12022/J XXVII. GP
Eingelangt am 10.08.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Folge-Folgeanfrage: Reform des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK)
Mag. Dr. Otto Kerbl übernahm am 1.7.2020 interimistisch die
Leitung des BAK. Erst zwei Jahre später kam es zur Ausschreibung: im
März 2022 gab es für den renommierten und gut dotierten Posten zwei
Bewerber. Am 13. Juli 2022 erschien Kerbl nach 2-jähriger Tätigkeit
als interimistischer Leiter als Auskunftsperson im
ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss und glänzte mit
Wissenslücken und mangelndem Überblick über seine Behörde.
So konnte er beispielsweise nicht beantworten, ob das BAK mit dem
Bundeskriminalamt zusammenarbeitet. Dennoch, mit 1.8.2022 wurde Kerbl schließlich
offiziell zum Leiter der Korruptionsbehörde bestellt.
Doch auch die Evaluierung des BAK, welche
ursprünglich ab Spätherbst 2020 angekündigt wurde (siehe dazu
die Anfragebeantwortung 2943/AB), ist weiterhin ausständig. Zwei
Anfragebeantwortungen haben bereits gezeigt, dass ein Ende der seit über
zwei Jahren andauernden Evaluierung der Behörde nicht in Sicht ist bzw.
laufend verschoben wird. Die Evaluierung der Korruptionsbehörde wird von
Franz Eigner, dem Landespolizeivizepräsident der LPD Wien, geleitet.
Ausgerechnet jene Person, die selbst im Verdacht der Postenkorruption steht
(siehe z.B. Der Standard: "Rote bleiben Gsindl": Mikl-Leitners Unmut
und Sobotkas Interventionsliste). Die Personalsituation stellt sich ebenfalls
seit über zwei Jahren als äußerst dürftig dar
und das trotz andauern neu auftauchender Korruptionsfälle in dieser
Republik. Eine Recherche von uns NEOS zeigt folgende dramatische
Unterbesetzungen in der Führungsebene und ist Sinnbild der seit Jahren
vernachlässigten Behörde:
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Wie die Grafik zeigt, sind wichtige
Führungspositionen vakant bzw. interimistisch besetzt und das schon viel
zu lange. Aber auch im Unterbau der essenziellen Behörde mangelt es an
Personal, ja wird sogar abgebaut. Im Jahr 2017 wurde im Ibiza-Video erstmals
Korruption in Österreichs Spitzenpolitik verfilmt. Seit 2018
wurde Österreichs Korruptionsbehörde von 116
Vollbeschäftigtenäquivalente auf 100 (im Jahr 2022) reduziert. Dies ergab unsere Anfrage vom 27. April 2022
(Anfragebeantwortung 10583/AB). Eine solche Reduktion passt keineswegs zur
Lebensrealität, die uns leider zeigt, dass Korruption hoch im Kurs steht.
Angesprochen darauf antwortete Dr. Kerbl vor dem Untersuchungsausschuss, dass
es schwierig geworden sei, Dienstzuteilungen zu erwirken, denn die
Arbeitsbelastung der LPD Wien sei durch Coronademos et cetera groß.
Aufgrund dessen habe er, Kerbl, Verständnis, dass mit Dienstzuteilungen
restriktiver umgegangen wird. Anders ausgedrückt: der Personalmangel der
Polizei, der sich unter anderem in den
exorbitant hohen Überstunden der Polizist_innen ausdrückt, wirkt sich
auch auf das BAK aus. Von Innenminister Karner erleben wir jedoch statt einer
offensiven (personellen) Stärkung der Exekutivbeamt_innen auf
Österreichs Straßen eine Organisationsreform, in der noch mehr
Häuptlinge geschaffen werden (Stichwort Bundespolizeidirektor), um
Wohlgesinnte auf einflussreiche Posten zu hieven. Es drängt sich die Frage
auf, mit welcher Ernsthaftigkeit und Seriosität Innenminister Karner von
der ÖVP gegen Österreichs Korruptionssumpf ankämpft. Denn eines
zeichnet sich bereits ab: die WKStA wird langsam aber doch personell
aufgestockt und es ist von Justizministerin Zadic ein ernsthaftes Bemühen
diesbezüglich zu erkennen. Nur was nützen der WKStA mehr Ressourcen,
wenn solche im BAK (das Pendant der WKStA im BMI) nicht ebenfalls aufgestockt,
ja sogar reduziert werden? Ein Oberstaatsanwalt der WKStA, der ohne
ausgebildete Korruptionsermittler des BAK dasteht wird schnell an seine Grenzen
stoßen.
