11792/J XXVII. GP
Eingelangt am 08.07.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Durchimpfungsrate in Österreich
Impfen ist eine der effizientesten und sichersten Arten der Gesundheitsprävention, die wir kennen. Eine fundierte Daten- und Faktenlage ist dabei die Grundlage für eine zielführende Impfstrategie. Die Erfindung der Impfung stellt einen Meilenstein der Medizingeschichte dar. Durch sie konnten beispielsweise die Pocken ausgerottet und die Gefahr der Kinderlähmung durch Masern oder Tetanus massiv reduziert werden. Impfungen sind damit auch weiterhin der Schlüssel für die bessere Gesundheit der Bevölkerung und die Ausrottung weiterer Krankheiten. Die Politik hat die Aufgabe, Fakten vor Verschwörungstheorien zu stellen und dennoch Skepsis und Ängste ernst zu nehmen. Gleichzeitig braucht es Anreize, um Eltern zu überzeugen, ihre Kinder zu impfen und Programme, um die verpassten (Schul-) Impfungen der vergangenen Jahre nachzuholen.
Nach Angaben der WHO sterben jährlich rund drei Millionen Menschen – davon zwei Millionen Kinder – an Krankheiten, die durch Impfungen hätten verhindert werden können. Die gefährlichsten Infektionskrankheiten sind laut der Weltgesundheitsorganisation Masern und neonataler Tetanus, gefolgt von Diphtherie, Keuchhusten, Tuberkulose und Kinderlähmung (1)
Die Durchimpfungsraten gegen Masern und Diphtherie gehören zu den besten Indikatoren für die Leistungsfähigkeit von Gesundheitssystemen, Österreich liegt unter den EU-Ländern bei Diphterie, Tetanus und Keuchhusten (DTP) auf dem letzten Platz, auch bei Masern liegt die Durchimpfungsrate nur knapp im Mittelfeld (2).

Auch wenn sich in Österreich in den letzten 10-20 Jahren beim Thema Impfen manches in eine positive Richtung entwickelt hat, ist aktuell eine Ausweitung des Maserngeschehens zu beobachten. Laut nationalem Meldesystem wurden im Jahr 2017 in sieben Bundesländern insgesamt 95 Masernfälle gezählt, 2018 waren es 73, 2019 wurden insgesamt 151 Masernfälle gezählt. Das ist eine Steigerung von über hundert Prozent von 2018 auf 2019 (3,4). Der folgende Rückgang im Jahr 2020 ist allerdings wohl eher auf die Pandemie und damit verbundene Maßnahmen gegen die Verbereitung von Infektionskrankheiten, als auf steigende Durchimpfungsraten zurückzuführen.
Krankheiten nachhaltig besiegen
Um eine Krankheit effektiv auszurotten, braucht es eine Impfrate von 95% (6). Diese erreicht Österreich derzeit bei der Masern-Impfung zwar bei der Erstimpfung, fällt aber bereits bei der notwendigen zweiten Auffrischungsimpfung auf unter 85%. Das führt dazu, dass die WHO an dem Ziel, die Masern in Europa bis 2010 ausgerottet zu haben, gescheitert ist. Dabei spielen vor allem zwei Gründe eine tragende Rolle: (a) Impfgegner schüren unbegründete Ängste vor vermeintlichen Folgeschäden der Impfung, (b) und allzu viele Menschen nehmen Masern als harmlose Kinderkrankheit wahr.
Während zwei Drittel der Erkrankungen unkompliziert verlaufen, treten bei etwa 20–30 % der Fälle zusätzliche Begleiterscheinungen und Komplikationen auf. Das Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten der EU berechnet eine Sterblichkeit von 3:1000 (7). Besonders gefürchtet ist die in 0,1 % der Fälle auftretende Enzephalitis, eine Entzündung des Gehirns mit Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis zum Koma, die vier bis sieben Tage nach Beginn des Hautausschlags auftreten kann und oft tödlich endet. Zudem verursachen die Masern durch Schwächung des Immunsystems ein mehrere Jahre (2-3 Jahre) anhaltendes erhöhtes Risiko, an anderen Infektionskrankheiten nicht nur zu erkranken, sondern sogar zu sterben (8).
Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die sich einschleichende Nachlässigkeit rund um das Impfen bedenklich. Kosten-Nutzen-Rechnungen zu diesem Thema belegen beträchtliche Ersparnisse durch Masernimpfungen. Unter Berücksichtigung der Kosten für die Durchführung der Impfungen sowie möglicher Nebenwirkungen können aus volkswirtschaftlicher Sicht pro vermiedenem Masernfall rund 600 Euro eingespart werden (9).
Nationales Impfkonzept
Das nationale Impfkonzept des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wurde 1997 ins Leben gerufen und bietet eine kostenlose Impfmöglichkeit (gegen 13 Erkrankungen) für Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre. Die Finanzierung erfolgt gemeinsam durch den Bund, die Länder und die Sozialversicherung. Um eine für die Ausrottung von Krankheiten notwendige Durchimpfungsrate von 95% zu erreichen und einem gegenteiligen Trend in den letzten Jahren entgegenzuwirken, reicht dieses Konzept allerdings anscheinend nicht ganz aus. Darum soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es verstärkte Impf-Anreize für Eltern braucht. Dazu sei abschließend auf Vorschlag der Kopplung staatlicher Finanzleistungen an das Impfen des Kindes (z.B. Staffelung der Familienbeihilfe) in Erinnerung gerufen. Einige wenige Wissenschaftsskeptiker dürfen in diesem Zusammenhang nicht die Gesundheit aller gefährden und besonders am Beispiel der Masern sieht man an der Judikatur des EuGH aus den vergangenen Jahren, dass es hier sehr wohl einen staatlichen Spielraum gibt, um die Durchimpfungsraten zu erhöhen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Altersgruppe 6 - 15 Jahre: