Eingelangt am 10.08.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Michael Bernhard,
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für
Frauen‚ Familie‚ Integration und Medien
betreffend Kosten der indexierten
Familienbeihilfe
Ab 1.1.2019 wurde die
Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder indexiert, also an die
jeweiligen Lebenserhaltungskosten im Wohnsitzstaat des Kindes angepasst.
Dadurch hat sich die schwarz-blaue Bundesregierung Einsparungen von rund 100
Mio. Euro pro Jahr erhofft. Die Indexierung der Familienbeihilfe wurde von
Beginn an von vielen Expert:innen als EU-rechtswidrig eingeschätzt, die
EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich
eingeleitet und auf Basis des letzten Verfahrensschrittes hat der EuGH
mittlerweile auch ein Gutachten veröffentlicht, dass dies tatsächlich
der Fall ist (1). Arbeitnehmer:innen, die in Österreich Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe zahlen, dürfen nach
EU-Recht nicht diskriminiert werden.
Genau so hat auch der EuGH
im Juni 2022 entschieden (2) und damit automatisch die Rückzahlung von zu
niedrig ausbezahlten Familienbeihilfen veranlasst. Gemäß
früherer Anfragebeantwortungen wurden rund 220 Millionen Euro für
diese Rückzahlungen rückgestellt (3), in späteren
Ausschüssen wurden teilweise von 300 Millionen Euro berichtet. Zu
berücksichtigen ist allerdings, dass nun nicht nur Kosten anfallen, weil
zu niedrig ausbezahlte Familienbeihilfen nachgezahlt werden müssen,
sondern auch, weil höher indexierte Familienbeihilfen nicht
zurückgefordert werden (können) (4). Nun wurde zwar in mehr
Ländern die Familienbeihilfe nach unten indexiert, als nach oben (5) und
weitaus mehr Kinder bezogen in "runter indexierten" Ländern die
Familienbeihilfe, als in "höher indexierten") (Vgl 2021: 218
Kinder höher, 28.652 Kinder niedriger), dennoch werden sich so noch
zusätzliche Summen ergeben, die abseits der Rückstellungen noch in
den Kosten für den Versuch einer kostensparenden Familienbeihilfe zu Buche
schlagen werden. Da aus bisherigen Anfragebeantwortungen aber nicht genau das
Alter der betroffenen Kinder und damit auch nicht die genaue Summe, die
über dem österreichischen Niveau ausbezahlt wurde, bekannt ist,
bleibt diese Summe noch unbekannt.
- https://www.diepresse.com/6088051/eugh-gutachten-indexierung-der-familienbeihilfe-in-oesterreich-unzulaessig
- https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2022-06/cp220102de.pdf
- https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09922/index.shtml
- https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2022/PK0853/index.shtml
- https://www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/familie/familienbeihilfe/eugh-urteil-betreffend-die-indexierung-der-familienbeihilfe.html
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Welche Summe wurde zwischen dem 1.1.2019 und
der neuerlichen Vereinheitlichung der Familienbeihilfe ausbezahlt, um
Kinder in Ländern mit einer höher indexierten Familienbeihilfe
durch den österreichischen Staat zu unterstützen? (Bitte um
Aufschlüsselung nach Jahren, dem jeweiligen Herkunftsland der Eltern
bzw Wohnsitzland des Kindes, Anzahl der Kinder und jährliche
Gesamtsummen)
- In wie vielen Fällen wurde bereits eine
Rückerstattung für zu niedrig ausbezahlte Familienbeihilfen
beantragt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren, dem jeweiligen
Herkunftsland der Eltern bzw Wohnsitzland des Kindes, Anzahl der Kinder
und jährliche Gesamtsummen)
- In wie vielen Fällen erfolgte bereits
eine automatische Rückerstattung für zu niedrig ausbezahlte
Familienbeihilfen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren, dem
jeweiligen Herkunftsland der Eltern bzw Wohnsitzland des Kindes, Anzahl
der Kinder und jährliche Gesamtsummen)
- Waren in bisherigen Anfragebeantwortungen
auch Sonderzahlungen wie Schulstartgeld, Erhöhungsbetrag oder
Kinderbonus inkludiert?
- Falls nein: Warum nicht und auf welche
Summen belaufen sich die zugehörigen Rückzahlungen und
bisherigen höher als für Kinder mit Wohnsitz in Österreich
ausbezahlten Summen?
- Werden die Rückzahlungen für zu
niedrig ausbezahlte Familienbeihilfen inflationsangepasst, sodass
Betroffene die Rückzahlungen mit heutigem Wert erhalten und nicht
aufgrund der Inflation weniger erhalten, als die Familienbeihilfe zum
Zeitpunkt der ursprünglich vorgesehenen Auszahlung wert gewesen
wäre?
- Welche zusätzlichen Abwicklungskosten
sind bis zur neuerlichen Vereinheitlichung der Familienbeihilfe durch die
Indexierung angefallen?
- Auf welche Summe belaufen sich damit -
soweit bisher absehbar - die Mehrkosten durch die Indexierung der
Familienbeihilfe insgesamt?
- Soweit bisher bekannt wurden zwischen 220
und 300 Millionen Euro an Rückstellungen für potenzielle
Rückzahlungen gebildet. Aus welchem Budgetposten sollen potenzielle
Mehrkosten gegenüber dieser Rückstellung gedeckt werden?