11797/J XXVII. GP
Eingelangt am 08.07.2022
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Anfrage
des Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl
und weiterer Abgeordneter
an den mit der Leitung des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betrauten Bundesminister
betreffend bewusste Übertretung von Mieterschutzbestimmungen durch die SPÖ-nahe Wiener Wohnungsgenossenschaft EBG
Im Artikel „Streit um befristete Miete für Genossenschaftswohnung“ vom 05.07.2022 berichtete „Der Kurier“ brisante Details zur SPÖ-nahen Wohnungsgenossenschaft EBG. Diese bekennt sich dazu, eine Wohnung in Wiener Best-Lage in der Liebhartstalstraße, 1160 am Wilhelminenberg befristet zu vermieten. Wiewohl das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) grundsätzlich unbefristete Bestandsverhältnisse vorschreibt. Die Befristung liegt bei fünf Jahren, der Finanzierungsbeitrag bei EUR 32.633,34. Gegenüber dem „Kurier“ ließ die Genossenschaft jedwedes gemeinnützige Grundverständnis vermissen, wie folgende Aussage deutlich belegt: „Ausschließlich in der gegenständlichen Anlage wird ein befristet abgeschlossener Vertrag gültig angeboten, da die dreijährige Mindestbefristungsdauer eingehalten wird […] Ein einklagbares Recht des einzelnen Wohnungswerbers auf Abschluss eines unbefristeten Vertrags besteht im WGG nicht.“
Die Genossenschaft setzt sich also bewusst ins Unrecht, um darauf zu verweisen, dass ein Mieter keine Möglichkeit habe, sein Recht zu erstreiten. Dies ist umso perfider, als der Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens, Franz Köppl, vor seinem Ruhestand hoher Funktionär der Arbeiterkammer und wohnpolitischer Berater der SPÖ-Parlamentsfraktion war. Der Rechtsanwalt Walter Reichholf ist Anwalt der Arbeiterkammer – auch ihm sollte Mieterschutz eigentlich ein Anliegen sein. Auch die Geschäftsführerin der NGO Neunerhaus, Daniela Unterholzner, findet sich im Aufsichtsrat. Sie ist zudem Vorstandsmitglied der klar linksgerichteten Organisation GLOBAL 2000. Man würde wohl ebenfalls meinen, eine mieterfreundliche Haltung erwarten zu dürfen. So ist unter nachfolgendem Link https://www.neunerhaus.at/konzepte/organisation/geschaeftsfuehrung/ folgendes Bekenntnis Unterholzners enthalten: „Der Gedanke dahinter ist so einfach wie stark: Im Kern sind alle Menschen gleich – vor allem gleich an Rechten und Würde.“ Rechte, die die EBG jedenfalls teils unrechtmäßig vorenthält.
Die wohnpolitische Glaubwürdigkeit der SPÖ sinkt durch diesen mieterfeindlichen Skandal weiter. Schließlich fordern die Sozialdemokraten auf Bundesebene die Abschaffung der Befristung insgesamt. Dies belegt etwa OTS 0051 vom 22.3.2022 der SPÖ-Wohnsprecherin NAbg. Ruth Becher.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den mit der Leitung des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betrauten Bundesminister folgende
Anfrage
1. Wie ist gem. § 24 Abs. 1 WGG zu werten, dass wissentlich Handlungen gegen Bestimmungen des WGG gesetzt werden, wobei gleichzeitig darauf verwiesen wird, dass ein betroffener Mieter keine Möglichkeit der juristischen Gegenwehr habe?
2. Wie ist die Vorgangsweise der EBG mit dem auch für Wohnungsgenossenschaften verpflichtenden genossenschaftlichen Gleichheitsgrundsatz in Einklang zu bringen?