11166/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.06.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Vorarlberger Wirtschaftsbund: Zu lange zugeschaut

 

Wie die Tageszeitung "Der Standard" am 07.06.2022 online berichtet (1), ist das dubiose Geschäftsmodell des Vorarlberger Wirtschaftsbundes bereits im Jahr 2009 in Form einer Anzeige dem Finanzamt bekannt geworden. Mehrere wesentliche Elemente des nunmehr 2022 aufgeplatzten Skandals sind demzufolge schon 2009 dem Finanzamt bekannt gewesen:

Wenn es von Seiten des Finanzamtes schon damals eine echte Prüfung gegeben hätte, wären die 2022 bekannt gewordenen Mißstände schon 2009 abgestellt worden. Offensichtlich hat nicht nur ÖVP-Landesparteichef Markus Wallner, sondern auch das Finanzamt "zu lange zugeschaut". (2)

Ein Durchschnittsbürger mag sich angesichts all dessen fragen, ob die Behörden bei ihm auch 13 Jahre tatenlos zugesehen hätten, während er aufs Steuerrecht pfeift. Alleine die Prüfung in Form einer GPLA hätte dazu führen müssen, dass Sachbezüge für Dienstautos oder für den Zufluss von Versicherungsprämien (3) für Lebensversicherungen frühzeitig auffallen. Außerdem wäre mit Sicherheit aufgefallen, ob für die abgerechneten Provisionen nicht nur USt verrechnet, sondern auch tatsächlich abgeführt worden ist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten auch Barentnahmen für Kaffee oder das Rote Kreuz ohne Beleg (4) im Rahmen einer solchen Prüfung auffallen müssen.

Zu befürchten ist ja, dass das wechselseitige Verständnis zwischen der Vorarlberger ÖVP und dem Finanzamt (damals: den Finanzämtern) in Vorarlberg dem eines alten Ehepaares entspricht: Man muss nicht miteinander reden, weil man sich auch ohne Worte versteht.

 

(1) https://www.derstandard.at/story/2000136333353/whistleblower-beschrieb-bereits-2009-das-system-wirtschaftsbund-ausfuehrlich?ref=rss 

(2) https://www.vol.at/zu-lange-zugeschaut/7354653 

(3) https://www.derstandard.at/story/2000135056498/ex-geschaeftsfuehrer-liess-sich-vom-wirtschaftsbund-unverzinstes-darlehnen-von-250 

(4) https://www.derstandard.at/story/2000135321999/eine-elite-die-es-sich-richtet-was-die-causa-wirtschaftsbund

 

Es gelten wie immer die Unschuldsvermutung und die Unmutsverschuldung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wann ist dem Finanzamt die Anzeige zugegangen, über die "Der Standard" am 07.06.2022 online berichtet hat?
  2. Welche Dienststellen sind mit dieser Anzeige in Berührung gekommen?
  3. Welche Ermittlungsschritte und welche Prüfschritte hat das Finanzamt auf diese Anzeige hin gesetzt?
    1. Wenn keine gesetzt wurden, warum nicht?
  1. Welche Erkenntnisse hat das Finanzamt auf diese Ermittlungs- und Prüfschritte hin gewonnen?
  2. Wurden auf Grund der Schritte, die das Finanzamt als Folge der Anzeige laut Anfragebegründung gesetzt hat, Nachzahlungen für den Wirtschaftsbund Vorarlberg fällig?
  3. Wurden auf Grund der Erkenntnisse, die obengenannte Ermittlungs- und Prüfschritte ergeben haben, später Folgeprüfungen durchgeführt?
    1. Wenn nein, warum nicht?
  1. Hat das Finanzamt auf Grund der gegenständlichen Anzeige auch die Staatsanwaltschaft Feldkirch über den Verdacht der Nötigung ("unter Druck gesetzt", "Retorsionsmaßnahmen") in Kenntnis gesetzt?
    1. Wenn nein, warum nicht?