11467/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.06.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung

betreffend Schulbesuch für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf

 

Für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, besteht die allgemeine Schulpflicht. Diese beginnt mit dem, auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden, 1. September. Dies gilt auch für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 2 Abs 1 Schulpflichtgesetz). Die allgemeine Schulpflicht dauert von diesem Zeitpunkt an neun Schuljahre. Der Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule ist längstens bis zum Ende des Unterrichtsjahres des auf die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht folgenden Schuljahres zulässig. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung der zuständigen Schulbehörde berechtigt, eine Sonderschule oder allgemeine Schule zwei Jahre über den vorgenannten Zeitraum hinaus zu besuchen (§ 32 SchUG). Aus der Bestimmung des § 32 Abs 2 SchUG geht nicht eindeutig hervor, inwieweit die Behörde ermächtigt ist, hier Ermessen zu üben, und enthält keinerlei Vorgaben, in welchem Sinn von dem Ermessen Gebrauch zu machen ist.

Auch Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf – also in der Regel Kinder mit Behinderungen – profitieren von einem 11. und 12. Schuljahr, da sie im Rahmen ihrer Fähigkeiten aufgrund des besonderen, im SPF-Bescheid festgelegten, Lehrplans zwei weitere Jahre gefördert werden. Es ist daher sachlich nicht nachvollziehbar, dass Kinder mit Behinderungen kein Recht auf ein 11. und 12. Schuljahr haben, Kinder ohne Behinderungen jedoch schon.

In vielen Fällen wäre es wünschenswert, Kinder mit Entwicklungsverzögerung (etwa Kinder mit Downsyndrom) 1-2 Jahre später einzuschulen, damit diese länger Zeit haben zu reifen. Dies lässt die Rechtslage allerdings nicht zu. Natürlich kann argumentiert werden, dass die Einschulung in diesem Alter auch für Kinder mit Entwicklungsverzögerung sinnvoll ist, weil aufgrund des speziellen, im SPF-Bescheid festgelegten, Lehrplans individuell auf diese eingegangen werden kann und diese daher trotz Entwicklungsverzögerung ausreichend gefördert werden. Jedoch darf dabei nicht übersehen werden, dass die maximale Schulzeit mit 12 Jahren beschränkt ist und daher auch für Kinder mit Entwicklungsverzögerung bereits mit in der Regel sechs Jahren zu laufen beginnt. Da Kinder mit Behinderungen und Entwicklungsverzögerung mit zunehmendem Lebensalter auch in ihren sozial-emotionalen und kognitiven Fähigkeiten reifen, sind diese insbesondere in ihren letzten Schuljahren am empfänglichsten für Bildung. Just in diesem Moment werden
sie jedoch aus dem Schulsystem hinausgedrängt.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie viele (Sonder-)Pädagogen stehen insgesamt in Österreich für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zur Verfügung?
    1. Wie verteilen sich diese (Sonder-)Pädagogen auf die einzelnen Bundesländer?
  1. Wie viele Kinder wurden in Österreich in den letzten 10 Jahren später als dem in § 2 Abs 1 Schulpflichtgesetz genannten Alter eingeschult? (bitte um Aufschlüsselung nach einzelnen Jahren)
    1. Bei wie vielen Kindern davon wurde ein sonderpädagogischer Förderbedarf  festgestellt? (bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern)
  1. Wie viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf besuchten in den letzten 10 Jahren eine Vorschule? (bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern und Jahren)
  2. Wie viele Anträge von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein Vorschuljahr wurden in den letzten 10 Jahren pro Jahr abgewiesen?
    1. Wie verteilen sich diese Abweisungen auf die einzelnen Bundesländer?
    2. Mit welcher Begründung wurden diese Anträge abgewiesen?
    3. Wie viele Anträge wurden aufgrund von Personalmangel abgewiesen (aufgeschlüsselt nach Bundesländern)?
  1. Wie viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf bekommen pro Jahr ein 10. Schuljahr genehmigt? 
    1. Wie verteilen sich diese Genehmigungen auf die einzelnen Bundesländer?
  1. Wie viele Anträge von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein 10. Schuljahr wurden in den letzten 10 Jahren abgewiesen? (Aufschlüsselung nach Jahren, bitte)
    1. Mit welcher Begründung wurden diese Anträge abgewiesen?
    2. Wie viele Anträge wurden aufgrund von Personalmangel abgewiesen?
  1. Wie viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf bekamen in den letzten 10 Jahren ein 11. Schuljahr genehmigt? (Aufschlüsselung nach Jahren, bitte)
  2. Wie viele Anträge von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein 11. Schuljahr wurden in den letzten 10 Jahren abgewiesen? (Aufschlüsselung nach Jahren, bitte)
    1. Mit welcher Begründung wurden diese Anträge abgewiesen?
    2. Wie viele Anträge wurden aufgrund von Personalmangel abgewiesen?
  1. Wie viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf bekamen in den letzten 10 Jahren ein 12. Schuljahr genehmigt? (Aufschlüsselung nach Jahren, bitte)
  2. Wie viele Anträge von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein 12. Schuljahr wurden in den letzten 10 Jahren jährlich abgewiesen?
    1. Mit welcher Begründung wurden diese Anträge abgewiesen?
    2. Wie viele Anträge wurden aufgrund von Personalmangel abgewiesen?
  1. Wie viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf bekamen in den letzten 10 Jahren ein 13. oder 14. Schuljahr genehmigt? (Aufschlüsselung nach Jahren, bitte)
  2. Wie viele Anträge von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein 13. oder 14. Schuljahr wurden in den letzten 10 Jahren abgewiesen? (Aufschlüsselung nach Jahren, bitte)
    1. Mit welcher Begründung wurden diese Anträge abgewiesen?
    2. Wie viele Anträge wurden aufgrund von Personalmangel abgewiesen?
  1. Nach welchen Kriterien hat die Schulbehörde die Bewilligung gemäß § 32 Abs 2 SchUG zu erteilen?
    1. Kann die Schulbehörde die Bewilligung willkürlich versagen?

