11744/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.07.2022
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Anfrage

der Abgeordnete Christoph Matznetter, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für  Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Fusion von SVA und SVB zu SVS - versprochene Leistungsharmonisierung und Patient:innenmilliarde zugunsten der Versicherten

Selbstständige müssen bis heute einen Selbstbehalt zahlen, wenn sie eine ärztliche Konsultation aufsuchen. Sie sind also schlechter gestellt als die anderen Versicherten, die keinen Selbstbehalt zahlen müssen. Viele Selbstständige überlegen sich aufgrund der Kosten zweimal ob sie bei Beschwerden oder zur Vorsorge zur Ärztin oder zum Arzt gehen. Auch volkswirtschaftlich ist das bedenklich: denn eine Krankheit ist im Frühstadium oft schneller und günstiger zu behandeln als im fortgeschrittenen Stadium. Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband fordert daher schon lange die ersatzlose Streichung des Selbstbehalts für Selbstständige. Obwohl den Versicherten vom ehemaligen ÖVP Bundeskanzler Kurz die Leistungsharmonisierung zugunsten der Versicherten versprochen wurde, ist bis heute keine Verbesserung in Sicht. Zusätzlich hat der Rechnungshof aufgedeckt, dass die versprochene Patien:innenmilliarde nicht nur nicht eingehalten werden kann, sondern, dass sogar Mehrkosten von 215 Millionen entstanden sind. „Vernichtender Rohbericht zur türkis-blauen Krankenkassenreform: Statt eine Milliarde einzusparen, fielen Mehrkosten von 215 Millionen an. Der Personalstand wuchs an und die Leistungsharmonisierung lässt auf sich warten.“ (https://www.profil.at/oesterreich/rechnungshof-bericht-die-patientenmilliarde-war-ein-schmaeh/402059995, 4.7.2022)

Mit dem Sozialversicherungs-Organisationsgesetz (SV-OG) und dem Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz (SVSG) wurden die bisherige Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) und die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) zur Sozialversicherungsanstalt für Selbständige (SVS) zusammengeführt. Seit 1. Jänner 2020 vollzieht diese somit für die nach dem Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (GSVG) versicherten Personen die Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG und die Unfallversicherung nach dem Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG). Im SVSG wird bisweilen lediglich die neue Organisationstruktur der SVS festgelegt. Das Beitrags- und Leistungsrecht für die Versicherten ist nach wie vor im Wesentlichen unverändert – die materiell-rechtlichen Bestimmungen finden sich nach wie vor im GSVG, BSVG und FSVG. Für GSVG/FSVG- und BSVG-Versicherte gelten daher weiterhin unterschiedliche Beitragsgrundlagen(-ermittlungssysteme) und Beitragssätze. Das Leistungsrecht wurde durch das SV-OG ebenso wenig geändert; die Harmonisierung erfolgte bisweilen lediglich im Rahmen der normativen Möglichkeiten der SVS (Gesamtvertrag, Satzung und Krankenordnung).

Mit Blick auf die nunmehr unter einem Dach organisierten Versichertengruppen wurde in § 53 Abs. 9 SVSG iRd SV-OG auch eine Zielbestimmung betreffend die Vereinheitlichung des Beitrags- und Leistungsrechts innerhalb der SVS eingefügt – jedoch ohne konkrete zeitliche Vorgaben. Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wird auf den Ministerratsvortrag vom 23.05.2018 Bezug genommen, dass „für die Anpassung des Leistungsrechtes ein adäquater Übergangszeitraum vorgesehen“.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.       Warum sind die Ergebnisse der halbjährlichen Berichte der SVS an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie an den Bundesminister für Finanzen über den Fortgang der Beitrags- und Leistungsvereinheitlichung nicht öffentlich?

2.       Werden Sie sich für eine Veröffentlichung einsetzen und die erforderlichen gesetzlichen Änderungen veranlassen?

3.       Sind sie mit dem Bundesministerium für Finanzen im Austausch über

a.       die halbjährlichen Berichte der SVS, mit der Bitte um genaue Zeitaufschlüsselung

b.       den zeitlichen Rahmen bis zur Vollendung der Leistungsharmonisierung

4.       Die Leistungsharmonisierung soll zugunsten der Versicherten vollzogen werden

a.       Die üblichen 3 Jahre die für einen adäquaten Übergangszeitraum gelten sind schon vorbei. Wie lange dauert es noch?

b.       Mit welchem Datum entfällt der Selbstbehalt der Selbständigen?

c.       Mit welchem Datum ist die Vereinheitlichung des Beitrags- und Leistungsrechtes abgeschlossen?

5.       Welche Personen verhandeln die Leistungsharmonisierung?

6.       Woran scheitert die vollständige Transparenz und Veröffentlichung des Fahrplans inkl. Maßnahmen zur vollständigen Fusion von SVA und SVB zur SVS?

7.       Welche Kosten sind seit der Zusammenlegung im Zusammenhang mit der Leistungsharmonisierung entstanden (bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Kostenstelle)?

8.       Wie viele Personen waren damit in Ihrem Kabinett befasst?

9.       Welche Aktivitäten wurde in Ihrem Ressort/in den nachgeordneten Dienststellen im Zusammenhang mit der Leistungsharmonisierung gesetzt?

10.   Wie haben Sie Ihre Aufsichtsrechte gegenüber der SVS wahrgenommen?

11.   Inwieweit hängen die fehlende Patient:innenmilliarde und die fehlende Leistungsharmonisierung zusammen? (Mit Bitte um Erläuterung existierender Zusammenhänge, oder der Erklärung warum sie nicht zusammenhängen, im Bereich der SVS)

12.   Welche Ziele der Krankenkassenreform wurden erreicht? (mit bitte einer Gegenüberstellung der Planungs- und Kostenauflistung, im Bereich der SVS)

13.   Welche Ziele der Krankenkassenreform wurden nicht erreicht? (mit bitte einer Gegenüberstellung der Planungs- und Kostenauflistung, im Bereich der SVS)