11461/J XXVII. GP
Eingelangt am 23.06.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Katharina Kucharowits,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
betreffend NFT von Gustav Klimts Der Kuss
Kurz vor dem Valentinstag diesen Jahres ließ das Belvedere aufhorchen: Man wage den Schritt ins digitale Zeitalter und das mit einem sprichwörtlichen Feuerwerk. Gustav Klimts weltberühmtes Gemälde Der Kuss wurde rechtzeitig zum 14. Februar als NFT präsentiert, als sogenanntes Non-Fungible Token, und zum Verkauf angeboten. Aufgeteilt in 10.000 gleich kleine Teile und zu je 1.850 Euro je Stückchen, versprach man sich davon Publicity, Geld und Erfolg. Nach dem anfänglichen Hype um den berühmten NFT Neuzugang wurde es jedoch ziemlich schnell ziemlich still darum.[1]
Mitte Mai berichteten dann bereits erste Medien von einem Preisverfall des Kuss-NFTs bei gleichzeitig nur einem Viertel aller verkauften Stücke.[2] Vor wenigen Tagen berichtete auch Der Standard über erste Rückabwicklungen von Käufen, mangelnde Auskunftsfreudigkeit zu offensichtlichen Problemen und andere Unstimmigkeiten.[3]
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgende
ANFRAGE
1. Auf wessen Initiative wurden aus dem Klimt Gemälde Der Kuss mehrere tausend NFTs generiert, um diese zu verkaufen?
a. Welche Personen, Organisationen, Ministerien, andere öffentliche oder privatwirtschaftliche Stellen waren in diesen Prozess – von der ersten Initiative bis hin zur Verwirklichung – beteiligt?
2. Gab es während des gesamten Prozesses eine Risikoabschätzung zu den „Kuss NFTs“?
a. Falls ja, zu welchem Ergebnis kam diese Risikoabschätzung? Bitte um detaillierte Ausführung.
b. Falls nein, warum wurde keine Risikoabschätzung durchgeführt?
3. Welche konkreten Ziele verfolgt(e) das Belvedere mit den „Kuss NFTs“? Dien(t)en diese der Werbung, der Publicity, dien(t)en die NFTs dazu, Einnahmen zu generieren?
4. Gemäß Artikel des Standard generierten die „Kuss NFTs“ bis Anfang Mai rund 4,4 Mio. Euro an Einnahmen.
a. Wie viel Stück der „Kuss NFTs“ wurden bis zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage insgesamt verkauft?
b. Wie hoch sind die Einnahmen aus den „Kuss NFTs“ zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage?
c. Wie hoch ist der tatsächliche Gewinn (Erlöse abzüglich aller Ausgaben und Kosten) aus den „Kuss NFTs“ zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage?
d. Wofür werden die Einnahmen – alle bisherigen aber auch alle zukünftigen – aus den „Kuss NFTs“ verwendet? Wer entscheidet über den Verwendungszweck der Einnahmen?
5. Im Artikel des Standard werden bisherige Ausgaben, laufende Spesen und weitere angefallene Kosten nicht dezidiert genannt.
a. Wie hoch waren alle bisherigen Ausgaben, Spesen und weiteren Kosten im Zusammenhang mit den „Kuss NFTs“? Bitte um detaillierte Auflistung aller Ausgaben, Spesen und weiteren Kosten und wofür jede einzelne Ausgabe, alle Spesen und Kosten konkret angefallen sind und an welche Unternehmen, Dienstleiter*innen etc. diese bezahlt wurden.
b. Mit welchen zukünftigen Kosten rechnen Sie im Zusammenhang mit den „Kuss NFTs“? Bitte wieder um detaillierte Auflistung wie in Frage 5a.
6. Gemäß eines Berichts im Falter (Printausgabe 24/22 vom 15. Juni 2022, Seiten 24-26) wurde das Unternehmen Digital First bzw. das daraus gegründete NFT-Auktionshaus artèQ mit der technischen Einführung der „Kuss NFTs“ betraut.
a. Gab es eine öffentliche Ausschreibung bei der Suche nach Unternehmen, die die technische Einführung des NFTs betreuen?
i. Falls ja, welche anderen Unternehmen haben sich bei dieser Ausschreibung beworben und warum wurde schließlich Digital First bzw. artèQ gewählt?
ii. Falls nein, warum gab es keine öffentliche Ausschreibung dazu?
b. Wie viel wurde dem Unternehmen Digital First/artèQ für die technische Einführung der „Kuss NFTs“ und aller damit verbundenen Leistungen bisher gezahlt und aus welchen Mitteln stammt dieses Geld konkret? Bitte um Auflistung der einzelnen Zahlungen an Digital First/artèQ, die Summe in Euro und welche Leistung dieser Zahlung gegenüber stand.
c. Besteht die Zusammenarbeit mit Digital First/artèQ im Rahmen der „Kuss NFTs“ noch? Welche Leistungen erbringt das Unternehmen Digital First/artèQ nach wie vor bzw. in Zukunft und welche Kosten fallen dafür an?
7. Aus dem Bericht des Falter (siehe Frage 6) geht hervor, dass Digital First/artèQ weitere Museumsaufträge in Bezug auf NFTs „in der Pipeline habe“.
a. Bestehen seitens anderer Bundesmuseen Pläne, Gemälde, Kunstwerke etc. als NFTs zu kreieren und kapitalistisch zu vermarkten?
i. Falls ja, welche Bundesmuseen und welche Gemälde, Kunstwerke etc. betrifft das konkret?
ii. Falls ja, wird hierbei wieder auf die Expertise von Digital First/artèQ zurückgegriffen werden?
