11806/J XXVII. GP
Eingelangt am 08.07.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Kainz
und weiterer Abgeordneten
an den Bundesminister für Arbeit
betreffend Mathe-Professor (53) wurde 800€ Notstand gestrichen
Am 2. Juni 2022 veröffentlichte die Tageszeitung Heute folgendes:
„Mathe-Professor (53) wurde 800 € Notstand gestrichen
20 Jahre hatte sich ein Mathe-Lehrer (53) aufgerieben, ist fertig! Nur: Pension bekommt er nicht, nur Notstandshilfe und die wurde ihm nun gestrichen.
"Ich möchte einfach aufzeigen, dass es traurig und beschämend ist, dass dies in einem Sozialstaat wie Österreich für einen inländischen, rechtsschaffenden, kranken Staatsbürger, der studiert hat und sich 20 Jahre lang in seinem Lehrberuf für den Staat aufopferte, möglich sein kann, keinen einzigen Cent zu bekommen und damit in hohe Schulden zu geraten", berichtet Magister Franz A. (Name geändert) aus Klosterneuburg (Bezirk Tulln) per liebevoll formatierten Brief und lässt primär über die PVA und auch über das AMS Dampf ab.
Der 53-Jährige war zwei Jahrzehnte lang Mathematik-Lehrer an einer AHS, nach mutmaßlich jahrelangem Mobbing und Bossing (Anm.: Mobbing vom Chef) waren die Batterien des Herrn Professor leer. Danach war der Verfasser eines der ersten Online-Mathe-Bücher zwei Jahre im Krankenstand und soll dann von der Bildungsdirektion Wien entfernt worden sein - völlig zu Unrecht aus der Sicht des Professors. "Das jähe Ende meines Berufes habe ich bis heute nicht verarbeiten können, leide an Schlaflosigkeit und zig psychologischen Problemen", so der Akademiker, der sich nun mit Hingabe um seine Katzen kümmert. Der Lehrer hatte schließlich 2019 seine Berufsunfähigkeit bei der PVA eingereicht. Zwei Mal soll Franz A.s Berufsunfähigkeit bereits abgelehnt worden sein, wogegen der Mathe-Professor mit Anwälten ankämpft. "Seit der Pandemie wird das noch mehr verzögert", so Franz A. Nun bezieht der Pädagoge 800 Euro Notstandshilfe vom AMS.
"22 Kilometer nach Tulln - ein Ding der Unmöglichkeit" - AHS-Professor Franz A. (53)
"Als Covid-Hochrisiko-Patient, der dazu noch mit seinem 80-jährigen Vater zusammenlebt, fällt es mir schwer, körpernahe Zusammenkünfte bei Gericht oder AMS durchzuführen. Meine Mobilität ist aufgrund eines Wirbelsäulenproblems und Schwindelanfällen total eingeschränkt. Daher ist eine Fahrt von Klosterneuburg nach Tulln, 22 Kilometer in eine Richtung, noch dazu ohne Auto, dafür mit Gehstrecken, ein Ding der Unmöglichkeit. Und daher konnte ich einen - einen einzigen - AMS-Kontrolltermin nicht wahrnehmen", berichtet der 53-Jährige.
Der Mathe-Lehrer gerät langsam in Rage: "Und dennoch wurde mir vom AMS Tulln meine letzte Lebensgrundlage und Hilfe als einstiger Akademiker, die Notstandshilfe, gesperrt. Wie soll ich mir mit null Einkünften die Miete in der Höhe von 500 Euro leisten?", fragt Franz A.
Laut dem Pädagogen vollziehe das AMS offensichtlich knallhart Gesetze ohne individuelle Risiken und Probleme der Kunden wahrzunehmen bzw. zu berücksichtigen. Denn: "Es war mein einzig, versäumter Termin", stellt der Mathematiker klar. "Meine Berufsunfähigkeit wird verschoben und abgelehnt, dafür bekomme ich im Krankenstand Kontrolltermine. Ich kann nicht mehr", so der dramatische Hilferuf des Lehrers.
