1181/J XXVII. GP
Eingelangt am 04.03.2020
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Anfrage
der Abgeordneten Ing. Markus Vogl, Cornelia Ecker,
Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen, Pflege und Tourismus betreffend Gifte durch die Hintertür
Mehrere Medien berichteten von einer Kritik der NGO Corporate Europe Observatory (CEO), die vor einer möglichen Aufweichung der EU-Pestizidvorschriften warnt, indem auf Druck der chemischen Industrie und von Drittstaaten wie den USA die Einfuhr derartig belasteter Lebensmittel in die EU erleichtert werden könnte. Der Vorstoß von Lobbys und Importländern soll zudem von Österreich und weiteren EU-Staaten Unterstützung erfahren haben.
Der publizierte Bericht „Toxic residues through the back door“ zeigt auf, dass es darum geht, Produkte mit Rückständen krebserregender und endokriner Disruptoren von Pestiziden einzuführen, obwohl diese in der EU aufgrund von gesundheitsbezogenen „Cut-off“-Kriterien verboten sind.
Die NGO mit Sitz in Brüssel beruft sich dabei auf Dokumente, die sie von der EU- Kommission im Rahmen der Gesetze zur Informationsfreiheit erhalten hat. Es geht dabei sowohl um importierte Lebensmittel als auch um Futtermittel für die Landwirtschaft.
Die österreichische Umweltorganisation Global 2000 hob in ihrer Reaktion auf den CEO-Bericht hervor, dass der Bericht auch aufzeigt, dass Österreich den Vorstoß der Pestizidindustrie unterstützte. Auch die sechs weiteren EU-Mitgliedsstaaten Deutschland, Polen, Portugal, Litauen, Niederlande und das Ex-Mitglied Großbritannien hätten den Vorstoß unterstützt.
Zentrum dieser Aufweichung sind die gesundheitsbezogenen „Cut-off-Kriterien der EU-Pestizidverordnung (EG) Nr. 1107/2009. Sie schließt Chemikalien mit mutagenen, hormonschädigenden, fortpflanzungsgefährdenden oder krebserregenden Eigenschaften von der Zulassung als Pestizide aus.
Der Bericht der NGO gibt zu bedenken, dass der Pestizid-Refit-Bericht (EU- Entbürokratisierungsprogramm „Refit“) Ende März 2020 gleichzeitig mit der neuen „Farm-to-Fork“-Strategie veröffentlicht werden soll. Letztere sieht eine „grünere“ und nachhaltigere Landwirtschaft vor und weist darauf hin, dass, wenn der neue Vorschlag Rückstände gefährlicher Pestizide bei Importen zulässt, dass gegen die EU- Gesundheitsschutzziele verstoßen würde, sowie, dass es auch dazu führen würde, dass europäische Landwirte mit unfairer Doppelmoral konfrontiert werden.
Im Anschluss an die Veröffentlichung dieser Bedenken erklärten sowohl der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz als auch Sie, Frau Bundesministerin, dass Ihnen wichtig sei zu betonen, dass sie diese Positionierung ablehnen würden und es Ihnen um Aufklärung ginge.
Die gefertigten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus folgende
Anfrage
1. Haben Sie, Frau Bundesministerin, oder eine Ihrer nachgeordneten Dienststellen oder eine ausgelagerte Dienststelle, die in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegt, sich seit September 2018 in einem EU-Gremium so positioniert, dass Einfuhrtoleranzen in Zukunft nicht mehr nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt werden sollen und wenn ja, wie lautete diese Positionierung genau?
2. Haben Sie, Frau Bundesministerin, oder eine Ihrer nachgeordneten Dienststellen oder eine ausgelagerte Dienststelle, die in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegt, sich in einem EU-Gremium so positioniert, dass bei der Festsetzung von Einfuhrtoleranzen in Zukunft der sogenannte risikobasierte Ansatz zur Anwendung kommen soll und wenn ja, wie lautete diese Positionierung genau?
3. Haben Sie, Frau Bundesministerin, oder eine Ihrer nachgeordneten Dienststellen oder eine ausgelagerte Dienststelle die in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegt, sich dafür eingesetzt, dass sich das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz in einem EU-Gremium so positioniert, dass bei der Festsetzung von Einfuhrtoleranzen in Zukunft der sogenannte risikobasierte Ansatz zur Anwendung kommen soll und wenn ja, wie lautete diese Positionierung genau?
4. Haben Sie, Frau Bundesministerin, oder eine Ihrer nachgeordneten Dienststellen oder eine ausgelagerte Dienststelle, die in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegt, sich dafür eingesetzt, dass sich das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz in einem EU-Gremium so positioniert, dass Einfuhrtoleranzen in Zukunft nicht mehr nach dem Vorsorgeprinzip festgesetzt werden sollen und wenn ja, wie lautete diese Positionierung genau?
5. Welche Positionierungen haben Sie oder eine Ihrer nachgeordneten Dienststellen oder eine ausgelagerte Dienststelle, die in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegt, seit September 2018 zur EU-Pestizidverordnung Nr. 1107/2009 in europäischen Gremien vertreten?
6. Welche europäischen Gremien traten seit September 2018 zum Thema Einfuhrtoleranzen zusammen und welche Positionierung vertrat Österreich in der jeweiligen Sitzung bei diesem Thema?
7. Gab es am 18. bzw. 19. September 2018 oder/und am 26. bzw.27. November 2018 ein europäisches Gremium, das die Frage von Einfuhrtoleranzen für Cut- Off-Pestizide behandelte und welche Position Österreichs wurde dort vertreten?
8. Welche koordinierenden Sitzungen zwischen dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz fanden ab dem Jahr 2018 bis zum Ende der letzten Legislaturperiode mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus statt und welche Positionierungen zu Einfuhrtoleranzen vertraten das BMASGK bzw. das BMNT in diesen Sitzungen?
9. Welche Position vertreten Sie im Zusammenhang mit der Festsetzung von Einfuhrtoleranzen?