Die Baustellen im BAK sind groß und die verbliebenen Mitarbeiter_innen zunehmend frustriert. Es ist endlich Zeit, dass Innenminister Karnerden Kampf gegen Korruption zur Chefsache macht und das BAK auf solide Beine stellt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Wie entwickelten sich die Vollbeschäftigtenäquivalente im Q2 und Q3 2022 (inkl. Dienstzuteilungen) im BAK?
2. Warum wurden die Vollbeschäftigungsäquivalente von 116 (im Jahr 2018) auf 100 (im Jahr 2022) reduziert?
a. Wer entschied dies wann?
b. Welche Meinung vertraten Sie bzw. Ihr Kabinett bzw. Ihr Generalsekretär dabei?
c. Welche Meinung vertrat Dr. Kerbl?
d. Wer war noch in den Entscheidungsprozess eingebunden und welche Positionen vertraten diese Personen?
3. Warum wurden die Planstellen mit 109 (im Jahr 2021) auf 103 (im Jahr 2022) reduziert?
a. Wer entschied dies wann?
b. Welche Meinung vertraten Sie bzw. Ihr Kabinett bzw. Ihr Generalsekretär dabei?
c. Welche Meinung vertrat Dr. Kerbl?
d. Wer war noch in den Entscheidungsprozess eingebunden und welche Positionen vertraten diese Personen?
4. Kann das BAK mit den geringeren personellen Ressourcen die gemäß der Geschäftseinteilung vorgesehenen Aufgaben vollumfänglich nachkommen?
a. Wenn ja, warum musste eine SOKO Ibiza eingerichtet werden?
b. Wenn ja, warum gibt es immer noch keinen Jahresbericht des BAK für das Jahr 2021? '
c. Wenn ja, warum liegt ein fertiger Evaluierungsbericht nicht längst auf dem Tisch?
5. Wie viele unbesetzte Planstellen gibt es im Q2 und Q3 2022?
6.
Welche Ausbildungen brauchen
Ermittler_innen des BAK für den operativen
Dienst (bitte um Auflistung aller erforderlichen Qualifikationen)?
a. Wie viele Beamt_innen sind dem BAK dienstzugeteilt und haben nicht die vollständig geforderte Ausbildung?
7.
Unsere Anfragebeantwortung
(10583/AB) ergab, dass "die Handlungsfähigkeit
des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung
unabhängig vom Personalstand in den einzelnen Referaten durchgehend
sichergestellt wird. Die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen wird
erforderlichenfalls durch gezielten Personaleinsatz gewährleistet"
(siehe Frage
8).
a. Wie wird die Handlungsfähigkeit des BAK unabhängig vom Personalstand in den einzelnen Referaten sichergestellt?
b. Welches Personal (Verwaltungs- oder Exekutivbeamt_innen) aus welchen Abteilungen wird "erforderlichenfalls durch gezielten Personaleinsatz" herangezogen?
i. Haben jene herangezogenen Personen ebenfalls die geforderten Qualifikationen von BAK-Beamt_innen?
1. Wenn nein, welche fehlen konkret?
2. Wenn nein, wieso werden diese dann herangezogen?
3. Wenn nein, wozu ist dann eine Arbeitsplatzbeschreibung notwendig?
8.
Das BAK veröffentlicht
alle zwei Jahre einen Compliance-Tätigkeitsbericht. In
dem zuletzt erschienen aus dem Jahr 2020 wird auf Seite 9 als Ziel
"Verringerung der Personalfluktuation" und "Attraktivität
des BAK als
Arbeitgeber erhöhen" angeführt. Die Fluktuationsquote
beträgt laut Bericht
20,25%.
a. Welche Maßnahmen haben Sie seit 2020 gesetzt, um der Personalfluktuation entgegenzuwirken?
b. Wodurch erklären Sie sich die hohe Fluktuationsquote?
i. Wurde diese im Evaluationsprozess, der seit zwei Jahren läuft, thematisiert?
1. Gibt es diesbezüglich schon Erkenntnisse?
9. Wie viele Planstellen des BAK sind mit Personen besetzt, die nicht dem BAK dienstzugeteilt sind?
a. Wie viele Posten des BAK sind mit Personen besetzt, die vorübergehend nicht dem BAK zugeteilt sind?
b. Wie viele dieser Posten können aus diesem Grund nicht neu ausgeschrieben werden und sind daher nur interimistisch besetzt?
10. Aus welchem Grund genau wurde die BAK-Leitung
über zwei Jahre
interimistisch geführt (von Dr. Kerbl vom 1.7.2020 bis 31.7.2022)?
a. Warum war eine Ausschreibung zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich?
11.
Ist das Disziplinarverfahren
gegen Mag. Andreas Wieselthaler
abgeschlossen?
a. Wenn ja, wie lautet das Ergebnis?
b. Wenn ja, wurden nun strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet?
c. Wenn ja, welche Funktion übt Mag. Wieselthaler im BMI noch aus?
12. Laut Anfragebeantwortung (10583/AB) gingen für die Leitung des BAK zwei Bewerbungen ein.
a. Welche Ausbildungswege, Kurse, Lehrgänge u.ä. gereichten dem erfolgreichen Bewerber Dr. Kerbl für die Leitung des BAK zum Vorteil?
i. Wie viele Bewerber_innen hatten diese jeweiligen Ausbildungen, Kurse, Lehrgänge u.ä.?
ii. Was waren die Voraussetzungen für die
Teilnahme am
jeweiligen Ausbildungsweg, Kurs, Lehrgang u.ä.?
iii. Wurde in irgendeiner Weise durch den/die jeweilige/n Bundesminister/in, das Kabinett, den Generalsekretär, den Generaldirektor für öffentliche Sicherheit oder welche andere Person Einfluss auf die Aufnahme bestimmter Personen in welche Ausbildungswege, Kurse, Lehrgänge genommen?
1. Wenn ja, inwiefern durch wen wann?
iv.
Welche dieser
Ausbildungswege, Kurse, Lehrgänge u.ä. wurden
für Bewerber_innen finanziell vom BMI übernommen?
b. Wurde ein Hearing durchgeführt?
13. Wie genau gestaltet sich die Beziehung des BMI zur IACA (International Anti- Corruption Academy)?
a. Gibt es Verträge zwischen dem BMI und der IACA?
b. Fließen finanzielle Zuwendungen und wenn ja wofür?
c. Gibt es eine Vereinbarung über Ausbildungsplätze für Bedienstete des BMI?
i. Wenn ja, wie genau sieht eine solche aus?
14. Wann rechnen Sie mit einem Evaluierungsergebnis zum BAK?
a. Finden Parteiengespräche über die zukünftige Ausgestaltung des BAK statt?
15. Wer entschied wann, den Evaluierungsprozess unter die Leitung von Mag. Franz Eigner zu stellen?
a. Welche Qualifikationen hinsichtlich Evaluierungsporzesse und Korruptionsbekämpfung hat Mag. Eigner aufzuweisen?