11670/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.07.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend Parlamentsarmeen im internationalen Einsatz

 

Zur Fragestunde im Nationalrat am 15.06.2022 sagte Bundesministerin Tanner, dass der Einsatz in internationalen Einsatzgruppen, wie etwa der Rapid Depolyment Capacity der Europäischen Union, für Parlamentsarmeen eine Herausforderung darstellen, da jeder Einsatz bewilligt werden muss (im Falle Österreichs im Hauptausschuss). Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass eine schnelle Eingreiftruppe im Einsatzfall ohne Verzögerung marschbereit sein muss. Auch wurde bereits von internationalen Partnern festgestellt, dass eine Eingreiftruppe, die zusammen trainiert und deren verschiedene Elemente für die Einsatzbereitschaft der gesamten Einheit voneinander abhängen, darauf vertrauen können muss, dass bei Marschbefehl alle Kompanien den Einsatz bestreiten. Wenn Österreich also z.B. aus Neutralitätsgründen eine Teilnahme ablehnt und die österreichischen Kompanien oder Züge nicht teilnehmen können, ist die gesamte RDC nicht einsatzfähig. Sinn und Zweck von möglicherweise jahrelangen gemeinsamen Übungen wären zunichte gemacht. 

Österreich nimmt seit vielen Jahren an internationalen Missionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union teil. Diese Einsätze werden von Bundesregierung und Hauptausschuss gemeinsam gemäß einem Vorschlag der Bundesregierung für einen gewissen Zeitraum genehmigt. Der Vorschlag der Bundesregierung legt den Umfang des österreichischen Engagements fest und stellt regelmäßig auch fest, dass das österreichische Kontingent den Einsatzweisungen des Kommandanten der Mission im Rahmen des Mandates dieser Mission untersteht. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um ausländisches Kommando. Auch bei derartigen Missionen kann es zu Situationen kommen, in denen österreichische Soldaten unter ausländischem Kommando in einem Extremfall zur Waffe greifen und an Kampfhandlungen teilnehmen müssen. 

Die Rechtsgrundlage für internationale Entsendungen bildet das Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), dessen §1 Z1 lit.a  die Entsendung von Einheiten und einzelnen Personen "... in Durchführung von Beschlüssen der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik" erlaubt. Dabei ist laut Z2 auf "... die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union auf Grund des Titels V des Vertrages über die Europäische Union Bedacht zu nehmen.

Zur Entsendung – von ausschließlich Freiwilligen – ist die Bundesministerin im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss berufen. Zudem erkennt das KSE-BVG die Möglichkeit einer besonderen Dringlichkeit bei der humanitären und Katastrophenhilfe und besagt, dass die Bundesregierung eine Entsendung ohne Verzug anordnen kann und dem Hauptausschuss unverzüglich zu berichten hat. Dieser kann dann innerhalb von zwei Wochen nach Berichterstattung widersprechen, in welchem Fall die Entsendung zu beenden ist. 

§ 4 Z 3 bestimmt, dass es der Bundesregierung obliegt "ob und wieweit die entsendeten Personen hinsichtlich ihrer Verwendung im Ausland nach § 1 Z 1 lit. a bis d die Weisungen der Organe einer internationalen Organisation oder ausländischer Organe zu befolgen haben." Für den Zeitpunkt der Entsendung ruht die Unterordnung gegenüber den weisungsberechtigten Vorgesetzen im Inland.

Nach § 5 ist die Bundesregierung ermächtigt, "die Durchführung der Entsendung mit der in Betracht kommenden internationalen Organisation oder dem Empfangsstaat im Rahmen des Völkerrechts näher zu regeln."

Zur Entsendung von österreichischen Truppen an die RDC der Europäischen Union erscheint daher kein neues Rechtsinstrument vonnöten. Die Bundesregierung ist verfassungsrechtlich ermächtigt, österreichische Soldat_innen im Rahmen der GSVP an die RDC zu entsenden und mit der Europäischen Union die Durchführung der Entsendung näher zu regeln. Wichtig für Österreichs Teilnahme wäre ausschließlich die Sicherheit für den Kommandanten der RDC, dass die entsandten österreichischen Truppenteile im Falle eines Marschbefehls nicht abgezogen werden. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welchen Beschränkungen im Einsatz unterliegen Soldat_innen österreichischer Kontingente in vom Hauptausschuss genehmigten internationalen (Friedens)Missionen?
    1. Müsste ein Kampfeinsatz, z.B. in einem Szenario, in dem österreichische Truppen als Peacekeepers oder im Antiterrorismuseinsatz eingesetzt werden und Kampfhandlungen unvermutet geschehen können, spezifisch vom Parlament autorisiert werden?
    2. Müssten sich österreichische Truppen aus Einsatzgebieten zurückziehen, wenn dort die Gefahr einer Kampfhandlung bekannt wird?
    3. Gibt es Unterschiede im genehmigten Einsatzspektrum zwischen Einheiten, die von Österreicher_innen kommandiert werden einerseits und solchen, die unter ausländischem Kommando stehen andererseits?

                                          i.    Wenn ja, welche?

    1. Welchen anderen Einschränkungen unterliegen österreichische Soldat_innen in internationalen Einsätzen in Hinblick auf ihre Bereitschaft, Befehle des Kommandanten auszuführen?

 

 

  1. Hat die österreichische Bundesregierung die Thematik der ex ante Bewilligung von Einsätzen bereits im Rahmen der Erarbeitung des Strategischen Kompasses bzw. der RDC angesprochen? Wenn ja, gab es Lösungsvorschläge für diese Herausforderungen, und welche?
  2. Ist eine ex ante Autorisierung von Einsätzen in der schnellen europäischen Eingreiftruppe inklusive aller möglichen Aktivitäten für einen im Vorhinein bewilligten Zeitraum möglich? 
    1. Wenn ja, wird eine derartige Methode der Bewilligung der österreichischen Einsätze angedacht?
    2. Wenn nein, wie kann Österreich an diesen schnellen Einsatztruppen realistischerweise teilnehmen?
    3. Österreich hat seine Legislatur im Rahmen des EU-Beitritts an die Anforderungen der Europäischen Union angepasst. Welche Novellierungen des KSE-BVG wären notwendig, um diesen Rechtsrahmen an die Erfordernisse des Strategischen Kompasses und spezifisch der RDC anzupassen? 
  1. Die deutsche Bundeswehr, ebenfalls eine Parlamentsarmee, muss zur Entsendung von Truppen ins Ausland ebenfalls vom Parlament autorisiert werden. Diese Autorisierung findet ex ante im Normalfall, ex post in Notfällen statt. Ist eine derartige Vorgehensweise auch für Österreich denkbar?
    1. Wenn ja, wie kann der RDC versichert werden, dass ein österreichischer Zug nicht kurz nach Einsatzbeginn aufgrund mangelnder Zustimmung im Parlament zurückgezogen wird?