Eine Sprecherin der PVA nahm sich gleich am nächsten Tag des Falles an, zeigte Verständnis für das Einzelschicksal und bemühte sich redlich: "Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitspension ist gegeben, wenn die Berufsunfähigkeit voraussichtlich dauerhaft vorliegt, kein Rechtsanspruch auf zumutbare und zweckmäßige berufliche Maßnahmen der Rehabilitation besteht, eine Mindestanzahl an Versicherungsmonaten erworben wurde, am Stichtag die Voraussetzungen für eine (vorzeitige) Alterspension (ausgenommen Korridorpension) noch nicht erfüllt sind."
Grundlage für die Entscheidung, ob Berufsunfähigkeit vorliegt oder nicht, bilde eine ärztliche Begutachtung, bei der die Leistungsfähigkeit des Antragstellers in seinem Beruf festgestellt wird. Eine befristete Gewährung der Pension kommt für ab 1. Jänner 1964 geborene Versicherte nicht in Betracht. "Weitere, spezifische Details zur Causa könne man aus Datenschutzgründen nicht sagen", so die PVA-Sprecherin abschließend. Das AMS Tulln handelte indes nur gesetzestreu, eine Sprecherin des AMS NÖ dazu: "Die Befunde der PVA, in denen trotz gesundheitlicher Probleme "Arbeitsfähigkeit" von Jobsuchenden festgestellt wird, sind für das AMS leider bindend. Das gilt auch, wenn die Verfahren mit der Pensionsversicherungsanstalt noch offen sind. Das AMS ist also gesetzlich verpflichtet, gemeinsam mit den Betroffenen Wege zurück ins Erwerbsleben zu finden." [1]
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Arbeit folgende
Anfrage
1.
Ist Ihnen
der oben genannte Fall bekannt?
a.) Falls ja, von wem und wann haben Sie davon erfahren?
2. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass dem ehemaligen Mathe-Lehrer trotz Bekanntsein seines Gesundheitszustandes die Notstandshilfe gestrichen wurde, nur weil er einen einzigen Termin versäumt hat?
3.
Welche
Möglichkeiten haben Personen, welchen die Notstandshilfe gestrichen wurde,
gegen diese Entscheidung Einspruch zu erheben?
a.) Wer ist für eine dementsprechende Entscheidung zuständig?
b.) Gibt es die Möglichkeit, hier auch individuell den Einzelfall zu
berücksichtigen?
c.) Falls eine Einzelfall-Berücksichtigung nicht möglich ist, warum
nicht?
4.
Wie
beurteilen Sie aus rechtlicher Sicht die Tatsache, dass das AMS die Gesetze
knallhart vollzieht ohne individuelle Risiken oder Probleme der Kunden
wahrzunehmen?
a.) Welche Möglichkeiten stehen hier zur Verfügung, um wieder mehr
auf die individuellen Risiken oder Probleme der Arbeitssuchenden einzugehen?
5.
Planen Sie
hier eine Gesetzesänderung, in welcher berücksichtigt werden soll,
dass auch der Mensch mit den individuellen Risiken oder Problemen wieder im
Mittelpunkt stehen soll, damit das Prozedere beim AMS allgemein verbessert
wird?
a.) Falls ja, was ist konkret geplant?
b.) Falls nein, warum nicht?
6.
Welche
Möglichkeit haben Menschen derzeit, wenn ihr Ansuchen auf
Berufsunfähigkeit abgelehnt wird?
a.) Welche Rechtsmittel stehen hier zur Verfügung?
b.) Kann eine dementsprechende ärztliche Begutachtung erneut
durchgeführt werden, sollte man der Meinung sein, dass das Ansuchen zu
Unrecht abgehlehnt wurde?
7. Welche Maßnahmen setzen Sie in Bezug auf das AMS, damit der Mensch mit seinen individuellen Problemen und Risiken wieder mehr im Mittelpunkt steht?
[1] https://www.msn.com/de-at/nachrichten/inland/mathe-professor-53-wurde-800-e2-82-ac-notstand-gestrichen/ar-AAXYRbb?ocid=uxbndlbing&fromMaestro=true