11904/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.07.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mario Lindner, Eva-Maria Holzleitner, BSc, Genossinnen und Genossen, an den Bundeskanzler

betreffend psychische Versorgung von Kindern und Jugendlichen - Folgeanfrage

Die Corona-Pandemie dauert auch im Sommer 2022 weiter an. Vor allem angesichts der anhaltend schwierigen Situation für Schulen und Ausbildungsstätten nimmt die Frage der psychosozialen Versorgung von Kindern und Jugendlichen immer größeren Stellenwert ein. Erst Ende 2021 zeigte eine Studie des Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit der Donau Uni Krems, wie rapide sich die Lage vieler junger Menschen in Österreich verschlimmert hat:

„Bei 62 Prozent der Mädchen und bei 38 Prozent der Burschen zeigte sich eine zumindest mittelgradige depressive Symptomatik. Rund ein Fünftel der Mädchen und 14 Prozent der Burschen leiden unter wiederkehrenden suizidalen Gedanken, d. h. sie denken entweder täglich oder an mehr als der Hälfte der Tage an Selbstmord.“[1] Gleichzeitig warnen die Studienautor*innen: „Die psychische Belastung ist besorgniserregend und die bisherigen Maßnahmen reichen hier ganz offensichtlich nicht.“ Zahlreiche andere Studien haben gerade in den vergangenen Monaten diese Ergebnisse bekräftigt.

Bereits im Sommer 2021 kündigte die Bundesregierung vor diesem Hintergrund ein Sonder­Investitionspaket von 13 Millionen Euro zur Bewältigung psychosozialer Probleme von Kindern und Jugendlichen an. In die Umsetzung trat dieses Paket leider erst viel zu spät, nämlich im Frühjahr 2022. Nach Meinung zahlreicher Expert*innen gehen die darin enthaltenen Maßnahmen aber keineswegs weit genug und es stehen bei weitem nicht ausreichende Budgetmittel bereit.

Wie schließlich im Februar 2022 verlautbart wurde, werden von den angekündigten 13 Millionen Euro insgesamt 12,2 Millionen Euro für das Projekt „Gesund aus der Krise“ zur Verfügung gestellt. Mit der Abwicklung der Sonderrichtlinie wird eine Abwicklungsstelle beauftragt werden, „die in der Lage ist, eine bundesweit zugängliche Erstanlaufstelle für Hilfesuchende einzurichten“. Die restlichen 800.000 Euro sollen an die Arbeitsgemeinschaft Frauengesundheitszentren gehen, um die psychologische und psychotherapeutische Behandlung für junge Mädchen und Frauen zu verbessern. Mehrere Monate nach Projektstart ist von den entsprechenden Umsetzungsschritten in der Öffentlichkeit bisher wenig zu vernehmen. Dahingehend wird die Frage aufgeworfen, inwieweit das Projekt erfolgreich gestartet ist und wie erfolgreich es bisher abgewickelt wird.

Zusätzlich stellt sich die Frage, inwieweit das Bundeskanzleramt und insbesondere die Staatssekretärin für Jugend sich in die Umsetzung dieses Paketes einbringt. Bei der Präsentation des Paketes betonte sie dazu: "Konkret werden wir im Bereich des Zugangs

zu psychotherapeutischen Therapieplätzen für junge Menschen bis 21 Jahre einen One- Stop-Shop schaffen, der von der Erstberatung bis zur tatsächlichen Therapie jungen Menschen hilft und bei dem sie sich weder um den Therapieplatz selbst, noch um eine Kostenerstattung umschauen müssen.“[2]

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie weit sind die, in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ angekündigten, Umsetzungsschritte bisher fortgeschritten?

2.    Wie viele Budgetmittel aus Ihrem Ressort werden für die Zielsetzungen dieses Maßnahmenpaketes bzw. zur Stärkung der psychosozialen Gesundheit junger Menschen insgesamt aufgewendet? Bitte um detaillierte Antwort.

3.    Wurde bereits eine Abwicklungsstelle beauftragt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, welche Stelle wurde beauftragt?

c.     Wenn ja, wie viele und welche Bewerber*innen gab es für diese Abwicklungsstelle?

d.    Wenn nein, wann wird diese Abwicklungsstelle beauftragt werden?

e.    Liegt die Entscheidung darüber bei der Projektsteuerungsgruppe?

4.    Wie viele der in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ anvisierten 15.000 Kontaktaufnahmen wurden bisher durchgeführt?

5.    Wie viele der in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ anvisierten 8.000 Clearings wurden bisher durchgeführt?

6.    Wie viele der in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ anvisierten 5.000 bis 7.600 Zuweisungen zu Behandlungen und Beratungen wurden bisher durchgeführt?

a.    Wie viele Betroffene wurden davon in ein fachärztliches Behandlungsverhältnis weitervermittelt?

7.    Erfolgt seitens des Projekts bzw. der Abwicklungsstelle eine Nachbetreuung bzw. Evaluierung für jene Kinder und Jugendlichen, die in Beratungs- oder Behandlungssettings weitervermittelt wurden?

a.    Wenn ja, wie ist dieser Prozess gestaltet?

b.   Wenn nein, warum erfolgt eine solche Nachbetreuung bzw. Evaluierung nicht?

8.    Wurde seit Projektstart bereits die, in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ vorgesehene, erste Zwischenevaluierung durchgeführt?

a.    Wenn ja, bitte schließen Sie die Ergebnisse Ihrer Anfragebeantwortung bei.

b.    Wenn nein, zu welchen konkreten Zeitpunkten werden diese Zwischenevaluierungen durchgeführt werden?

9.    Wie oft tagte die, durch die Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ eingerichtete Steuerungsgruppe seit ihrer Einrichtung?

a.    Welche Beschlüsse und Analysen wurden von der Steuerungsgruppe gefasst?

b. Wurde die Steuerungsgruppe um weitere Mitglieder erweitert?

10. Wie viele der, in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ angekündigten, „Sensibilisierungs-Workshops für Jugendarbeiter:innen“ wurden bisher durchgeführt?

a.    Wann sind weitere Workshops geplant?

b.    Wie viele Jugendarbeiter*innen haben bisher an diesen Angeboten teilgenommen?

c.     Wie viele Jugendarbeiter*innen sollen mit diesen Workshops insgesamt erreicht werden?

11. Wie viele Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen sind bisher Teil des Projektes? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland.

12. Werden aus Sicht Ihres Ressorts mit den in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ definierten Rahmenbedingungen ausreichend Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen zur Umsetzung der Projektziele erreicht?

a.    Wenn ja, wie viele Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen sind zur Umsetzung der Projektziele notwendig?

b.    Wenn nein, welche Schritte werden gesetzt, um weitere Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen für das Projekt zu gewinnen?

13. Ist die, in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ angekündigte, „erste Auszahlung an die Abwicklungsstelle“ bereits erfolgt?

a.    Wenn ja, in welcher Höhe?

b.    Wenn nein, wann wird diese erfolgen?

14. Welche Geldbeträge werden bei den, in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ avisierten, Auszahlungen Mitte Juli 2022 und Mitte November 2022 ausgezahlt werden?

a. Sind danach weitere Auszahlungen geplant? Bitte um detaillierte Antwort.

15. Wie wird die, in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ festgesetzte, „bundesweit zugängliche Erstanlaufstelle für Hilfesuchende“ durch die Abwicklungsstelle konkret umgesetzt?

16. Ist die medial angekündigte Hotline bereits eingerichtet?

a.    Wenn ja, unter welcher Nummer ist sie erreichbar?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.     Wenn nein, wann wird diese Hotline eingerichtet?

d.    Wird diese Hotline beworben? Wenn ja, wie?

17. Besteht die Möglichkeit, die Erstanlaufstelle, wie in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ angekündigt, auch via E-Mail und Chat zu erreichen?

a.    Wenn ja, bitte erläutern sie die Kontaktmöglichkeiten?

b.    Wenn nein, warum nicht?

18. Auf   welcher wissenschaftlichen Grundlage wurde das, in der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ definierte Wirkungsziel, „bis zu 7.600 Kindern und Jugendlichen“ zu helfen, definiert? Bitte erläutern Sie die wissenschaftlich­empirische Grundlage, die zur Festsetzung dieses Ziels führte.

19. Ist es aus jetziger Sicht realistisch, das Ziel einer Unterstützung von 7.600 Kindern und Jugendlichen durch das Projekt „Gesund aus der Krise“ vollständig zu erreichen?

20. Sind Schritte geplant, um den Wirkungszeitraum der Sonderrichtlinie „Gesund aus der Krise“ über den 30.6.2024 hinaus zu verlängern?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu angesichts der akuten und langfristigen psychischen Belastungen für viele junge Menschen keine Notwendigkeit?

21.  Wurden die angekündigten 800.000 Euro an die Arbeitsgemeinschaft Frauengesundheitszentren bereits ausgezahlt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn nein, warum noch nicht?

22.  Welchen konkreten Arbeitsauftrag hat die Arbeitsgemeinschaft Frauengesundheitszentren hinsichtlich der Verbesserung der psychischen Gesundheit junger Frauen erhalten?

a. Wie wird dieser Arbeitsauftrag evaluiert?

23.  Wie viele junge Frauen konnten aufgrund dieser Mittel durch die Arbeitsgemeinschaft Frauengesundheitszentren bereits betreut werden?

24.  Welche budgetären Mittel planen Sie im Jahr 2023 einzusetzen, um die aufgebauten Leistungen zur Verbesserung der psychosozialen Gesundheit junger Menschen weiterhin aufrechtzuerhalten?

25.  Welche konkreten Schritte wurden bisher im Jahr 2022 zu der in der parlamentarischen Anfragebeantwortung 9276/AB angekündigten verstärkten Förderung der Hotline „Rat auf Draht“ gesetzt? Bitte um detaillierte Antwort.

26.  Warum sehen Sie die Notwendigkeit, durch die neue Hotline im Zuge des Projekts „Gesund aus der Krise“, neben dem bewährten Modell von „Rat auf Draht“ eine Parallelstruktur aufzubauen?

27.  Welche konkreten Schritte wurden bisher im Jahr 2022 zu der in der parlamentarischen Anfragebeantwortung 9276/AB angekündigten verstärkten Förderung von Kriseninterventionszentren gesetzt? Bitte um detaillierte Antwort.

28.  Welche konkreten Schritte wurden bisher im Jahr 2022 zu der in der parlamentarischen Anfragebeantwortung 9276/AB angekündigten verstärkten Förderung eines Online-Suizidpräventionsangebotes für Kinder und Jugendliche gesetzt? Bitte um detaillierte Antwort.



[1] https://www.donau-uni.ac.at/de/aktuelles/news/2021/psychische-belastung-bei-jugendlichen-weiterhin-hoch.html

[2] https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/nachrichten-der-bundesregierung/2022/02/staatssekretaerin- plakolm-13-millionen-euro-fuer-die-psychosoziale-versorgung-von-jungen-menschen.html