11572/J XXVII. GP
Eingelangt am 05.07.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Julia Herr, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Aktivitäten der OMV und Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang
Die Menschenrechtsverstöße in der chinesischen Provinz Xinjiang gegen die muslimische Minderheit der Uiguren sind bereits seit Jahren Thema. UigurInnen sehen sich mit Repression und Gewalt, willkürlichen Festnahmen und der Internierung in „Lagern für politische Umerziehung“ konfrontiert. Zugleich sind verschiedene internationale Konzerne in der Provinz aktiv, haben Niederlassungen und Produktionsstätten vor Ort. Wie Medien kürzlich berichteten, trifft das bei Österreich nur auf ein Unternehmen zu: die teilstaatliche OMV.[1]
Die OMV soll eine Art Partnerschaft mit einem lokalen Unternehmen, der Firma Shaya Saipu Energy Limited, eingegangen sein. Dabei nutzt die OMV ein Schlupfloch in der aktuellen Kraftstoffverordnung. Diese sieht entsprechend EU-Richtlinien vor, dass 10% des Kraftstoffes im Verkehrssektor aus erneuerbaren Quellen stammen muss. Wird dieses Ziel nicht erreicht, können alternativ Klimaschutzprojekte finanziert werden, um sich so die dort erzielten Treibhausgas-Einsparungen anrechnen zu lassen. Genau das macht die OMV in Xinjiang.
Die Partner-Firma vor Ort fängt klimaschädliches Methangas, das bei der Erdölförderung am Fluss Aksu entweicht, ein und verwertet es weiter. Besonders pikant an der Angelegenheit ist, dass Uigurische Zwangsarbeiter auch in der Ölindustrie in Xinjiang arbeiten sollen. Ob dies beim konkreten Projekt der OMV und ihrer Partner-Firma der Fall ist, kann aufgrund mangelnder Transparenz nicht gesagt werden. Bekannt ist nur, dass viele Lager in der Nähe der Ölförderanlagen stehen.
In den Medien wird die OMV mit Verweis auf eine entsprechende Prüfung durch das Umweltbundesamt zitiert. Auch das TÜV Süd soll bei einer Prüfung auf soziale- und umweltrelevante Aspekte zu einem positiven Ergebnis gekommen sein. Bei letzterem werden Menschenrechtsverletzungen gegen UigurInnen aber gar nicht angesprochen.
Inwieweit solche Schlupflöcher tatsächlich zum Klimaschutz beitragen oder diesen nicht viel mehr abschwächen, ist grundsätzlich zu hinterfragen. Fest steht aber, dass Klimaschutz nie auf Menschenrechtsverletzungen wie jenen gegen die UigurInnen in Xinjiang basieren darf. Offene Fragen müssen daher so schnell wie möglich ausgeräumt werden!
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Seit wann wissen Sie, dass die OMV ein Emissionsreduktions-Projekt in Xinjiang betreibt?
2. Ist dem Umweltbundesamt oder Ihrem Ministerium bekannt, wie viel Geld in dieses Projekt von Seiten der OMV investiert wurde?
a. Wenn ja, wie viel?
b. Wenn nein, warum nicht?
3. Die OMV verweist auf eine Prüfung des Umweltbundesamtes bei dem genannten Projekt.
Ist es die Aufgabe des Umweltbundesamtes, solche Projekte zu überprüfen?
a. Wenn ja, was genau wird überprüft?
4. Hat das Umweltbundesamt dieses konkrete Projekt überprüft, ob es bei dem Projekt zu Zwangsarbeit und zu anderen Menschenrechtsverstößen oder arbeitsrechtlichen Verstößen kommt?
a. Wenn ja, was war das Ergebnis?
b. Ist das Ergebnis öffentlich einsehbar bzw. wer hat Zugriff auf dieses Ergebnis?
c. Wenn das Ergebnis nicht öffentlich ist - warum wird das Ergebnis nicht veröffentlicht?
5. Wenn ja, wer hat dieses Projekt überprüft? Das Umweltbundesamt selbst oder eine andere Stelle?
6. Ist es verpflichtend, dass Emissionsreduktions-Projekte auf die Einhaltung der Menschenrechte oder auf soziale bzw. arbeitsrechtliche Aspekte überprüft werden?
a. Wenn ja, was sind die genauen Voraussetzungen?
b. Wenn nein, warum nicht?
7. Wurde laut Umweltbundesamt beim deutschen Institut TÜV Süd nachgefragt, welche Aspekte dieses Projekts tatsächlich überprüft wurde?
8. Wurde laut Umweltbundesamt beim deutschen Institut TÜV Süd nachgefragt, was das tatsächliche Ergebnis dieser Überprüfung war?
9. Wurde laut Umweltbundesamt vom deutschen Institut TÜV Süd Aspekte abseits des Einsparungspotenzial überprüft?
10. Könnten solche Emissionsreduktions-Projekte wie dieses, welches Erdölförderungen „umweltfreundlicher“ machen soll, aus Sicht Ihres Ministeriums im Bereich Emissionsreduktion oder Umweltschutz eventuell auch kontraproduktiv sein?
a. Wenn ja, warum und warum werden dann solche Projekte noch genehmigt?
b. Wenn nein, warum nicht?
11. Sind Ihnen vergleichbare Geschäfte bzw. Projekte bekannt und wenn ja, welche?
a. Wenn ja, haben Sie Informationen darüber, ob andere Unternehmen mit Staatsbeteiligung ebenfalls in ähnlichen Projekten investiert sind?
12. Waren Menschenrechtsverletzungen bei Emissionsreduktions-Projekten schon einmal Thema in Ihrem Ministerium?
a. Wenn ja, bei welchen Projekten?
b. Wenn ja, was wurde dagegen unternommen?
13. Stehen Sie in Bezug auf dieses Emissionsreduktions-Projekt im Austausch mit dem Finanzministerium oder mit dem Außenministerium?
a. Wenn ja, warum?
b. Wenn nein, warum nicht?
c. Gibt es Pläne, mögliche Menschenrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Arbeitsrechte mit dem Finanzministerium oder dem Außenministerium zu besprechen?