11109/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.05.2022
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend „Kommt es zur Entdemokratisierung der Gesellschaft durch den Pandemievertrag mit der WHO?“

 

Die Europaabgeordnete Christine Anderson[1] warnt in einer Videobotschaft[2] vor dem geplanten Vertrag mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die WHO bekommt durch den Vertrag Macht über alle Mitgliedsstaaten, kritisiert die EU-Abgeordnete. Der Vertrag bedeute das Ende der Demokratie und den Beginn einer Weltregierung, so Anderson. In diesem Zusammenhang hat sie eine Anfrage an die Kommission gestellt und eine  nicht zufriedenstellende Antwort erhalten.[3]

 

Anfrage mit Vorrang zur schriftlichen Beantwortung P-000921/2022

an die Kommission

Artikel 138 der Geschäftsordnung

Christine Anderson (ID)

Betrifft:       Pandemievertrag der WHO

 

Am 1. Dezember 2021[4] haben sich die 194 Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf den Beginn des Prozesses der Ausarbeitung und Aushandlung eines Übereinkommens, einer Vereinbarung oder eines anderen internationalen Instruments im Rahmen der Satzung der Weltgesundheitsorganisation zur Stärkung der Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion geeinigt.

Nun wird ein Verhandlungsgremium auf der Ebene der Regierungen eingesetzt, das seine erste Sitzung bis zum 1. März 2022 (zur Vereinbarung von Arbeitsverfahren und Fristen) und seine zweite Sitzung bis zum 1. August 2022 (zur Erörterung der Fortschritte einer Arbeitsfassung) abhalten wird. Es wird anschließend der 76. Weltgesundheitsversammlung im Jahr 2023 einen Fortschrittsbericht mit dem Ziel vorlegen, das Instrument bis 2024 zu verabschieden.

Viele, die den Vertrag befürworten, sind der Ansicht, dass er den besten Weg bietet, um das politische Engagement der Staaten für eine Reform der globalen gesundheitspolitischen Steuerung zu verstärken. Die COVID-19-Pandemie zeigt jedoch, dass dieser Vorschlag tatsächlich keine Grundlage hat. Die Reaktionen der Regierungen auf COVID-19 haben Angaben zufolge viele Verträge verletzt oder manipuliert, darunter auch Menschenrechtsabkommen[5].

Inwieweit wird die Kommission dafür Sorge tragen, dass die Bürgerinnen und Bürger, die in einem Gremium wie der WHO nicht direkt stimmberechtigt sind, im Entscheidungsprozess nicht umgangen werden und dass eine sich immer weiter von den Wählerinnen und Wählern entfernende Verschiebung der Kompetenzen nicht zu einer zunehmenden „Entdemokratisierung“ unserer Gesellschaft führt?

 

Hier die Antwort der Kommission:

 

DE

P-000921/2022

Antwort von Stella Kyriakides

im Namen der Europäischen Kommission

(19.4.2022)

In der Präambel der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist der Grundsatz der informierten Meinung und aktiven Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit als von größter Bedeutung für die Verbesserung der Gesundheit der Menschen verankert („Informed opinion and active co-operation on the part of the public are of the utmost importance“). Mit ihrem Beschluss zur Schaffung eines globalen Verfahrens für die Ausarbeitung und Aushandlung eines Übereinkommens, Abkommens oder anderen internationalen Instruments im Rahmen der WHO-Verfassung zur Stärkung der Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion[6] erinnerte die Weltgesundheitsversammlung an die Bedeutung einer umfassenden Beteiligung für den Erfolg dieses Instruments. Im Sinne des Beschlusses über die Ausarbeitung und Aushandlung des neuen Instruments hat sich das zwischenstaatliche Verhandlungsgremium auf die Modalitäten für die Beteiligung relevanter Interessenträger an seiner Arbeit geeinigt. Gemäß demselben Beschluss wird der Generaldirektor der WHO öffentliche Anhörungen zu den Beratungen des zwischenstaatlichen Verhandlungsgremiums[7] durchführen.

 

Am 3. März 2022 nahm der Rat der Europäischen Union einen Beschluss an, mit dem die Kommission ermächtigt wurde, im Namen der Europäischen Union über das neue internationale Instrument sowie über ergänzende Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005)[8] Verhandlungen aufzunehmen und zu führen. Gemäß der ihr durch Artikel 17 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union[9] und Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union[10] verliehenen Befugnisse wird die Kommission bei den bevorstehenden Verhandlungen als Verhandlungsführerin der Union für Angelegenheiten fungieren, die in die Zuständigkeit der Union fallen. In dieser Eigenschaft wird die Kommission sicherstellen, dass die Zusammenarbeit mit den einschlägigen Interessenträgern bei den Arbeiten zur Vorbereitung des neuen WHO-Instruments gewährleistet ist.