                                          i.    Wenn ja: Inwiefern ist dieser Umstand mit Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar?

  1. Nach welchen Kriterien hat der Schulerhalter die Bewilligung gemäß § 32 Abs 2 SchUG zu erteilen?
    1. Kann der Schulerhalter die Bewilligung willkürlich versagen?

                                          i.    Wenn ja: Inwiefern ist dieser Umstand mit Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar?

  1. Aus welchen Gründen wird Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (insbesondere mit Entwicklungsverzögerung) keine spätere Einschulung ermöglicht?
  2. Aus welchen Gründen wird Kindern, die vor dem, gemäß dem Mutter-Kind-Pass als Tag der Geburt, festgestellten Tag geboren werden, gemäß § 2 Abs 2 Schulpflichtgesetz eine spätere Einschulung ermöglicht, Kindern mit Entwicklungsverzögerung aber nicht?
    1. Inwiefern ist diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt?
    2. Inwiefern ist dieser Umstand mit Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar?
  1. Aus welchen Gründen haben Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (insbesondere mit Entwicklungsverzögerung) keinen Rechtsanspruch auf ein 11. oder 12. Schuljahr?
    1. Inwiefern ist der fehlende Rechtsanspruch mit Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar?
  1. Welche konkreten Maßnahmen sind geplant, um die oben geschilderten Problematiken zu verbessern?
  2. Wie stellt sich die Entwicklung, hinsichtlich der Zuerkennung auf sonderpädagogischen Förderbedarf, der letzten 10 Jahre dar?
  3. Wie viele Anträge wurden in den letzten 10 Jahren auf sonderpädagogischen Förderbedarf gestellt und bewilligt und aus welchen Gründen? (Bitte um Auflistung nach Diagnosen und Jahr)