11917/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.07.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Vorbereitung auf Gaslieferstopp: treffsichere Hilfsinstrumente?

 

COVID-Hilfen: Vielen Fehler, aus denen es zu lernen gilt!

Mit Stand Ende Juni 2022 wurden 45,5 Mrd. Euro an Covid-Hilfen ausgegeben. Während vonseiten der Bundesregierung stets hervorgehoben wird, im Vergleich mit anderen Ländern am meisten ausgegeben zu haben, kommen von Anfang der Pandemie bis zum heutigen Tag laufend Berichte auf, die auf gravierende Fehler in der Konstruktion bzw. Abwicklung der Wirtschaftshilfen hinweisen. Zahlreiche Instrumente wurden präsentiert, Bedenken von Wirtschaftsexperten, Unternehmen und Opposition konsequent ignoriert. Deutliche Kritik kam auch vonseiten des Rechnungshofs. Die mangelhafte Vorbereitung der Bundesregierung wird klar, wenn der Rechnungshof festhält, dass der überwiegende Teil der Gesetze im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie aufgrund von Initiativanträgen von Abgeordneten beschlossen wurden. Die Empfehlung der Einbindung des Verfassungsdienstes zur Sicherstellung der Qualität der Normerzeugung spricht ebenfalls eine deutliche Sprache hinsichtlich des legistischen Verbesserungspotenzials. Bei der Kurzarbeit sieht der Rechnungshof Optimierungsbedarf bei Konzepten zur Aufdeckung von möglichem Missbrauch sowie der Plausibilisierung der zentralen Fördervoraussetzung der vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Beim Härtefallfonds wurde u.a. die grundsätzliche Funktionsweise der Förderung, das Fehlen einer klaren und konsistenten Beschreibung des Förderziels, die Anwenderfreundlichkeit sowie die interne Evaluierung bemängelt. Beim NPO-Fonds wurde so schnell ausgezahlt, dass sogar an offensichtlich nicht Antragsberechtigte, wie z.B. politische Parteien, Geld ausgezahlt wurde. Die ex post Kontrolle ist so lasch ausgestaltet, dass diese Umstände erst nach einer parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Katharina Werner bekannt wurden. Auf die Abwicklung der zahlreichen Wirtschaftshilfen über die Blackbox COFAG mussten viele Unternehmen wiederum lange warten. Ein improvisierter Umsatzersatz führte zu Überförderung. Der Umsatzersatz 2 war so komplex, dass ihn fast niemand beantragt hat. Der Fixkostenzuschuss 800.000 war wiederum sehr kompliziert und beispielsweise bei der Schadenminderungspflicht so undeutlich, dass zahlreiche Gerichtsverfahren die Folge waren. Schließlich wurde der Ausfallsbonus so undifferenziert konzipiert, dass sogar von der Wirtschaftskrise nicht betroffene Branchen Millionen an Steuergeldern abrufen konnten.

Vorbereitung auf Gaslieferstopp: rasche und zielgerichtete Hilfen über das Finanzamt entwerfen! 

Die verringerten Gaslieferungen aus Russland geben Grund zur Sorge, dass es in den kommenden Wochen bzw. Monaten zu einem völligen Lieferstopp kommen könnte. In diesem Fall würde das Energielenkungsgesetz zur Anwendung gelangen und zahlreiche Betriebe könnten nur noch mehr eingeschränkt oder gar nicht mehr produzieren. Dies wäre mit massiven negativen Folgen für die österreichische Wirtschaft verbunden. Es ist daher notwendig, jetzt die geeigneten Hilfsinstrumente für einen solchen Fall vorzubereiten und dabei aus den zahlreichen Fehlern bei den Covid-Wirtschaftshilfen dazuzulernen und die Empfehlungen des Rechnungshofes zu berücksichtigen. Es sollte vermieden werden, dass Instrumente in letzter Minute zusammengeschustert werden, mit unklaren Richtlinien und nicht funktionierenden Abwicklungsmechanismen - oder mit den diplomatischen Worten des Rechnungshofs: "Der RH regte gegenüber dem Finanzministerium und dem Wirtschaftsministerium an, im Vorfeld einer allfälligen Neueinführung von ressortübergreifenden Förderinstrumenten die Zuständigkeiten der mit der Konzeption und Umsetzung befassten Ministerien hinsichtlich der fachlichen Expertise kritisch zu beurteilen."

