Eingelangt am 29.06.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg
Sarre, Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Schulbesuch für Kinder mit
sonderpädagogischem Förderbedarf
Für alle Kinder, die sich in
Österreich dauernd aufhalten, besteht die allgemeine Schulpflicht. Diese
beginnt mit dem, auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden, 1.
September. Dies gilt auch für Kinder mit sonderpädagogischem
Förderbedarf (§ 2 Abs 1 Schulpflichtgesetz). Die allgemeine
Schulpflicht dauert von diesem Zeitpunkt an neun Schuljahre. Der Besuch einer
allgemeinbildenden Pflichtschule ist längstens bis zum Ende des
Unterrichtsjahres des auf die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht
folgenden Schuljahres zulässig. Schüler mit sonderpädagogischem
Förderbedarf sind mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung
der zuständigen Schulbehörde berechtigt, eine Sonderschule oder
allgemeine Schule zwei Jahre über den vorgenannten Zeitraum hinaus zu
besuchen (§ 32 SchUG). Aus der Bestimmung des § 32 Abs 2 SchUG geht nicht
eindeutig hervor, inwieweit die Behörde ermächtigt ist, hier Ermessen
zu üben, und enthält keinerlei Vorgaben, in welchem Sinn von dem
Ermessen Gebrauch zu machen ist.
Auch Kinder mit sonderpädagogischem
Förderbedarf – also in der Regel Kinder mit Behinderungen –
profitieren von einem 11. und 12. Schuljahr, da sie im Rahmen ihrer
Fähigkeiten aufgrund des besonderen, im SPF-Bescheid festgelegten,
Lehrplans zwei weitere Jahre gefördert werden. Es ist daher sachlich nicht
nachvollziehbar, dass Kinder mit Behinderungen kein Recht auf ein 11. und 12.
Schuljahr haben, Kinder ohne Behinderungen jedoch schon.
In vielen Fällen wäre es
wünschenswert, Kinder mit Entwicklungsverzögerung (etwa Kinder mit
Downsyndrom) 1-2 Jahre später einzuschulen, damit diese länger Zeit
haben zu reifen. Dies lässt die Rechtslage allerdings nicht zu.
Natürlich kann argumentiert werden, dass die Einschulung in diesem Alter
auch für Kinder mit Entwicklungsverzögerung sinnvoll ist, weil
aufgrund des speziellen, im SPF-Bescheid festgelegten, Lehrplans individuell
auf diese eingegangen werden kann und diese daher trotz
Entwicklungsverzögerung ausreichend gefördert werden. Jedoch darf
dabei nicht übersehen werden, dass die maximale Schulzeit mit 12 Jahren
beschränkt ist und daher auch für Kinder mit
Entwicklungsverzögerung bereits mit in der Regel sechs Jahren zu laufen
beginnt. Da Kinder mit Behinderungen und Entwicklungsverzögerung mit
zunehmendem Lebensalter auch in ihren sozial-emotionalen und kognitiven
Fähigkeiten reifen, sind diese insbesondere in ihren letzten Schuljahren
am empfänglichsten für Bildung. Just in diesem Moment werden
sie jedoch aus dem Schulsystem hinausgedrängt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Wie viele (Sonder-)Pädagogen stehen
insgesamt in Österreich für Kinder mit sonderpädagogischem
Förderbedarf zur Verfügung?
- Wie verteilen sich diese
(Sonder-)Pädagogen auf die einzelnen Bundesländer?
- Wie viele Kinder wurden in Österreich
in den letzten 10 Jahren später als dem in § 2 Abs 1 Schulpflichtgesetz
genannten Alter eingeschult? (bitte um Aufschlüsselung nach einzelnen
Jahren)
- Bei wie vielen Kindern davon wurde ein
sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt? (bitte um
Aufschlüsselung nach Bundesländern)
- Wie viele Kinder mit sonderpädagogischem
Förderbedarf besuchten in den letzten 10 Jahren eine Vorschule?
(bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern und Jahren)
- Wie viele Anträge von Kindern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein Vorschuljahr wurden in
den letzten 10 Jahren pro Jahr abgewiesen?
- Wie verteilen sich diese Abweisungen auf
die einzelnen Bundesländer?
- Mit welcher Begründung wurden diese
Anträge abgewiesen?
- Wie viele Anträge wurden aufgrund von
Personalmangel abgewiesen (aufgeschlüsselt nach Bundesländern)?