 

Somit hat die EU-Abgeordnete auf ihre Frage, inwieweit sicherstellt wird, dass die Bürger, die in der WHO kein Mitspracherecht haben, im Entscheidungsprozess nicht übergangen werden und dass die zunehmende Entfernung vom Wähler nicht zu einer zunehmenden „Entdemokratisierung“ unserer Gesellschaft führen wird, die Antwort erhalten: überhaupt nicht. Nirgendwo in der Antwort wurden Wörter wie „Bürger“, „Demokratie“ oder „politische Verantwortung“ erwähnt. Für eine Gesellschaft, die bis jetzt auf ihre demokratischen Werte stolz war, ist dies erschreckend.[11]

Demokratie ist eine Volksherrschaft.[12] Wenn das Volk die Herrschaft nicht mehr in eigener Hand hat, handelt es sich nicht mehr um eine Demokratie. Dies würde passieren, wenn eine nicht gewählte und vor allem durch privates Geld finanzierte Institution wie die WHO die Entscheidungen über ganze Nationen an sich reißt.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

Anfrage

 

1.    Kommt es durch den Pandemievertrag mit der WHO zu einer Entdemokratisierung der Gesellschaft?

a.    Falls ja, warum stimmen Sie dieser Entdemokratisierung zu?

b.    Falls nein, worauf stützen Sie ihre Annahme?

c.    Falls nein, inwieweit wird die Regierung dafür Sorge tragen, dass die  Bürgerinnen und Bürger mitentscheiden können und es nicht zu einer zunehmenden Entdemokratisierung unserer Gesellschaft kommt?

d.    Falls nein, trifft das österreichische Parlament die Letztentscheidung?

2.    Wer hätte im Falle einer Pandemie bei der Gültigkeit des WHO Pandemievertrages, wie dieser jetzt geplant ist, die faktische Regierungsgewalt? Falls die WHO, wer legitimiert die WHO?

3.    Wann wurde zuletzt die Definition der Pandemie von der WHO geändert?

a.    Warum wurde diese Änderung notwendig?

b.    Warum wurde aus der Definition die hohe Sterblichkeit als entscheidend für das Ausrufen einer weltweiten Pandemie  rausgenommen?

c.    Warum wurde aus der Definition die hohe Erkrankungshäufigkeit als entscheidend für das Ausrufen einer weltweiten Pandemie rausgenommen?

d.    Ist Ihrer Meinung nach eine Pandemie ohne hohe Sterblichkeit bedrohlich?

4.    Ist die österreichische Regierung nach der Annahme des geplanten WHO Pandemievertrages an diesen weisungsgebunden?

5.    Ist die WHO den Nationen und ihren Regierungen zur Rechenschaft für etwaige Fehler bei der Pandemiebekämpfung verpflichtet?

a.    Falls ja, wie wird dies sichergestellt?

b.    Falls nein, warum geben die Nationen einen Teil ihrer Rechte ohne Kontrollrechte ab?

6.    Was passiert nach der Annahme des Pandemievertrages, wenn einzelne Nationen unterschiedliche Meinungen zu den Vorgaben der WHO vertreten?

a.    Wer entscheidet, wie die einzelnen Nationen vorgehen?

b.    Wer entscheidet im Streitfall?

7.    Welchen Einfluss haben die privaten Geldgeber auf die WHO und auf ihre Politik?

8.    Wie hat sich die WHO 2021 finanziert? (Bitte eine Auflistung der Geldgeber.)

9.    Wie viel hat Österreich in die WHO 2021 eingezahlt und auf welcher Stelle (was die Finanzierung betrifft) befindet sich Österreich?

10. Wo sind die Entwürfe der WHO-Pandemieverträge nachzulesen?



[1] Home | Christine ANDERSON | Abgeordnete | Europäisches Parlament (europa.eu)

[2] (183) Neue WHO Verträge - Teil 1 - Entlarvende Antwort der EU-Kommission - YouTube

[3] Europaabgeordneter schlägt Alarm: „Dieser Vertrag bedeutet das Ende der Demokratie und den Beginn der Weltregierung“. – uncut-news.ch (uncutnews.ch)

[4]   https://www.consilium.europa.eu/de/policies/coronavirus/pandemic-treaty/

[5]   https://www.theguardian.com/global-development/2021/feb/22/world-faces-pandemic-human-rights-abuses-covid-19-antonio-guterres

[6] Beschluss SSA2(5), https://apps.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHASSA2/SSA2(5)-en.pdf

[7] Weiterführende Informationen über die Modalitäten der Einbeziehung relevanter Interessenträger und über die öffentlichen Anhörungen werden voraussichtlich über die WHO-Website verfügbar sein: https://apps.who.int/gb/inb/

[8] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv%3AOJ.L_.2022.092.01.0001.01.ENG& toc=OJ%3AL%3A2022%3A092%3ATOC

[9] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:12008M017&from=ro

[10] https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:12008E218:de:HTML

[11] Europaabgeordneter schlägt Alarm: „Dieser Vertrag bedeutet das Ende der Demokratie und den Beginn der Weltregierung“. – uncut-news.ch (uncutnews.c

[12] Demokratie – Wikipedia