11464/J XXVII. GP

Eingelangt am 28.06.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend budgetäre Deckung von BMF-Studien durch Forschungsförderung

 

Die nach Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen wegen Studienvergaben im Finanzministerium gestartete interne Revision hat Unregelmäßigkeiten bestätigt. Auch Finanzminister Brunner sieht diese Vorkommnisse als „Strukturversagen“[1] und sieht hier einen problematischen Umgang mit öffentlichen Mitteln: „Das ist nicht der Standard, den ich anlege, und es entspricht auch nicht meinem Verständnis davon, wie mit Steuergeld umzugehen ist."[2]

Ermittler:innen der WKStA forschen nach, ob Umfragen über Scheinaufträge an das Finanzministerium verrechnet wurden. Als eine mögliche Form von Scheinaufträgen vermutet die WKStA die Verrechnung der Umfragen als Teil von Studien, wie beispielsweise der viel zitierten Studie zur „Wirtschafts- und Budgetpolitik inklusive Erweiterungen“[3]. Aus einem offiziellen Aktenvermerk der Staatsanwaltschaft geht hervor, dass diese „Umfragen […] in über Forschungsförderungen finanzierte Studien des BMF „hineingerechnet“ werden sollten“.

Konkret wird durch die Akten der Strafermittlung,  anhand von Informationen aus der Forschungsförderungsbank, dargelegt, dass Sabine Beinschab seit 2016 für 14 Studien insgesamt 587.400 EUR an Forschungsförderungsmitteln bezogen hat.[4] Dem Anhang aus dem internen Revisionsbericht des BMF ist zu entnehmen, dass die Gesamtauftragssumme an Beinschab ebenfalls 587.400 EUR betrug. Alle durch Sabine Beinschab erstellten Studien sind also zur Gänze aus Forschungsförderungsmitteln finanziert worden.

Die Staatsanwaltschaft stellt in ihrem Aktenvermerk fest, dass die Summe von vergebenen Förderungsgeldern an die beschuldigte Meinungsforscherin Beinschab bzw an ihr Unternehmen durch das BMF dadurch zunahm: „So wurden 2016 noch ca. 76.800 Euro an Förderungen vergeben, während schon (im Wahljahr) 2017 die Förderungen um 83 % anstiegen. Im Folgejahr 2018 reduzierte sich die Summe wieder um 16 %, um (im Wahljahr) 2019 wieder um 10 % zuzunehmen.“[5]

Sabine Beinschab – als Förderempfängerin - gibt in ihrer Einvernahme durch die WKStA an, über die Forschungsförderung nicht informiert zu sein.

§ 1 Abs. 2 FOG normiert die Ziele der Förderung von Wissenschaft und Forschung durch den Bund. Ob diese Ziele durch die Studien von Sabine Beinschab erfüllt worden sind, ist zumindest zweifelhaft.

Die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit stiegen im Finanzministerium in den letzten Jahren extrem[6], geklärt werden muss jedoch auch, wie viele dieser Scheinstudien mit Mitteln aus der Forschungsförderung finanziert wurden und wie die wissenschaftliche Qualitätssicherung dieser Studien erfolgt(e).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Welche vom BMF beauftragten Studien in den Jahren 2015-2022 wurden mit Mitteln aus der Forschungsförderung (mit-)finanziert? Bitte um Angabe von Auftragnehmer, Titel der Studie, Angabe der Studienkosten und der dafür verwendeten Mittel aus der Forschungsförderung.

2.    Welche Richtlinien gibt es innerhalb des BMF zu Vergabe von Förderungen für Forschung?

3.    Welche Richtlinien gibt es im BMF dazu, welche Studien aus der Forschungsförderung und welche aus den Budgets der jeweiligen Abteilung (zB aus dem der Kommunikationsabteilung) bezahlt werden?

4.    Welche Abteilungen des BMF haben auf welche Art und Weise freihändigen Zugriff auf die Mittel der Forschungsförderung?

5.    Wer hat im BMF die Befugnis Förderungen für Studien zu vergeben?

6.    Wieso kann die Öffentlichkeitsarbeit Mittel aus Forschungsförderung vergeben?

7.    Müssen die Forscher:innen einen Antrag auf Forschungsförderung stellen bzw. wissen die Forscher:innen bzw. Studienautor:innen, dass ihre Forschung aus Mitteln der Forschungsförderung finanziert wird?Wie und durch wen wird die wissenschaftliche Qualität bei Angebotslegung und nach Präsentation der Studien, die mit Forschungsförderungsmitteln finanziert werden, festgestellt und dokumentiert?

8.    Werden alle gewährten Förderungen durch das Finanzministerium im Zusammenhang mit Forschungsförderungen lückenlos nach Auftraggeber, Thema und Auftragssumme im Förderbericht veröffentlicht?

8.1. Falls, nein, warum nicht?

9.    Welche durch das BMF forschungsgeförderten Studien werden veröffentlicht und welche nicht?

10.  Bei welchen Studien in den Jahren 2015-2022 gab es eine Rückforderung der Forschungsförderungsmittel aufgrund unsachgemäßer wissenschaftlicher Umsetzung?



[1] https://www.salzburg24.at/news/oesterreich/oevp-ermittlungen-bmf-revisionsbericht-bestaetigt-unregelmaessigkeiten-114151039

[2] https://www.derstandard.at/story/2000131968620/interne-untersuchung-zeigt-verheerende-zustaende-hinsichtlich-studien-und-inseraten-im

[3] https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:1dc20098-3e90-4420-9c95-398e29da001f/Studie%20Wirtschafts-%20und%20Budgetpolitik%20inklusive%20Erweiterungen%20-%202017.pdf

[4] AV/1634 der Staatsanwaltschaft, Analysebericht betreffend Beinschab-Österreich Tool, BMF-Förderungen und Umfragen als Bestandteil der Strategie der Neuen Volkspartei

[5] AV/1634 der Staatsanwaltschaft, Analysebericht betreffend Beinschab-Österreich Tool, BMF-Förderungen und Umfragen als Bestandteil der Strategie der Neuen Volkspartei, S. 59

[6] https://www.derstandard.at/story/2000131968620/interne-untersuchung-zeigt-verheerende-zustaende-hinsichtlich-studien-und-inseraten-im