11751/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.07.2022
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Verweigerung des temporären Aufenthaltsrechts für Ukrainer_innen

 

Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine hat dramatische Folgen für die Zivilbevölkerung. Seit der Invasion am 24. Februar 2022 werden ukrainische Städte bombardiert und zivile Infrastruktur wird zerstört – es werden zahlreiche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht gemeldet - tausende Zivilist_innen sind bereits gestorben. Dadurch wurden viele Menschen dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, um sich in den Nachbarländern in Sicherheit zu bringen. Nach Angaben des UNHCR sind mit Stand 1. Juli 2022 knapp 5,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Laut UNO gab es seit dem zweiten Weltkrieg keine Fluchtbewegung, die so schnell gewachsen ist. Und derzeit steht kein Ende des Konflikts in Sicht. Schätzungen zufolge könnte die Anzahl an Schutzsuchenden aus der Ukraine sogar auf 10 Millionen ansteigen. 

Am 4. März haben die EU-Staaten den Durchführungsbeschluss 2022/382, basierend auf der Richtlinie 2001/55/EG, einstimmig angenommen. Dieser soll es ermöglichen, Schutzsuchenden aus der Ukraine schnell und unbürokratisch ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu gewähren. Der vorübergehende Schutz soll vorerst für ein Jahr gelten, kann jedoch um insgesamt zwei weitere Jahre verlängert werden.

Innerstaatlich wurde dieser Beschluss durch die Annahme der Vertriebenen-VO am 11. März 2022 im Hauptausschuss des Nationalrats umgesetzt, auf Basis derer folgenden Personengruppen, ein temporäres Aufenthaltsrecht und die damit einhergehenden Rechte zu gewähren sind: 

In der ZiB 2 des 30. Juni 2022 wurde jedoch von Fällen berichtet, in denen Ukrainer_innen, die vor dem 24. Februar 2022 nicht in der Ukraine aufhältig waren bzw. die Ukraine vor diesem Zeitpunkt verließen, keinen temporären Schutzstatus in Österreich erhielten - manche von ihnen bekommen sogar Verwaltungsstrafen. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie vielen ukrainischen Staatsangehörigen wurde aufgrund einer Einreise nach Österreich vor dem 24. Februar 2022 das vorübergehende Aufenthaltsrecht nach der Vertriebenen-VO verweigert? 
    1. Waren darunter auch ukrainische Staatsangehörige, die sich vor dem 24. Februar 2022 in Österreich rechtmäßig visumfrei oder mit einem Visum aufhielten?

                                          i.    Wenn ja, wie viele? 

                                        ii.    Wenn ja, wurden die Betroffenen darauf hingewiesen, dass ihnen nach dem Ende des visumfreien Aufenthalts bzw. nach Ablauf des Visums ein Recht auf ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zusteht?

    1. Waren darunter auch ukrainische Staatsangehörige, die sich vor dem 24. Februar 2022 in Österreich mit einem gültigen Aufenthaltstitel aufhielten?

                                          i.    Wenn ja, wie viele? 

                                        ii.    Wenn ja, wurden die Betroffenen darauf hingewiesen, dass ihnen nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres Aufenthaltstitels ein Recht auf ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zusteht?

  1. Wie viele ukrainische Staatsangehörige, denen das vorübergehende Aufenthaltsrecht nach der Vertriebenen-VO verweigert wurde, erhielten infolgedessen eine Verwaltungsstrafe? 
  2. Wie wird infolge einer Verweigerung des temporären Aufenthaltsrechts für ukrainische Staatsangehörige verfahren?
    1. Werden betroffene Personen informiert? 

                                          i.    Wenn ja, wie und worüber? 

    1. Wurde den betroffenen Personen gesagt, sie wären in Österreich illegal aufhältig und müssten Österreich verlassen? 
    2. Wurden die betroffenen Personen explizit darauf hingewiesen, dass sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellen können? 
  1. Auf ZiB Nachfrage verwies das BFA auf die Möglichkeit der Betroffenen, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Ist die Entscheidungsfrist des BFA für ukrainische Staatsangehörige, denen das vorübergehende Aufenthaltsrecht verweigert wurde, ebenfalls ausgesetzt? 
    1. Wenn ja, welche Optionen stehen betroffenen Personen zur Verfügung bzw. welche Perspektiven werden ihnen geboten?  
  1. Zieht das Bundesministerium für Inneres in Erwägung, ukrainischen Staatsangehörigen, denen das temporäre Aufenthaltsrecht verweigert wird bzw. wurde, künftig auch zu gewähren?
    1. Gedenkt das Bundesministerium für Inneres, die Vertriebenen-VO in diesem Sinne auszuweiten?  

                                          i.    Wenn ja, wann?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

    1. Wenn ja, sind Entschädigungen für Ukrainer_innen, denen eine Verwaltungsstrafe verhängt worden ist, angedacht? 
    2. Wenn nein, welche alternative Lösung zieht das Bundesministerium für Inneres in Erwägung, um diesen Missstand zu beheben?  
  1. Wird das vorübergehende Aufenthaltsrecht nach der Vertriebenen-VO Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, die ein vor dem 24. Februar 2022 gewährten internationalen Schutzstatus oder vergleichbaren nationalen Schutzstatus gemäß ukrainischem Recht hatten und vor dem 24. Februar 2022 nach Österreich eingereist sind, auch verweigert? 
    1. Wenn ja, wie viele Personen sind davon betroffen? 
    2. Wenn ja, wie viele der Betroffenen erhielten Verwaltungsstrafen? 
  1. Zieht das Bundesministerium für Inneres es in Erwägung, Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, die ein vor dem 24. Februar 2022 gewährten internationalen Schutzstatus oder vergleichbaren nationalen Schutzstatus gemäß ukrainischem Recht hatten und vor dem 24. Februar 2022 nach Österreich eingereist sind bzw. zu diesem Zeitpunkt nicht in der Ukraine aufhältig waren, denen das temporäre Aufenthaltsrecht verweigert wird bzw. wurde, künftig auch zu gewähren?
    1. Gedenkt das Bundesministerium für Inneres, die Vertriebenen-VO in diesem Sinne auszuweiten?  

                                          i.    Wenn ja, wann?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

    1. Wenn ja, sind Entschädigungen für jene Personen, denen eine Verwaltungsstrafe verhängt worden ist, angedacht? 
    2. Wenn nein, welche alternative Lösung zieht das Bundesministerium für Inneres in Erwägung, um diesen Missstand zu beheben?