- Wie viele Kinder mit
sonderpädagogischem Förderbedarf bekommen pro Jahr ein 10.
Schuljahr genehmigt?
- Wie verteilen sich diese Genehmigungen auf
die einzelnen Bundesländer?
- Wie viele Anträge von Kindern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein 10. Schuljahr wurden in
den letzten 10 Jahren abgewiesen? (Aufschlüsselung nach Jahren,
bitte)
- Mit welcher Begründung wurden diese
Anträge abgewiesen?
- Wie viele Anträge wurden aufgrund von
Personalmangel abgewiesen?
- Wie viele Kinder mit
sonderpädagogischem Förderbedarf bekamen in den letzten 10
Jahren ein 11. Schuljahr genehmigt? (Aufschlüsselung nach Jahren,
bitte)
- Wie viele Anträge von Kindern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein 11. Schuljahr wurden in
den letzten 10 Jahren abgewiesen? (Aufschlüsselung nach Jahren,
bitte)
- Mit welcher Begründung wurden diese
Anträge abgewiesen?
- Wie viele Anträge wurden aufgrund von
Personalmangel abgewiesen?
- Wie viele Kinder mit
sonderpädagogischem Förderbedarf bekamen in den letzten 10
Jahren ein 12. Schuljahr genehmigt? (Aufschlüsselung nach Jahren,
bitte)
- Wie viele Anträge von Kindern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein 12. Schuljahr wurden in
den letzten 10 Jahren jährlich abgewiesen?
- Mit welcher Begründung wurden diese
Anträge abgewiesen?
- Wie viele Anträge wurden aufgrund von
Personalmangel abgewiesen?
- Wie viele Kinder mit
sonderpädagogischem Förderbedarf bekamen in den letzten 10
Jahren ein 13. oder 14. Schuljahr genehmigt? (Aufschlüsselung
nach Jahren, bitte)
- Wie viele Anträge von Kindern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf auf ein 13. oder 14. Schuljahr
wurden in den letzten 10 Jahren abgewiesen? (Aufschlüsselung nach
Jahren, bitte)
- Mit welcher Begründung wurden diese
Anträge abgewiesen?
- Wie viele Anträge wurden aufgrund von
Personalmangel abgewiesen?
- Nach welchen Kriterien hat die
Schulbehörde die Bewilligung gemäß § 32 Abs 2 SchUG
zu erteilen?
- Kann die Schulbehörde die Bewilligung
willkürlich versagen?
i. Wenn ja: Inwiefern ist dieser Umstand mit Art. 24 der
UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar?
- Nach welchen Kriterien hat der Schulerhalter
die Bewilligung gemäß § 32 Abs 2 SchUG zu erteilen?
- Kann der Schulerhalter die Bewilligung
willkürlich versagen?
i. Wenn ja: Inwiefern ist dieser Umstand mit Art. 24 der
UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar?
- Aus welchen Gründen wird Kindern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf (insbesondere mit
Entwicklungsverzögerung) keine spätere Einschulung
ermöglicht?
- Aus welchen Gründen wird Kindern, die
vor dem, gemäß dem Mutter-Kind-Pass als Tag der Geburt,
festgestellten Tag geboren werden, gemäß § 2 Abs 2
Schulpflichtgesetz eine spätere Einschulung ermöglicht, Kindern
mit Entwicklungsverzögerung aber nicht?
- Inwiefern ist diese Differenzierung
sachlich gerechtfertigt?
- Inwiefern ist dieser Umstand mit Art. 24
der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar?
- Aus welchen Gründen haben Kindern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf (insbesondere mit
Entwicklungsverzögerung) keinen Rechtsanspruch auf ein 11. oder 12.
Schuljahr?
- Inwiefern ist der fehlende Rechtsanspruch
mit Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar?
- Welche konkreten Maßnahmen sind
geplant, um die oben geschilderten Problematiken zu verbessern?
- Wie stellt sich die Entwicklung,
hinsichtlich der Zuerkennung auf sonderpädagogischen
Förderbedarf, der letzten 10 Jahre dar?
- Wie viele Anträge wurden in den letzten
10 Jahren auf sonderpädagogischen Förderbedarf gestellt und
bewilligt und aus welchen Gründen? (Bitte um Auflistung nach
Diagnosen und Jahr)