11102/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.05.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Gerald Loacker, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Inanspruchnahme des Pensionssplittings 2021

 

Das Pensionssplitting - eigentlich Pensionsbeitragssplitting - ist eine Maßnahme, um 1) die Eigenpension des erziehenden Elternteils zu erhöhen, 2) die finanzielle Abhängigkeit vom Ehepartner zu verringern und 3) die Altersarmut zu reduzieren. Dabei werden im Erwerbsleben für eine bestimmte Zeit der Kindererziehung (bis zu sieben Jahre) die Pensionsbeiträge der Elternteile geteilt. Da sich Frauen anteilsmäßig überdurchschnittlich mit der Kindererziehung befassen, hilft das Pensionssplitting vor allem Frauen. Was die Kosten betrifft, ist das Pensionssplitting eine budgetneutrale Maßnahme. Alternative Vorschläge gegen (Frauen-)Altersarmut, die vor allem aus SPÖ/AK/ÖGB-Kreisen stammen, würden das Budget und die Folgegenerationen hingegen zusätzlich belasten. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Forderung nach einer Erhöhung der fiktiven Beitragsgrundlagen für Kindererziehungszeiten. Diese Beitragsgrundlagen sind jedoch jetzt schon mit 2028 Euro je Monat (für die ersten 4 Jahre nach der Geburt) sehr hoch bemessen – jährliche Zuschüsse aus dem Budget dafür: 1,5 Mrd. Euro. Aus Sicht der Folgegenerationen und des Budgets spricht somit Vieles für das Pensionssplitting. In Form des freiwilligen Pensionssplittings wird es allerdings kaum genutzt. Unter anderem auch deswegen, weil es kaum Infokampagnen dazu gibt und es daher kaum jemand kennt. Das von Regierung im Regierungsprogramm geplante automatische Pensionssplitting mit Opt-out-Option ist daher zu begrüßen.

Frauen nehmen verstärkt die Kinderbetreuung wahr

In Österreich sorgt die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch immer für eine sehr klassische Rollenverteilung. Während 93 Prozent der Männer mit betreuungspflichtigen Kindern unter 15 Jahren am Arbeitsmarkt teilnehmen, belief sich dieser Anteil bei Frauen nur auf 69 Prozent (1). Erschwerend kommt hinzu, dass die Pandemie diese Rollenverteilung verstärkt hat. Dem Austrian Corona Panel Project zufolge haben Frauen ihre Zeit für Hausarbeit und Kinderbetreuungszeiten stärker ausgeweitet als Männer, wodurch die Aufteilung wahrscheinlich noch traditioneller geworden ist (2).


 

 Schon im Mai hatte sich in einem Vorgänger-Panel gezeigt, dass sich die "geschlechtsspezifischen Zuständigkeiten für die Kinderbetreuung noch verstärkt haben. Seit der Schließung von Kindergärten und Schulen waren es vor allem die Mütter, die ihre Kinder betreuen und mit ihnen lernen: 47% der Frauen und 29% der Männer wenden nun viel mehr Zeit für diese Tätigkeiten auf. Auffällig ist, dass der Anteil derer, die angeben, viel oder etwas mehr Zeit zu investieren, unter Müttern und Vätern relativ ähnlich liegt. Dies lässt darauf schließen, dass auch Väter in der Corona-Krise mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, dass Mütter jedoch den Hauptteil übernehmen. [Bemerkenswert ist, dass Mütter in Vollzeit in der Corona-Krise doppelt so häufig (63%) viel mehr Zeit mit Kinderbetreuung verbringen als Väter (30%). Dies weist darauf hin, dass Mütter mit demselben hohen Erwerbsausmaß wie Väter ihre Arbeitszeit stärker an Familienerfordernisse anpassen (müssen)]." (3)

Traditionelle Rollenbilder als Weg in die Altersarmut?

Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, was dies für die Alterssicherung von Frauen bedeutet. Das freiwillige Pensionssplitting wird von Familien kaum in Anspruch genommen. Kein Wunder, stellt es doch eine völlige Fehlkonstruktion dar. Daran hat auch die getroffene Vereinbarung des "Pensionsgipfels" vom 29.02.2016 nichts geändert, bei der beschlossen wurde, dass das freiwillige Pensionssplitting bis zum vollendeten siebten, statt wie bisher bis zum vollendeten vierten Lebensjahr, in Anspruch genommen werden kann. Diese Konzeption rückt noch weiter weg davon, in Österreich erwerbstätigen Frauen zu helfen, sich eine Eigenpension zu erarbeiten, von der sie im Alter tatsächlich leben können. Sie ist Ausdruck eines patriarchalen Gesellschaftsbildes, das sich, wie die Zahlen oben zeigen, seit Beginn der Coronakrise noch verstärkt hat. Außerdem führt es dazu, dass sich Frauen in Abhängigkeit ihres Partners begeben müssen, denn durch das Pensionssplitting herrscht keine Gleichwertigkeit: Ein Elternteil gibt, der andere kann bloß Empfänger sein. Neben der so bedingten Fehlkonstruktion wird das Pensionssplitting aber noch nicht einmal wirklich genutzt. In Kärnten beispielsweise wurden 2020 nur 18 Anträge auf Pensionssplitting gestellt (4). Nachdem in bisherigen Anfragen nicht von allen Versicherungen bereits die Daten von 2019 ausgewiesen werden konnten und zumindest teilweise offenbar schon Zahlen von 2020 vorliegen, stellt sie die Frage, wie diese sich entwickelt haben.


Quellen:

(1) http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/soziales/gender-statistik/vereinbarkeit_von_beruf_und_familie/index.html

(2) https://viecer.univie.ac.at/corona-blog/corona-blog-beitraege/blog57/

(3) https://viecer.univie.ac.at/corona-blog/corona-blog-beitraege/blog33/

(4) https://www.5min.at/202101344664/pensionssplitting-wird-kaum-genutzt-regelung-fuer-eltern-im-ueberblick/

 


 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

 

  1. Wie oft wurde das Pensionssplitting 2021 in Anspruch genommen? (nach PV-Träger und Bundesland)
  2. In wie vielen Fällen war der übertragende Elternteil weiblich? (nach PV-Träger und Bundesland)
  3. Welcher Anteil wurde jährlich an Teilgutschriften übertragen? (nach PV-Träger und Bundesland)
  4. Welche Summen wurden jährlich im Monatsdurchschnitt an Teilgutschriften übertragen?  (nach PV-Träger und Bundesland)
  5. In wie vielen Fällen wurden für folgende Anzahl an Jahren Teilgutschriften übertragen?  (nach PV-Träger und Bundesland)
    1. für ein Kalenderjahr?
    2. für zwei Kalenderjahre?
    3. für drei Kalenderjahre?
    4. für vier Kalenderjahre?
    5. für fünf Kalenderjahre?
    6. für sechs Kalenderjahre?
    7. für sieben Kalenderjahre?
  1. Wie viele Personen denen eine Teilgutschrift übertragen wurde, waren in den jeweiligen Kalenderjahren, in denen eine Teilgutschrift übertragen wurde, neben ihrer Teilversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG oder nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG oder nach § 4a Z 4 BSVG, auch aufgrund einer Erwerbstätigkeit versichert? (nach PV-Träger und Bundesland)
  2. Die Gesetzesvorlage zum Pensionssplitting wird seit über zwei Jahren zwischen den Koalitionspartnern und verantwortlichen Ministerien verhandelt. 
    1. Welche konkreten Einigungen haben die Verhandlungen bisher gebracht?
    2. Wie viele Termine dazu hat es seit 2020 mit dem Frauen- und Familienministerium gegeben und wann konkret? Wann sollen die nächsten Termine dazu stattfinden? Bis wann sollen die Verhandlungen dazu abgeschlossen sein?
    3. Bis wann soll dem Nationalrat diesbezüglich eine Gesetzesvorlage zugeführt werden?

 

  1. Ein Pensionssplitting ist dann nicht möglich, wenn die Elternteile in unterschiedlichen Pensionssystemen versichert sind (z.B. Rechtsanwaltspensionssystem und ASVG-Pensionssystem).
    1. Welche entsprechenden Lösungsvorschläge werden derzeit zwischen den Koalitionspartnern und den verantwortlichen Ministerien verhandelt?
    2. Wie viele Termine dazu hat es seit 2020 mit dem Frauen- und Familienministerium gegeben und wann konkret? Wann sollen die nächsten Termine dazu stattfinden? Bis wann sollen die Verhandlungen dazu abgeschlossen sein?
    3. Bis wann soll dem Nationalrat diesbezüglich eine Gesetzesvorlage zugeführt werden?