11624/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.07.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen, an den Bundesminister für Inneres

betreffend Fehlende Daten über Hate Crime in Österreich

Im Juli 2021 präsentierte das Innenministerium den Pilotbericht „Hate Crime in Österreich. Konzept, Rechtsrahmen, Datengrundlage, Verbreitung und Auswirkungen von vorurteilsmotivierten Straftaten“. Damit wurde das Projekt Projekt „Systematische Erfassung von Vorurteilsmotiven bei Strafanzeigen („Hate Crime“)“ abgeschlossen. Zahlreiche parlamentarische Anfragen haben seitdem ein wichtiges Licht auf den politischen Umgang mit Hasskriminalität, insbesondere durch das Bundesministerium für Inneres geworfen.

So wurden allein im Jahr 2021 insgesamt 4.352 Anzeigen wegen potentieller Hassverbrechen in ganz Österreich gestellt. Weitere parlamentarische Anfragen brachten Vergleichsdaten aus kleineren Zeiträumen. So wies die Anfragebeantwortung 8558/AB insgesamt 215 Anzeigen wegen Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung im Zeitraum Juli bis Oktober 2021 aus.

Vor diesem Hintergrund war Ihre Anfragebeantwortung 10413/AB vom 18. Mai 2022 besonders beachtlich. Denn im Gegensatz zu Ihren Amtsvorgängern entstand dabei der Eindruck, dass Ihr Ressort nicht mehr gewillt ist, dem Parlament die ihm gemäß dem parlamentarischen Interpellationsrecht zustehenden Auskünfte zu erteilen. „Aus technischen und faktischen“ Gründen konnten oder wollten Sie dabei keine Zahlen über Anzeigen wegen potentieller Hassverbrechen aus dem ersten Quartal 2022 vorlegen. Es liegen damit keine Daten Ihres Ressorts zu einem Thema von großem öffentlichem und politischem Interesse vor, die vorher immer ordnungsgemäß in parlamentarischen Anfragebeantwortungen vorgelegt werden konnten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wurde Ihre Anfragebeantwortung 10413/AB vorab mit Jurist*innen Ihres Hauses, insbesondere in Hinblick auf die vollständige Wahrung des parlamentarischen Interpellationsrechtes, besprochen?

2.    Gab es im Jahr 2022 technische Probleme bei der Polizeilichen Kriminalstatistik, die zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung 10413/AB eine Auswertung der eingetragenen Daten zu Anzeigen wegen potentieller Hassverbrechen verunmöglicht haben?

a.   Wenn ja, welcher Art war diese Störung und wurde sie inzwischen beseitigt?

b.    Wenn nein, warum war es dann nicht möglich, die parlamentarisch angefragten Daten auszulesen?

3.    Haben sich juristische Rahmenbedingungen hinsichtlich der Polizeilichen Kriminalstatistik verändert, was dazu führte, dass zwischen den Anfragebeantwortungen 9378/AB und 10413/AB eine Auswertung der ident angefragten Daten unmöglich wurde?

a.    Wenn ja, welcher Art waren diese Veränderungen?

b.    Wenn nein, warum haben Sie die parlamentarisch angefragten Daten dann nicht umfassend bekannt gegeben?

4.    Welche konkreten „technischen und faktischen Gründe“ sprachen gegen eine umfassende Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 10659/J - insbesondere in Hinblick darauf, dass gemäß dem parlamentarischen Interpellationsrecht nicht nach Ihrer Interpretation der angefragten Daten, sondern nach den entsprechenden Rohdaten gefragt wurde? Bitte um detaillierte Antwort.

5.    Welcher genaue Prozess liegt dem, von Ihnen in der Anfragebeantwortung 10413/AB angesprochenen, „durchzuführende(n) Datenclearing und (der) Qualitätskontrolle“ zugrunde?

a.    Seit wann sind diese Prozesse in Hinblick auf die angesprochenen Daten notwendig?

b.    In welchen Zeiträumen werden diese Prozesse durchgeführt?

c.     Von wem werden diese Prozesse durchgeführt?

6.    Liegen Ihnen inzwischen Daten vor, die in der parlamentarischen Anfrage 10659/J abgefragt wurden und von Ihnen in der Anfragebeantwortung 10413/AB nicht vorgelegt werden konnten?

a.    Wenn ja, fügen Sie diese Daten bitte Ihrer Anfragebeantwortung bei.

b.    Wenn nein, wann werden Ihnen diese Daten vorliegen?

7.    Was war der Inhalt der, von Ihnen in der Anfragebeantwortung 10413/AB angesprochenen, Newsletter zum Thema Hate Crime? Bitte fügen Sie alle entsprechenden und bereits fertiggestellten Newsletter Ihrer Beantwortung bei.

8.    Wie viele Personen erhalten diese Newsletter und wie wurden diese ausgewählt?

9.    Stehen diese Newsletter auch anderen Polizeibeamt*innen zur Verfügung?

10. Wie viele Teilnehmer*innen nahmen an den, von Ihnen in der Anfragebeantwortung 10413/AB angesprochenen, Vertiefungsschulungen im Juni 2022 teil?

11. Sind weitere derartige Vertiefungsschulungen geplant?

12. Wie viele Trainer*innen nahmen an den, von Ihnen in der Anfragebeantwortung 10413/AB angesprochenen, vierstündigen Schulungen zum Thema Hate Crime bereits teil? Bitte um detaillierte Auflistung nach Schulungsdatum.