(Hinsichtlich des Umfangs des Interpellationsrechts darf auf die Ausführungen des RLW-Dienstes des Parlaments vom 27.6.2022 verwiesen werden.)

Quellen:

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Besteht ein Zeitplan für die kommenden Monate hinsichtlich einer Erarbeitung von Hilfsinstrumente für den Fall eines Gaslieferstopps?
    1. Wenn ja: Wie sieht dieser konkret aus?
    2. Wenn ja: Welche Abteilungen des BMF sind eingebunden?
    3. Wenn ja: Welche anderen Bundesministerien sind eingebunden?
    4. Wenn ja: Welche Stakeholder sind eingebunden?
    5. Wenn nein: Warum nicht?
  1. Welche Hilfsinstrumente für den Fall eines Gaslieferstopps werden aktuell vorbereitet? Bitte unterschiedliche Instrumente samt Ziel, Adressatenkreis, Stand der Vorbereitung und involvierte Bundesministerien bzw. Stakeholder angeben.
    1. Wann wurde mit den Vorbereitungsarbeiten begonnen? 
    2. Inwiefern wurden die Empfehlungen des Rechnungshofes berücksichtigt?
    3. Inwiefern wurde der Verfassungsdienst bei den Vorbereitungen eingebunden?
    4. Wenn keine Vorbereitungen laufen: Warum werden keine Vorbereitungsschritte gesetzt?
  1. Förderkriterien bei Hilfsinstrumente für den Fall eines Gaslieferstopps: 
    1. Welche Kriterien werden für die Höhe der Hilfe herangezogen? Bitte einzelne Kriterien samt Gewichtung und Begründung darlegen.
    2. Welche Kriterien werden für Auswahl an förderberechtigten Branchen herangezogen? Bitte einzelne Kriterien samt Gewichtung und Begründung darlegen.
    3. Inwiefern wurde die Energieintensität von Branchen berücksichtigt?
    4. Inwiefern wurde Lenkungsmaßnahmen nach dem Energielenkungsgesetz berücksichtigt? 
  1. Welche Erkenntnisse aus der Covid-Krise wurden genutzt, um die Treffsicherheit zu erhöhen?
  2. Welche Lehren wurden gezogen, die zu Anpassungen von Hilfsinstrumenten geführt haben?
  3. Sollen Finanzämter direkt mit der Abwicklungen künftiger Hilfsinstrumenten befasst werden, um Transparenz, Effizienz und Rechtssicherheit sicherzustellen?
  4. Werden Gespräche mit der COFAG bzgl. einer möglichen Übernahme der Abwicklung von Hilfsinstrumenten im Zusammenhang mit den Folgen eines Gaslieferstopps geführt?
    1. Wenn ja: Warum hat man aus der Krise nicht gelernt und riskiert lange und undurchsichtige Verfahren?
    2. Wenn ja: Welche sachlichen Gründe sprechen für die Abwicklung neuer Wirtschaftshilfen über die intransparente und ineffiziente COFAG?
    3. Wenn nein: Wird eine Befassung der COFAG mit der Abwicklung von Hilfsinstrumenten im Zusammenhang mit den Folgen eines Gaslieferstopps ausgeschlossen?
  1. Werden Gespräche mit der Austria Wirtschaftsservice GmbH oder anderen Förderabwicklungsstellen bzgl. einer möglichen Übernahme der Abwicklung von Hilfsinstrumenten im Zusammenhang mit den Folgen eines Gaslieferstopps geführt?
    1. Wenn ja: Mit welchen Förderabwicklungsstellen werden Gespräche geführt und wie ist der Stand?