11672/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.07.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

betreffend Einhaltung arbeits- und sozialrechtlicher Bestimmungen in öffentlich geförderten Kultureinrichtungen

Hinsichtlich der Einhaltung von arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen von öffentlich geförderten Kultureinrichtungen ist auch der Bund gefordert. Schließlich geht es dabei um Steuergelder in Millionenhöhe. In den vergangenen Jahren gelangten in Österreich mehrere Fälle an die Öffentlichkeit. Die Förderrichtlinien des Bundes eröffnen dabei mehrere Möglichkeiten für Konsequenzen.

Laut Ausländerbeschäftigungsgesetz kann ein Unternehmen von Förderungen des Bundes ausgeschlossen bzw. zur Rückzahlung verpflichtet werden, sofern es wiederholt gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz verstößt.[1]

In den „Richtlinien für die Gewährung von Förderungen nach dem Kunstförderungsgesetz durch das Bundeskanzleramt“ ist u.a. eine Einsichtnahme in die Bücher und die Prüfung von Unterlagen vorgesehen. Im Kunstförderungsgesetz (§1 Abs. 1) heißt es außerdem: „Weiters ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die finanzielle und organisatorische Förderung des künstlerischen Schaffens durch Private und der sozialen Lage für Künstler anzustreben.“

Im Herbst 2020 wurde der „Fairness Prozess“, ein bundesweiter Strategieentwicklungsprozess begonnen, in den auch die Bundesländer und Interessensvertretungen einbezogen werden. Hintergrund dabei sei, dass die Corona-Pandemie die prekären Arbeits- und Einkommenssituation von Kunst- und Kulturschaffenden besonders deutlich gemacht habe.

Das Land Tirol teilt in einer Presseaussendung vom 27.6.2022 mit, dass im Zuge dieses Prozesses das Thema der fairen Bezahlung einen zentralen Stellenwert einnehme. „Das erklärte Ziel ist eine Verbesserung der arbeits- und sozialrechtlichen Situation aller professionell im Kunst- und Kulturbereich Tätigen“.[2]

Aktuell ist das leider nicht immer der Fall. Zuletzt hat das Oberlandesgericht Innsbruck in seinem Urteil vom 14. April 2022 nach jahrelangem Rechtsstreit in letzter Instanz entschieden (2 R 18/22x):

„Der Beklagte hat daher den Wahrheitsbeweis hinsichtlich des Vorwurfs der Abgabenverkürzung erbracht, weshalb der Berufung in diesem Punkt keine Folge zu geben war.

Dasselbe gilt für den Vorwurf der Scheinselbstständigkeit und der Umgehung von Dienstverträgen. (...) Auch dieser Vorwurf ist inhaltlich zutreffend, da die Praxis der klagenden Partei, ihre Künstler zu zwei Drittel auf Werksvertragsbasis zu entlohnen, als unrechtmäßig erkannt wurde. Aufgrund der Prüfung durch die Gesundheitskasse gestaltete die klagende Partei die Verträge so um, dass nur noch zu einem Drittel auf Werksvertragsbasis gearbeitet wurde. Daraus ergibt sich aber, dass hinsichtlich eines Drittels der Arbeitsleistungen von Scheinselbstständigkeit gesprochen werden muss.[3]

Das nun aktuelle Urteil wirft also neuerliche Fragen auf.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport nachstehende:

Anfrage

1.   Liegen bereits Ergebnisse aus dem oben erwähnten „Fairness Prozess“ vor und wenn ja, welche?

2.   Wie wollen Sie die arbeits- und sozialrechtliche Situation der Kulturschaffenden verbessern?

3.   Ist Ihnen das oben erwähnte Urteil vom 14.4.2022 bekannt? Wenn ja, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für Ihr Ressort?

4.   Wie stellen Sie sicher, dass öffentlich geförderte Kultureinrichtungen nicht Abgabenverkürzung auf Kosten der Allgemeinheit betreiben?

5.   Welche Konsequenzen haben Verstöße?

6.   Wie stellen Sie sicher, dass öffentlich geförderte Kultureinrichtungen kein Lohn- und Sozialdumping betreiben?

7.   Welche Konsequenzen haben Verstöße?

8.      Wie stellen Sie sicher, dass öffentlich geförderte Kultureinrichtungen die arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen einhalten?

9.      Welche Konsequenzen haben Verstöße?

10.   Wie viele Fälle an Abgabenverkürzung, Lohn- und Sozialdumping oder Verstößen gegen arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen durch öffentlich geförderte Kultureinrichtungen sind Ihnen in den vergangenen zehn Jahren bekannt geworden und bei welchen Einrichtungen?

11.   Hat dieses illegale Vorgehen Konsequenzen für Förderpraxis? Wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht?

12.   Die Scheinselbständigkeit ergibt sich für das Gericht aus erwähnter Drittellösung (zwei Drittel Werkvertrag, ein Drittel Selbständigkeit). Werden Sie diese illegale Drittellösung kippen und welche Lösung streben Sie für derartige Fälle an?

13.   Wie stellen Sie gesetzeskonformes Verhalten von öffentlich geförderten Kultureinrichtungen sicher?

14.   Wiederholte Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz können zum Ausschluss von Förderungen bzw. deren Rückzahlung führen. Wurden in den vergangenen zehn Jahren öffentlich geförderte Kultureinrichtungen von Förderungen ausgeschlossen bzw. eine Rückzahlung der Förderungen, die von den SteuerzahlerInnen finanziert werden, verlangt?

a.    Wenn ja, welche wurden ausgeschlossen und für welchen Zeitraum?

b.    Wenn nein, warum wurden sie nicht ausgeschlossen?

c. Wurde eine Rückzahlung der Förderungen verlangt? In welcher Höhe?

d.    Wenn nein, warum nicht?

15.   Wie setzen Sie sich, wie im Kunstförderungsgesetz vorgesehen, für eine Verbesserung der sozialen Lage der KünstlerInnen eingesetzt?

16.   Die Festspiele Salzburg und Bregenz unterliegen dem Festspiel-Kollektivvertrag. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass auch bei anderen öffentlich subventionierten Festspielen ein Kollektivvertrag mit der zuständigen Fachgewerkschaft verhandelt wird?

17.   Werden Sie sich für die Schaffung eines Mindestlohnes für MusikerInnen und KünstlerInnen oder zumindest für die Einhaltung der Honorarempfehlungen der Interessensvertretungen bei von Seiten Ihres Ressorts geförderten Institutionen einsetzen oder sind Sie in dieser Frage bereits aktiv geworden?

a. Wenn ja, in welcher Höhe liegt der Mindestlohn oder wie lauten die Vorgaben für die Einhaltung der Honorarempfehlungen?

18.   Welche Maßnahmen wurden seitens Ihres Ministeriums gesetzt, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und einen verantwortungsbewussten Einsatz von Steuermitteln zu garantieren


 



[1] Vgl: Ausländerbeschäftigungsgesetz, § 30b.

[2] Vgl: Gerechte Bezahlung für Kunst- und Kulturschaffende | Land Tirol

[3] Vgl: Urteil (dietiwag.at)