11993/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.08.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Ukraine-"Seminar" in der LPD Wien

 

Am 2. August 2022 wurde durch Artikel im Standard und in der Presse bekannt, dass in der LPD Wien Ende Juni ein Ukraine-"Seminar" stattfand, welches von russischen Aktivist_innen vorgetragen wurde. Der Titel: "Ukraine - Im Fokus unterschiedlicher Perspektiven". Drei der Vortragenden entstammten dem "Koordinationsrat der Organisation russischer Landsleute" (KSORS), bei einem weiteren Vortragenden handelte es sich um den Wiener Slawisten Alois Woldan. Der KSORS ist für seine Kremel-loyale Haltung bekannt, weshalb es fraglich ist, ob mit Vertreter_innen dieses Rates ein reflektierter und mit der nötigen äquidistanz gehaltener Vortrag möglich ist. Auch wurden keine (Fach-)Vortragenden eingeladen, um Äußerungen der KSORS-Vortragenden (beispielsweise zu historischen Äußerungen) in einen (kritischen) Kontext zu setzen. Ausschnitte des Seminars sind bereits auf Facebook abrufbar und belegen den hier geäußerten Verdacht. Gleich zu Beginn wird festgehalten, dass mit dieser Veranstaltung versucht wird, "die vielleicht etwas einseitig laufende Informationsgeschichte über die Ukraine-Russland-Krise ein bisschen zu hinterfragen".

Ein Sprecher der Wiener Polizei erklärte gegenüber der APA, dass "die Landespolizeidirektion Wien und auch das Bundesministerium für Inneres sich von den veröffentlichten subjektiven Darstellungen und Meinungen distanzieren" und, dass es dabei lediglich "um eine subjektive Veranschaulichung einzelner Teilnehmer der Veranstaltung" gehandelt habe, die nicht den Standpunkt der Behörde wiedergäben (https://wien.orf.at/stories/3167437/). Eine Distanzierung im Nachhinein wirkt reichlich spät, denn es stellt sich die Frage, warum die LPD Wien überhaupt den Raum für unreflektiert vorgetragene Putin-Propaganda geboten hat. Als Arbeitgeber sind sowohl die Landespolizeidirektionen als auch das BMI in Verantwortung auszuwählen wer vor Beamt_innen Vorträge halten darf. In Anbetracht der wichtigen Aufgabe unserer Polizei gegenüber der Gesellschaft, dem Rechtsstaat und der Demokratie ist es alarmierend dass Exekutivbeamt_innen damit kremeltreue Rechtfertigungen für einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen einen demokratischen Rechtsstaat unter Begehung von Kriegsverbrechen Raum gegeben wird (https://www.facebook.com/watch/?extid=CL-UNK-UNK-UNK-AN_GK0T-GK1C-GK2C&v=1696297327395983).

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche Abteilung der LPD Wien veranstaltete das "Seminar"?
    1. Welche Kosten entstanden welchen Abteilungen dazu?
    2. Welche Kosten entstanden daher insgesamt? 
  1. Wer hatte die Idee zu dem "Seminar" und holte bei wem dazu wann die Genehmigung in welcher Form ein?
  2. Wer genehmigte daher das "Seminar" an sich wann?
    1. Welche Stellen waren in welcher Weise in den Entscheidungs- bzw. Freigabeprozess eingebunden?
  1. Was war Ziel des "Seminars"?
  2. Inwiefern wurde dieses erreicht (bitte um ausführliche Begründung)?
    1. Inwiefern wurde mit dem "Seminar" die Kommunikation zwischen gesellschaftlichen Gruppen unterstützt, so wie dies als Rechtfertigung auf orf.at zu lesen war?
  1. Inwiefern wurde erreicht, dass die Teilnehmer_innen durchwegs faktenbasierte Informationen in Kohärenz mit dem Regelwerk und den Prinzipien des Völkerrechts erhalten?  
  2. Wer steuerte Ideen zu den Vortragenden im "Seminar" bei und holte bei wem dazu wann die Genehmigung in welcher Form ein?
  3. Wer genehmigte daher die Liste an Vortragenden im "Seminar" wann?
    1. Welche Stellen im BMI waren in welcher Weise in den Entscheidungs- bzw. Freigabeprozess eingebunden?
  1. War die russische Botschaft in die Gestaltung des "Seminars", insbesondere in die Auswahl der Vortragenden, eingebunden?
    1. Wenn ja, inwiefern wann bzgl. welcher Vortragender?
  1. Wer waren letztendlich die Vortragenden des "Seminars" (bitte um Nennung aller externer und interner Vortragenden)?
  2. Aufgrund welcher Expertise wurden diese Personen jeweils ausgewählt (bitte um Erklärung pro Person en detail)?
  3. Wer ist für die Einladungspolitik für das besagte "Seminar" verantwortlich?
    1. Wer genehmigte die Einladung von Vertretern des "Koordinationsrat der Organisation russischer Landsleute" (KSORS)?

                                          i.    Flossen an die Vortragenden des KSORS finanzielle Mittel (z.B. in Form von Aufwandsentschädigungen)?

1.    Wenn ja, inwiefern wann und in welcher Höhe? 

    1. Welche Vortragenden spiegelten (in der vermeintlichen Logik der LPD Wien) die ukrainische Sicht bzw. jene von westlichen Demokratien wider?
    2. Welche Vortragenden waren Historiker_innen bzw. Völkerrechtler_innen und konnten die getätigten Meinungen in einen seriösen Kontext setzen?
  1. An wen genau richtete sich das "Seminar"? Wen war es das Ziel als TeilnehmerInnen zu haben? 
  2. Wer nahm letztlich teil und wie viele Personen waren es gesamt (bitte um Nennung von Anzahl sowie jeweils von Position der/des TeilnehmerIn)?
  3. Hat sich ein/e Teilnehmer_in oder mehrere kritisch gegenüber den Vortragenden geäußert?
    1. Wenn ja, hat sich an dessen/deren Arbeitssituation etwas danach verschlechtert?
    2. Wenn ja, was wodurch inwiefern wann? 
  1. War bzw. ist das "Seminar" im Intranet der Polizei abrufbar?
    1. Wenn ja, bis wann jeweils mit welcher Erklärung?
  1. Hat der "Koordinationsrat der Organisation russischer Landsleute" (KSORS) abseits des hier thematisierten "Seminars" auch andere/weitere Vorträge, Inputs o.ä. in LPDs oder im BMI abhalten dürfen?
    1. Wenn ja, wann, mit welchem Inhalt und für welche Abteilungen?
    2. Wenn ja, wer waren die Vortragenden?
    3. Wenn ja, flossen an die Vortragenden des KSORS finanzielle Mittel?

                                          i.    Wenn ja, wieviel?

  1. Haben andere in der Antwort zu Frage 9 genannte Personen abseits des hier thematisierten "Seminars" auch andere/weitere Vorträge, Inputs o.ä. in LPDs oder im BMI abhalten dürfen?
    1. Wenn ja, wann, mit welchem Inhalt und für welche Abteilungen?
    2. Wenn ja, wer waren die Vortragenden?
    3. Wenn ja, flossen an die Vortragenden finanzielle Mittel?

                                          i.    Wenn ja, wieviel?

  1. Laut orf.at hat das "Seminar" im Rahmen des Projekts "Sicherheit und Polizei" stattgefunden. Welche weiteren Vorträge finden bzw. fanden im Rahmen dieses Projekts statt?
    1. Welche Vortragenden sprachen dort jeweils zu welchem Inhalt wann?
  1. Kam es nach dem "Seminar" zu Konsequenzen für in Entscheidungen über das "Seminar" an sich bzw. dessen Ausgestaltung eingebundene Personen?
    1. Wenn ja, wann inwiefern für wen (Nennung der Position) aufgrund der Entscheidung durch wen?
    2. Wenn ja, warum?
    3. Wenn nein, warum nicht?