11994/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.08.2022
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Anfrage

 

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Medikamentenversand in Österreich

 

Die vergangenen Jahrzehnte haben große Umbrüche im Handel gebracht und Online- und Versandhandel sind in den letzten zwanzig Jahren von einer Seltenheit zum Alltag für einen Großteil der Menschen geworden. Wie üblich beschränken sich solche Änderungen aber nicht einfach auf einzelne Branchen, sondern drängen sich überall in den Alltag - mal mehr, mal weniger gewollt und/oder kontrolliert. So beispielsweise bei Medikamenten. Für viele Menschen sind Medikamente nicht nur im Krankheitsfall lebensrettend, sondern verordnungsfreie Präparate werden für viele im Krankheitsfall oder auch präventiv regelmäßig eingenommen. Eben dieser Markt ist mittlerweile schon seit Langem über den Onlinehandel verfügbar und drängt auch schon länger darauf, ebenso rezeptpflichtige Medikamente verkaufen und versenden zu dürfen (1). 

Spätestens im Fall einer Krankheit, bei Fieber und bestehenden Symptomen ist dies auch leicht nachvollziehbar, immerhin geht wohl kaum ein_e Patient_In gerne in die Arztpraxis, anschließend zur Apotheke, und kann sich erst dann wieder dem Genesungsprozess widmen. Eben aus diesem Grund und der bestehenden Covid-Ausnahmeregelung wurde mit Beginn der Pandemie die Argumentation noch weiter angepasst: Automatisch versandte Rezepte dürften keinen Besuch der Apotheke verlangen, sondern auch die Medikamente selbst sollten - wie die Rezepte - zu Patient_Innen kommen (2). Zu diesem Zeitpunkt hat die Apothekerkammer ihren Protektionismus noch spielen lassen und auf die dringende Notwendigkeit des Gesprächs mit Patient_Innen gepocht. Die Praxis hat die Theorie aber überholt und mittlerweile gibt es immer wieder Erfahrungsberichte, dass auch rezeptpflichtige Medikamente per Fahrradkurier verschickt werden - wenn die Apotheke Patient_Innen kennt und ein gültiges E-Rezept vorliegt (3). Mit anderer Abwicklung, aber dem gleichen Nutzen in der Patientenwahrnehmung wurden auch offizielle Pilotprojekte mit Covid-Medikamenten gestartet, deren Auslieferung die Stadt Wien koordiniert (4).

Unklar ist aber, in welchem Ausmaß und wie genau dies funktioniert. Denn grundsätzlich wurde die Nutzung von sogenannten Fernrezepten durch Pandemiebestimmungen erlaubt, nunmehr dürfen nur Apotheken, die keine ausreichende technische Infrastruktur für das Auslesen von e-cards besitzen, E-Rezepte nutzen. Ein Grund für diese Handhabung dürfte eine Umstellung der e-card-Lesegeräte sein, wodurch in Apotheken ein Mangel entsteht. Wer in seiner Apotheke ein altes Gerät hat, kann nunmehr bis zu einer Umrüstung Fernrezepte nutzen, was einen absurden Widerspruch darstellt - da so eine ältere Infrastruktur in der Praxis zu einem größeren Vorteil für Patient_Innen führt. Ebenso unklar ist, wie bei neueren Geräten 'ausreichende Infrastruktur' definiert wird. Immerhin gibt es wohl kaum eine Formel, für welches Kundenaufkommen diese berechnet wird. Genügt für jede Apotheke ein Gerät und genügt dieses auch, wenn zwanzig Patienten auf ihre Medikamente warten? Oder dürfte in diesem Fall zur Beschleunigung der Abwicklung auf Fernrezepte zurückgegriffen werden? Und wie sollen Apotheken ihren Kunden erklären, dass bei einer vollen Apotheke auch von einem Wahlarzt ein elektronisches Rezept und damit ein Anruf beim Arzt genügt und in einer leeren Apotheke ein physisches Rezept gebracht werden muss?


Ebenso unklar ist in weiterer Folge, ob und wie Medikamente weiterhin beispielsweise per Fahrradkurier zu Patient_Innen gelangen können. Müsste eine Apotheke ein E-Rezept während großen Ansturms abrufen und könnten Arzneimittel in dieser Situation übergeben werden, oder könnte ein derartiger Versand eigens geregelt werden? Da die gesetzliche Handhabung besonders durch die Pandemie immer wieder ausgehebelt wurde und die Praxis oftmals anders gehandhabt wird, zeigt sich also ein großes Informationsdefizit. Im Sinne der Patient_Innen sollte allerdings auch in solchen Bereichen der Versuch gestartet werden, potenzielle Daten zu Ausstellung und Abruf von E-Rezepten zu sammeln und die Potenziale von vereinfachter Medikamentenabgabe zu messen.

 

  1. https://kurier.at/wirtschaft/online-apotheken-wollen-auch-rezeptpflichtige-arzneien-liefern/400832972
  2. https://www.derstandard.at/story/2000116357460/online-apotheken-im-kampf-um-rezeptpflichtige-medikamente
  3. https://stern-apo.at/service/lieferservice/
  4. https://www.krone.at/2613154

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie viele Apotheken gibt es in Österreich? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland inklusive Zahl der Versicherten)
  2. Wie viele Apotheken in Österreich haben bereits neue e-card-Lesegeräte? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland inklusive Angabe, in wie vielen Apotheken mehr als ein Gerät zur Verfügung haben)
    1. Bis wann sollen alle Apotheken in Österreich mit neuen Lesegeräten ausgestattet sein?
  1. Wie viele E-Rezepte wurden seit 2020 ausgestellt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Monat und Bundesland)
  2. Bei wie vielen E-Rezepten ist nachvollziehbar, dass diese ohne einen Besuch in einer Arztpraxis ausgestellt wurden? (Bitte um Aufschlüsselung je Monat und Bundesland)
  3. Gibt es eine Möglichkeit, zu erheben, ob rezeptpflichtige Arzneimittel nach Nutzung eines E-Rezeptes ohne direkten Kundenkontakt zu Patient_Innen gelangten?
    1. Falls ja: Wie viele E-Rezepte wurden eingelöst, wie viele wurden an von Patient_Innen bevollmächtigte Personen abgegeben und für wie viele E-Rezepte wurden Arzneimittel an Patient_Innen versendet?
  1. Welche Bestrebungen gibt es, im Gesundheitstelematikgesetz abgestimmte Änderungen zu Abwicklung von E-Rezept und E-Medikation vorzunehmen, um auch den Versand von Arzneimitteln zu erlauben?