13.  In der Anfragebeantwortung 10413/AB verweigerten Sie eine Beantwortung der Frage nach offensichtlichen Fehlern in der Polizeilichen Kriminalstatistik - hinsichtlich der Tatsache, dass im Jahr 2021 mehr Hassverbrechen in der Kategorie „Geschlecht - Divers“ angezeigt wurden, als es Personen mit dem Personenstand „divers“ gibt — mit dem Verweis auf die Wirkungsweite des parlamentarischen Interpellationsrechtes. Es wird daher nochmals die Frage gestellt: Ist ein alternativer Geschlechtseintrag die Voraussetzung, damit Vorurteilsmotive in der Polizeilichen Kriminalstatistik in dieser Kategorie eingeteilt werden?

a.    Wenn ja, liegt aus Ihrer Sicht angesichts der beschriebenen Fakten ein Fehler in der Polizeilichen Kriminalstatistik vor?

b.    Wenn nein, welche Grundlagen gelten dann für eine Zählung von Vorurteilsmotiven in dieser Kategorie?

14. Wann wird der „Hate Crime Bericht 2021“ präsentiert?

15. Wer war in die Erstellung des „Hate Crime Bericht 2021“ involviert?

16. Wie viele polizeilich registrierte Vorurteilsmotive gab es in der Kategorie „Nationale/Ethnische Herkunft“ zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2022? Bitte um Aufschlüsselung nach Aufklärungsquote, Anzahl der Tatverdächtigen, Anzahl der Gewaltdelikte und Anzahl der Opfer, sowie nach Bundesländern.

a. Wie viele Vorurteilsmotive in dieser Kategorie gab es im Vergleichszeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2021?

17. Wie viele polizeilich registrierte Vorurteilsmotive gab es in der Kategorie „Weltanschauung“ zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2022? Bitte um Aufschlüsselung nach Aufklärungsquote, Anzahl der Tatverdächtigen, Anzahl der Gewaltdelikte und Anzahl der Opfer, sowie nach Bundesländern.

a.    Wie viele Delikte betrafen dabei jeweils die Unterkategorien Delikte nach Verbotsgesetz, Parteien, Westl. Demokratien (ohne Verbotsgesetz)?

b.    Wie viele Vorurteilsmotive in dieser Kategorie gab es im Vergleichszeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2021?

18. Wie viele polizeilich registrierte Vorurteilsmotive gab es in der Kategorie „Religion“ 1. Jänner und 30. Juni 2022? Bitte um Aufschlüsselung nach Aufklärungsquote, Anzahl der Tatverdächtigen, Anzahl der Gewaltdelikte und Anzahl der Opfer, sowie nach Bundesländern.

a.    Wie viele Delikte betrafen dabei jeweils die Unterkategorien Juden, Muslime, Christen?

b.    Wie viele Vorurteilsmotive in dieser Kategorie gab es im Vergleichszeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2021?

19. Wie viele polizeilich registrierte Vorurteilsmotive gab es in der Kategorie „Hautfarbe“ zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2022? Bitte um Aufschlüsselung nach Aufklärungsquote, Anzahl der Tatverdächtigen, Anzahl der Gewaltdelikte und Anzahl der Opfer, sowie nach Bundesländern.

a.    Wie viele Vorurteilsmotive in dieser Kategorie gab es im Vergleichszeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2021?

20. Wie viele polizeilich registrierte Vorurteilsmotive gab es in der Kategorie „Alter“ zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2022? Bitte um Aufschlüsselung nach Aufklärungsquote, Anzahl der Tatverdächtigen, Anzahl der Gewaltdelikte und Anzahl der Opfer, sowie nach Bundesländern.

a.    Wie viele Vorurteilsmotive in dieser Kategorie gab es im Vergleichszeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2021?

21. Wie viele polizeilich registrierte Vorurteilsmotive gab es in der Kategorie „Geschlecht“ zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2022? Bitte um Aufschlüsselung nach Aufklärungsquote, Anzahl der Tatverdächtigen, Anzahl der Gewaltdelikte und Anzahl der Opfer, sowie nach Bundesländern.

a.    Wie viele Delikte betrafen dabei jeweils die Unterkategorien Frau, Mann, Divers?

b.    Wie viele Vorurteilsmotive in dieser Kategorie gab es im Vergleichszeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2021?

22.  Wie viele polizeilich registrierte Vorurteilsmotive gab es in der Kategorie „Sexuelle Orientierung“ zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2022? Bitte um Aufschlüsselung nach Aufklärungsquote, Anzahl der Tatverdächtigen, Anzahl der Gewaltdelikte und Anzahl der Opfer, sowie nach Bundesländern.

a.    Wie viele Delikte betrafen dabei jeweils die Unterkategorien homosexuell, bisexuell, heterosexuell?

b.    Wie viele Vorurteilsmotive in dieser Kategorie gab es im Vergleichszeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2021?

23.  Wie viele polizeilich registrierte Vorurteilsmotive gab es in der Kategorie „Sozialer Status“ zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2022? Bitte um Aufschlüsselung nach Aufklärungsquote, Anzahl der Tatverdächtigen, Anzahl der Gewaltdelikte und Anzahl der Opfer, sowie nach Bundesländern.

a.    Wie viele Delikte betrafen dabei die Unterkategorie Wohnungslose?

b.    Wie viele Vorurteilsmotive in dieser Kategorie gab es im Vergleichszeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2021?

24.  Wie viele polizeilich registrierte Vorurteilsmotive gab es in der Kategorie „Behinderung“ zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2022? Bitte um Aufschlüsselung nach Aufklärungsquote, Anzahl der Tatverdächtigen, Anzahl der Gewaltdelikte und Anzahl der Opfer, sowie nach Bundesländern.

a.    Wie viele Delikte betrafen dabei jeweils die Unterkategorien körperliche/Sinnesbeeinträchtigung, psych./kognitive Beeinträchtigung?

b.    Wie viele Vorurteilsmotive in dieser Kategorie gab es im Vergleichszeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2021?