8. Werden Schritte (beispielsweise zusätzliche Werbung, PR-Kampagnen etc.) gesetzt, um den fortlaufenden Preisverfall der „Kuss NFTs“ aufzuhalten?
a. Falls ja, welche konkreten Schritte werden gesetzt?
9. Im Artikel des Standard werden darüber hinaus einige Benefits versprochen, etwa personalisierte Gegenstände wie Kaffeetassen, die den jeweiligen NFT Ausschnitt des Kusses darauf abbilden.
a. Welche Rechte erwerben Käufer*innen eines „Kuss NFTs“ konkret? Was genau dürfen Käufer*innen mit ihrem NFT machen (kommerzielle Vermarktung als z.B. Ausdruck auf T-Shirts etc.)? Bitte um detaillierte Auflistung der genauen Rechte und welche Handlungsmöglichkeiten sich für Käufer*innen daraus ergeben.
10. Wie gestaltet sich das im Artikel des Standard beschriebene Ambassador Programm um neue Kund*innen zu gewinnen konkret aus? Bitte um detaillierte Beschreibung.
11. Im Artikel wird berichtet, dass seit Beginn des Verkaufs der NFTs bereits einige Käufe wieder rückabgewickelt wurden.
a. Wie viele Käufe wurden bis zum Zeitpunkt der Anfrage rückabgewickelt?
b. Aus welchen Gründen wurden diese Käufe rückabgewickelt?
c. Welche Käufer*innen haben nun das Recht, ihren Kauf des NFTs rückabzuwickeln?
d. Wie hoch ist die Summe, die insgesamt bisher an Käufer*innen zurückerstattet wurde?
e. Bekommen die Käufer*innen der „Kuss NFTs“ das bezahlte Geld in voller Höhe wieder zurückerstattet oder werden Gebühren etc. einbehalten?
12. Unter welchen Umständen ist es generell möglich, vom Kauf eines „Kuss NFTs“ zurückzutreten? Wie gestaltet sich die rechtliche Situation in diesem Zusammenhang?
a. Gilt für Käufer*innen von „Kuss NFTs“ die 14-tägige Rücktrittsfrist nach § 11 FAGG, wie sie bei Onlinekäufen rechtens ist?
13. Gemäß des Falter-Berichts (siehe Frage 6) wurden die AGBs zum Kauf eines „Kuss NFTs“ erst im Nachhinein – mutmaßlich Mitte Mai – um einen Punkt ergänzt, der die Rückgabe eines NFTs ausschließt. Davor haben die AGBs laut Falterbericht keine Regelung zum Rücktritt vom Verkauf inkludiert.
a. Welche rechtliche Situation gilt nun für Käufer*innen von „Kuss-NFTs“ vom Verkaufsstart weg bis hin zu dem Zeitpunkt, als dieser Punkt des Ausschlusses der Rückgabe in die AGBs aufgenommen wurde?
b. Der Verein für Konsument*inneninformation (VKI) kritisiert, dass es mittlerweile keine Rücktrittsmöglichkeit mehr vom Kauf gibt. Auf welcher rechtlichen Basis wird nun die Rückgabe von NFTs ausgeschlossen?
14. Ist das Belvedere seiner Pflicht nachgekommen, die Käufer*innen im Zusammenhang mit den NFTs, den Kauf der NFTs und potenzielle Gründe für Rücktritte vom Kauf zu informieren und aufzuklären?
a. Falls ja, wann fand diese Information und Aufklärung statt und welche Informationen wurden den Käufer*innen konkret gegeben?
b. Falls nein, weshalb fand keine Informations- und Aufklärungskampagne statt?
15. Zu einem anderen Aspekt: Im Artikel des Standard wird hochgerechnet, dass die „Kuss NFTs“ ca. 480.000 kWh Strom und über 330 Tonnen CO² allein nur im Minting Prozess verursachten, eine enorme Umweltbelastung also.
a. Gibt es Berechnungen darüber, welchen Stromverbrauch und somit CO² Ausstoß die „Kuss NFTs“ tatsächlich verursacht haben?
i. Falls ja, wie lautet das Ergebnis?
ii. Falls nein, werden Sie oder das Belvedere solche Berechnungen durchführen, auch um in Zukunft ähnliche Projekte besser beurteilen zu können?
[1] Vgl. ORF Wien, Klimts „Der Kuss“: NFTs zum Valentinstag, 26. Jänner 2022, https://wien.orf.at/stories/3140319/, Zugriff 13. Juni 2022
[2] Vgl. Futurezone, NFTs von Klimts "Kuss" nur noch die Hälfte wert, 7. Mai 2022, https://futurezone.at/digital-life/nfts-der-kuss-belvedere-wertverlust-museen-leopold-museum/401997948, Zugriff 13. Juni 2022
[3] Vgl. Der Standard, Klimt-NFT-Projekt des Belvedere: Maue Kuss-Performance, 9. Juni 2022, https://www.derstandard.at/story/2000136396642/klimt-nft-projekt-des-belvedere-maue-kuss-performance, Zugriff 13. Juni 2022