11555/J XXVII. GP

Eingelangt am 01.07.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

an den den mit der Leitung des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betrauten Bundesminister

betreffend Minister schaut bei Gesetzesbruch zu

 

In seiner aktuellen Pressemitteilung zum Rechnungsabschluss der ÖVP (1)
beurteilt der Rechnungshof die Inserate in der Zeitung des Vorarlberger Wirtschaftsbundes im Wesentlichen als Parteispenden. Zusätzlich weist der Rechnungshof darauf hin, dass es sich bei Spenden durch öffentlich-rechtliche Körperschaften um unzulässige Spenden handle.

Unter den öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die in der Zeitung "Vorarlberger Wirtschaft" des ÖVP-Wirtschaftsbundes inseriert hatten, findet sich unter anderem die Wirtschaftskammer Vorarlberg sowie zahlreiche Fachorganisationen innerhalb der WKV.

 

 

Schriftlich zu den Inseraten der Wirtschaftskammer Vorarlberg befragt, antwortet
BM Kocher in 10156/AB am 27.05.2022 (2), dass solche Inserate "zur operativen Tätigkeit der Wirtschaftskammerorganisationen" gehörten und daher nicht dem Interpellationsrecht unterlägen.

 

 

Es ergibt sich also aus der Antwort des Herrn Bundesminister, dass gesetzlich unzulässige Parteispenden der Wirtschaftskammer oder einer Fachorganisation
der Wirtschaftskammer vom BMDW als eine Frage der Selbstverwaltung angesehen werden. Wenn also die ministerielle Aufsicht über eine Kammer weder bei Gesetzesbrüchen schlagend wird noch beim Missbrauch von Zwangsbeiträgen, eröffnet sich die Frage, welchem Zweck die ministerielle Aufsicht überhaupt dient.

Gemäß § 136 Wirtschaftskammergesetz (3) umfasst die Aufsicht durch den Wirtschaftsminister unter anderem "die Sorge für die gesetzmäßige Führung
der Geschäfte
" (§ 136 Abs 2 WKG). Wenn also die WKV oder eine ihrer Fachorganisationen Zahlungen tätigt, die der Rechnungshof als "unzulässige Spenden" iSd § 6 Abs 6 Z 3 Parteiengesetz qualifiziert, führen diese Körperschaften ihre Geschäfte eben nicht gesetzmäßig, sondern in unzulässiger Weise. Die Grenzen der Selbstverwaltung und die Grenzen der geltenden Gesetze sind somit überschritten. Ein Minister, der Gesetzesbrüchen in der von ihm beaufsichtigten Kammer untätig zusieht, bricht nach Ansicht der Anfragesteller selbst das Gesetz.

 

(1) https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home_1/fragen-medien/Presseinformation_Rechenschaftsbericht_OeVP_2019.pdf 

(2) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_10156/index.shtml

(3) https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bundesnormen/NOR40078114/NOR40078114.html 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche Arten von Gesetzesverstößen der Wirtschaftskammer, einer Fachorganisation oder von Funktionären greifen Sie in Ihrer Aufsichtsfunktion gemäß § 136 WKG auf?
  2. Welche Arten von Gesetzesverstößen der Wirtschaftskammer, einer Fachorganisation oder von Funktionären dulden Sie trotz Ihrer Aufsichtsfunktion gemäß § 136 WKG, weil diese Gesetzesverstöße "im Rahmen der operativen Tätigkeit" (Zitat BM Kocher in 10156/AB) erfolgen?
  3. Welchen Schutz haben die Zwangsmitglieder in der Wirtschaftskammer
    gegen den Umstand, dass ihre jeweilige Landeskammer und ihre jeweilige Fachorganisation gesetzwidrige Parteispenden vornimmt, wenn diese Vorgänge von der ministeriellen Aufsicht geduldet werden?
  4. Wie viele Mitarbeiter/innen Ihres Kabinetts werden von einer Wirtschafts-kammer oder einer Fachorganisation der Wirtschaftskammer bezahlt?
  5. Wie viele Mitarbeiter/innen Ihres Kabinetts haben ein ruhendes Dienst-verhältnis bei einer Wirtschaftskammer oder einer Fachorganisation der Wirtschaftskammer?