11913/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.07.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,
an den Bundeskanzler

betreffend Schutz unserer Ehrenamtlichen

Die 3,5 Millionen Menschen, die sich in unserem Land ehrenamtlich engagieren, leisten einen enormen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt und solidarischen Funktionieren unserer Gesellschaft. Viele von ihnen, gerade jene in den ehrenamtlichen Blaulichtorganisationen, haben darüber hinaus in den vergangenen Jahren unermüdlich dafür gesorgt, dass wir gemeinsam die Folgen der Corona- Pandemie bewältigen können.

Gerade jetzt aber liegt es an der Politik, sie alle in dieser wichtigen Arbeit zu unterstützen. Eine neue Umfrage der Zivilschutzagenda zeigte im Juli deutliche Verschlechterungen in den Arbeitsbedingungen für Ehrenamtliche auf. Persönliche Attacken und tätliche Angriffe stehen in Folge der Pandemie für viele von ihnen auf der Tagesordnung:

„Demnach verspürten 55 Prozent Verschlechterungen in der Pandemie, fast die Hälfte machte Erfahrungen mit - meist verbalen - Attacken. Jeder Vierte (25 Prozent) wurde gar persönlich im Dienst angegriffen, bei Sanitätern liegt der Wert mit fast einem Drittel noch höher. Die Motivation sinkt: 40 Prozent dachten über eine Reduktion oder Beendigung ihres Engagements nach.“[1]

Die Zivilschutzagenda fasste ihre konkreten Ergebnisse wie folgt zusammen:

       „Trotz Mehrbelastung wollen zwei Drittel der ehrenamtlichen Einsatzkräfte ihr Engagement zukünftig im gleichen Ausmaß beibehalten - 20 Prozent sogar intensivieren.

       Gefährdungs- bzw. Risikopotenzial bei Dienstausübung und Aggressionspotenzial innerhalb der Bevölkerung hat während der Pandemie deutlich zugenommen.

       Um Österreichs einzigartiges Ehrenamtssystem weiterhin auf einem Spitzenniveau zu halten, müssen die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden.“[2]

Angesichts dieser Entwicklungen braucht es ein entschiedenes politisches Vorgehen zum Schutz unserer Ehrenamtlichen. Insbesondere das Bundesministerium für Inneres ist gefordert, jeden Hebel in Bewegung zu setzen, um jene Menschen zu unterstützen, die mit ihrem ehrenamtlichen Engagement unsere Gesellschaft am Laufenden halten.

Herausforderungen für ehrenamtliches Engagement sind in Österreich aber nichts neues. Schon im Jahr 2019 forderten Ehrenamtlichen Netzwerke von der künftigen Bundesregierung konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitsumfeldes eingefordert:

1.    „Flächendeckender Ausbau der Freiwilligen-Infrastruktur nach dem Beispiel von OÖ und Tirol (Freiwilligenzentren, um besonders interessierte junge und ältere Menschen über Engagement-Möglichkeiten zu informieren und das Engagement zu fördern).

2.    Qualifizierungsinitiative für Freiwillige und Einführung eines Gütesiegels für Freiwilligenorganisationen.

3.    Bundesweiter Freiwilligennachweis, um die Anerkennung von im freiwilligen Engagement erworbenen Kompetenzen zu gewährleisten.

4.    Versicherungsschutz für alle Freiwilligen - einheitliche Unfall- und Haftpflichtversicherung auf Bundesebene und für alle ehrenamtlichen Tätigkeiten (derzeit unterschiedlich nach Bundesländern und Sektoren geregelt).

5.    Klare gesetzliche Abgrenzung des Ehrenamts und der Freiwilligenarbeit von der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.“[3]

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Welche konkreten Schlüsse ziehen Sie aus der gegenständliche Erhebung der Zivilschutzagenda?

2.    Welche Bundesministerien übernehmen hinsichtlich der Unterstützung von Ehrenamtlichen welche Aufgaben?

3.    Wem obliegt innerhalb der Bundesregierung die Koordinierungsfunktion für die Unterstützung ehrenamtlichen Engagements?

4.    Plant die Bundesregierung im Zuge der laufenden Legislaturperiode Maßnahmen zum flächendeckenden Ausbau der Freiwilligen-Infrastruktur, beispielsweise durch die koordinierte Förderung von Freiwilligen-Zentren?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen sind konkret geplant und wann sollen diese umgesetzt werden?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

5.    Plant die Bundesregierung im Zuge der laufenden Legislaturperiode Maßnahmen einer Qualifizierungsinitiative für Freiwillige und zur Einführung eines Gütesiegels für Freiwilligenorganisationen?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen sind konkret geplant und wann sollen diese umgesetzt werden?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

6.    Plant die Bundesregierung im Zuge der laufenden Legislaturperiode Maßnahmen zur Einführung eines bundesweiten Freiwilligen-Nachweises?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen sind konkret geplant und wann sollen diese umgesetzt werden?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

7.    Plant die Bundesregierung im Zuge der laufenden Legislaturperiode Maßnahmen zur Sicherstellung eines einheitlichen Versicherungsschutzes für alle Freiwilligen, inkl. einheitlicher Unfall- und Haftpflichtversicherung auf Bundesebene und für alle ehrenamtlichen Tätigkeiten?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen sind konkret geplant und wann sollen diese umgesetzt werden?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

8.    Sind seitens der Bundesregierung im Zuge der laufenden Legislaturperiode Maßnahmen zur klaren gesetzlichen Abgrenzung des Ehrenamts und der Freiwilligenarbeit von der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung geplant?

a.    Wenn ja, welche Maßnahmen sind konkret geplant und wann sollen diese umgesetzt werden?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

9.    Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung darüber hinaus, um freiwilliges und ehrenamtliches Engagement zu fördern und welche budgetären Mittel werden dafür zur Verfügung gestellt?



[1]  https://www.krone.at/2752604

[2]  https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220705_OTS0066/studie-zum-ehrenamt-in- oesterreich-belastungen-fuer-freiwillige-durch-pandemie-deutlich-gestiegen

[3]  https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190910_OTS0030/ehrenamt-in-oesterreich- zukuenftige-bundesregierung-gefordert