11309/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.06.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Alois Stöger, Sabine Schatz,

Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für
Justiz

Zugang zu Archiven der Zivil und Strafgerichte

Mitglieder des Mauthausenkomitees Gailneukirchen betreiben Forschungen zu „Politisches Agieren und Reagieren unter autoritären Machtstrukturen in Gallneukirchen und Umgebung 1934 - 1945". Dabei wollten sie im Februar 2022 auch Einsicht in Polizei- und Gerichtsakte im oö. Landesarchiv nehmen. Das OÖ. Landesarchiv teilte mit, dass hierzu eine schriftliche Einsichtsgenehmigung vom Präsidium des Landesgerichtes notwendig sei. Um diese Genehmigung wurde umgehend ersucht, aber bisher haben sie nur die Eingangsbestätigung ihres Begehrens erhalten.

Vom Dokumentationsarchiv d. ö. Widerstandes und von der Verwaltung der KZ Gedenkstätte wurden unkompliziert Auskünfte zu ehem. Häftlingen erteilt und wurde für weitere Infos an das Landesarchiv verwiesen. Das Landesarchiv beruft sich auf den „Jabloner-Erlass" und verweist auf das Landesgericht.

Informationen wurden nur durch den Umweg über einen Historiker der Universität erteilt.

Es kann doch nicht sein, dass freie Forschung zum Strafrechtsgeschehen in Österreichs Diktaturen vor 80 Jahren an einen Status Universität gebunden ist und dass darüber ein Gerichtspräsidium zu bestimmen habe.

§ 9. Des Bundesarchivgesetzes lautet:

(1)   Jedermann ist berechtigt, gemäß § 8 freigegebenes Archivgut nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes und im Rahmen der Benutzungsordnung (§ 10) des betreffenden Archivs des Bundes zu amtlichen, wissenschaftlichen oder publizistischen Zwecken sowie zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Belange zu nutzen. Besondere Vereinbarungen mit den Eigentümern und testamentarische Verfügungen von sonstigem in Archiven des Bundes befindlichen Archivgut bleiben unberührt.

(2)  Das gemäß § 8 Abs. 4 und 5 vorzeitig freigegebene Archivgut darf nur für wissenschaftliche Zwecke oder nur für Zwecke, für die die Einwilligung erteilt worden ist, verwendet werden.

…..

Aus diesem Grund richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.         Haben forschende Menschen, die nicht an einer Universität beschäftigt sind, Zugang

zu Archiven der Zivil und Strafgerichte?

2.         Durch welche Rechtsvorschriften kann der Zugang von Forscherinnen und Forschern

eingeschränkt werden?

3. Welche Gründe liegen vor, Forschungen zu „Politisches Agieren und Reagieren unter

autoritären Machtstrukturen in Gallneukirchen und Umgebung 1934 - 1945" durch Mitglieder des Mauthausenkomitees Gallneukirchen zu erschweren und bürokratische Hürden aufzubauen?

4.   Werden Sie sicherstellen, dass interessierte nichtuniversitäre Forscherinnen und

Forscher Zugang zu Archivgut der der Zivil-und Strafgerichte erhalten?

5. Wenn nein, warum nicht?