die steuerliche und Bundesebene beschränkt, die zweite Studie dagegen berücksichtigt Landesleistungen wie Sozialhilfe oder Wohnbaubeihilfe, die sich durch die Anwesenheit von Kindern im Haushalt verändern, ebenso. Eine gesamtstaatliche Betrachtung ist für die Entscheidung über Politik nun immer ein guter Ansatz, allerdings stellt sich sozusagen auch die Frage des Marketings. Immerhin stellt sich die Frage, welche Transfers wie berücksichtigt werden. So werden explizit einkommensunabhängige Leistungen wie beispielsweise der gratis Kindergartenbesuch nicht berücksichtigt. Zu bedenken ist aber, dass besonders bei einkommensschwächeren Haushalten die Kinderbetreuungskosten am Nachmittag auch eine große Belastung darstellen und Alleinerziehende deshalb bei mangelnden Finanzmitteln für Kinderbetreuung am Nachmittag oft statt Vollzeit in Teilzeitarbeiten müssen. Dadurch, dass gratis Kinderbetreuung nicht berücksichtigt wird, entsteht also in der Analyse automatisch ein Unterschied zwischen den Bundesländern, da die Kinderbetreuung in Wien ganztags kostenfrei ist. Eben derartige Beispiele werden in ihrer Relevanz aber genau durch diese Studie bestätigt. Immerhin zeigt sie, dass gerade in den unteren Einkommenskategorien die Gemeinde- und Landestransfers einen sehr viel größeren Teil ausmachen, als in den höheren Einkommenskategorien. Die Bundestransfers dagegen sind über alle Kategorien hinweg auch bei unterschiedlicher Anzahl an Kindern relativ stabil, am ehesten kann noch ein kleiner Anstieg in den mittleren Einkommenskategorien ausgemacht werden (6). Insofern stellt sich wiederum die Frage, ob nicht jede einzelne Leistung schon treffsicher sein sollte. Natürlich kann man, wie die Ministerin die Ansicht vertreten, dass das System insgesamt ausdifferenziert sei und das genüge, um von Treffsicherheit zu sprechen. Fraglich ist aber, ob die stärkere Unterstützung von einkommensschwächeren Haushalten über Zweckbindungen nicht dennoch weniger individuellen Spielraum ermöglicht, als die steuerlichen Erleichterungen für einkommensstärkere Haushalte. Unabhängig von der philosophischen Frage zwischen Sach- und Geldleistungen bzw zweckgebundenen Geldleistungen, sollte aber wohl für beide Gruppen die gleiche Art von Unterstützung zur Verfügung stehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende