11908/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.07.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Sicherstellung der notwendigen psychiatrischen Versorgung
Die Sicherstellung der psychosozialen Gesundheit weiter Bevölkerungsteile ist gerade angesichts der enormen Belastungen durch die Corona-Pandemie von enormer Bedeutung. Doch auch schon davor hatte Österreich, verglichen mit anderen EU-Ländern, noch großen Aufholbedarf in Bezug auf niederschwellige und flächendeckende psychosoziale Angebote. Eine besondere Bedeutung nimmt in diesem Kontext vor allem die Frage psychiatrischer, sowie kinder- und jugendpsychiatrischer Leistungen ein.
Das von der Bundesregierung groß vorgestellte 13 Mio. Euro Paket zur psychosozialen Versorgung junger Menschen setzt jedoch nur im psychologischen und psychotherapeutischen Bereich Schwerpunkte. Das kritisierte auch die Verbindungsstelle der Bundesländer beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung, die im April 2022 feststellte: „Es ist fahrlässig, dem Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie keinen einzigen Cent mehr zu geben.“
Die Landesgesundheitsreferent*innen-Konferenz fasste daher folgenden Beschluss:
„Die LandesgesundheitsreferentInnenkonferenz bekräftigt ihren Beschluss vom 21. Mai 2021 iZm der nachhaltigen Sicherstellung der Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (VSt-7653/6 vom 21.5.2022) und ersucht den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz um
· die sofortige Einbindung der Länder in die Pläne zur Verbesserung der psychosozialen Versorgung von Kindern- und Jugendlichen;
· deutlich mehr Mittel von Seiten des Bundes für die bereits etablierten Strukturen, um die schwierige Situation für Kinder und Jugendliche meistern zu können;
· einen massiven Ausbau an niedergelassenen Kinder- und JugendpsychiaterInnen mit Kassenverträgen;
· die bundesweite Forcierung von multiprofessionelle Ambulatorien im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie;
· PsychologInnen für jeden Schulstandort mit durchgehender Anwesenheit, um SchülerInnen nachhaltig betreuen zu können und präventiv tätig zu werden;
· einen drastischen Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie, im Besonderen der ambulanten Kinder- und Jugendpsychiatrie, und die langfristige Sicherstellung aller psychosozialen Behandlungsmöglichkeiten wie etwa Home-Treatment.“
Auch die Volksanwaltschaft forderte erst vor wenigen Tagen im Zuge der Präsentation der Ergebnisse einer schwerpunkmößigen Überprüfung der menschenrechtlichen Situation an den Psychiatrien unter anderem die Erleichterung der „Sonderausbildung in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege (...) durch variable Ausbildungsverfahren“, sowie insbesondere die „Ausweitung des Ausbildungsschlüssels (zum) Ausbau der stationären Kapazitäten“. Diese und andere Berichte zeugen davon, dass die schon bisher unternommenen Schritte im Bereich des Ausbildungsschlüssels bei weitem noch nicht ausreichen, um die vorhandenen Herausforderungen zu bewältigen. So forderte die Volksanwaltschaft folglich auch: „Zur Beseitigen des Fachärztemangels sind intensive Anstrengungen zur Rekrutierung und eine Attraktivierung der Rahmenbedingungen erforderlich.“
All das unterstreicht, wie wichtig ein umfassendes, koordiniertes Vorgehen der Bundesregierung vor allem in der Frage des Fachärzt*innenmangels in der Psychiatrie, sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist. Die Bundesregierung ist gefordert, rasch Ressourcen und Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, die das medizinische Personal in diesem Feld stärkt und unterstützt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:
1. Welche konkreten weiteren Schritte planen Sie zur Beseitigung des Fachärzt*innenmangels in der Psychiatrie, sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie?
2. Welche konkreten weiteren Schritte planen Sie zur Attraktivierung der Sonderausbildung in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege?
3. Planen Sie eine weitere Novelle der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung, um den Ausbildungsschlüssel in der Psychiatrie, sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie wirksam zu verändern, so wie von vielen Expert*innen gefordert?
a. Wenn ja, wann soll diese Novelle umgesetzt werden?
b. Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.
4. In der Anfragebeantwortung 9276/AB gab Ihr Ressort an, dass durch die letzte Novelle der ÄAO 2015 und den generellen Ausbildungsschlüssel 1:2 „Versorgungsengpässe im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie verringert werden sollen“: Wann werden durch diese Maßnahme - angesichts unbesetzter Stellen, sowie der langen Ausbildungszeit - ausreichend ausgebildete Psychiater*innen, sowie Kinder- und Jugendpsychiater*innen vorhanden sein, um bestehende Versorgungsengpässe zu verhindern?
5. Wie viele Personen befinden sich momentan in der Ausbildung zum*zur Psychiater*in bzw. zum*zur Kinder- und Jugendpsychiater*in?
6. Wie viele kassenfinanzierte Stellen für Psychiater*innen bzw. Kinder- und Jugendpsychiater*innen müssen laut Ansicht Ihres Ressorts besetzt werden, um bestehende Versorgungsengpässe zu beseitigen?
7. Wie lange dauert die Ausbildung zum*zur Psychiater*in bzw. zum*zur Kinder- und Jugendpsychiater*in nach einem abgeschlossenem Medizinstudium?
8. In der Anfragebeantwortung 9276/AB gab Ihr Ressort an, dass „aktuelle Bedarfsentwicklungen im stationären Bereich (...) engmaschig monitiert (werden), um auf allfällige, auch durch die Pandemie entstandene, zusätzliche Nachfrage reagieren zu können“: Welche konkreten Ergebnisse hat dieses Monitoring seit 2020 ergeben und welche Schlüsse zieht Ihr Ressort daraus?
a. Von welcher Stelle wird dieses Monitoring betrieben?
b. Inwieweit sind Vertreter*innen der Bundesländer in dieses Monitoring eingebunden?
9. In der Anfragebeantwortung 9276/AB gab Ihr Ressort an, dass „im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie der weitere Ausbau vorangetrieben“ wird: Welche konkreten Schritte wurden, abseits der ÄAO 2015 Novelle, seit 2020 gesetzt?
a. Welche zusätzlichen Mittel wurden seit 2020 in diesem Bereich investiert?
10. In der Anfragebeantwortung 9276/AB gab Ihr Ressort an, dass es geplant sei „regionale kinder- und jugendpsychiatrische Netzwerke unter Einbeziehung aller Anbieterstrukturen zu erreichen“: Welche konkreten Schritte wurden dazu seit 2020 gesetzt?
11. Wie reagiert Ihr Ressort konkret auf die Forderung der LandesgesundheitsreferentInnenkonferenz nach einem „massiven Ausbau an niedergelassenen Kinder- und JugendpsychiaterInnen mit Kassenverträgen“?
a. Welche konkreten Schritte sind dahingehend geplant?
b. Welche zusätzlichen Budgetmittel sollen dahingehend eingesetzt werden?
12. Wie reagiert Ihr Ressort konkret auf die Forderung der LandesgesundheitsreferentInnenkonferenz nach einer „bundesweite(n) Forcierung von multiprofessionelle Ambulatorien im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie“?
a. Welche konkreten Schritte sind dahingehend geplant?
b. Welche zusätzlichen Budgetmittel sollen dahingehend eingesetzt werden?
13. Wie reagiert Ihr Ressort konkret auf die Forderung der LandesgesundheitsreferentInnenkonferenz nach einem „drastischen Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie, im Besonderen der ambulanten Kinder- und
Jugendpsychiatrie, und die langfristige Sicherstellung aller psychosozialen Behandlungsmöglichkeiten wie etwa Home-Treatment“?
a. Welche konkreten Schritte sind dahingehend geplant?
b. Welche zusätzlichen Budgetmittel sollen dahingehend eingesetzt werden?
14. Welche zusätzlichen Schritte plant Ihr Ressort zur Verbesserung der psychiatrischen, sowie kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung in Österreich?
15. Sind insbesondere Anwerbeoffensiven, beispielsweise um Psychiater*innen aus Deutschland für Stellen in Österreich zu gewinnen, geplant?
a. Wenn ja, welche konkreten Schritte sind geplant?
b. Wenn nein, warum sehen Sie dazu angesichts der akuten Lage keine Notwendigkeit?
16. Welche zusätzlichen Budgetmittel müssen im nächsten Bundesbudget verankert werden, um den Fachärzt*innen-Mangel im Bereich der Psychiatrie, sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie wirksam zu überwinden?