12041/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.08.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

betreffend Investitionskontrolle: Zahlen und Aussichten?

 

Experten, Unternehmensvertreter und NEOS hatten von Anfang an große Bedenken zum Investitionskontrollgesetz (InvKG). Regierungspolitisch erklärtes Ziel des InvKG war es, Gefährdungen der Sicherheit und öffentlichen Ordnung, die aus der kontrollierenden Einflussnahme von Investoren aus Drittstaaten an wirtschaftlich wesentlichen österreichischen Unternehmen entsteht, effektiver prüfen und abwehren zu können. Während die Intention noch verständlich ist, gab es von Beginn an schwerwiegende Kritikpunkte an der Vorgangsweise (1).

Zum Beispiel wurde die EU-Verordnung größtenteils ohne die nötigen Klarstellungen direkt übernommen. Der Begriff der "Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" ist weder im Unionsrecht noch im nationalen Recht hinreichend definiert und stellt daher Antragsteller und Vollziehung gleichermaßen vor große Heraus-forderungen. Die Anfrage 8077/J hat bereits aufgezeigt, dass BM Schramböck zwar im Rahmen ihres Politmarketings einen Schutz gegen einen Ausverkauf an China angekündigt hatte - tatsächlich aber dieses Instrument überwiegend Investitionen unserer Partner aus OECD-Länder betrifft. (2)

Der erste Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle des BMDW (3) bestätigt die Wirkungslosigkeit des aktuellen Systems:

 

 

 

Der versuchte Kauf einer Regionalbank in Kärnten durch eine russische Bank wurde von der Investitionskontrollbehörde durchgewunken und erst von der Finanzmarkt-aufsicht wegen Geldwäscheverdachts gestoppt (4).

Der Tätigkeitsbericht des Wirtschaftsministeriums zeigte auch auf, dass Österreich trotz verhältnismäßig geringer Größe innerhalb der Union den fünften Platz bei den Verfahren nach Mitgliedsstaaten belegt.
Trotz solcher Schwächen im aktuellen Investitionskontrollsystem, den Folgen des Ukraine-Kriegs für die Weltwirtschaft und einer überproportionalen Belastung von Investitionen aus demokratischen Partnerstaaten sah die damalige Bundesministerin Schramböck auf Nachfrage keinen Anlass, das Investitionsgesetz anzupassen (5).

Diese Anfrage dient daher dem Ziel, aktuelle Zahlen zur Tätigkeit der Kontrollbe-hörde sowie die künftige Ausrichtung unter dem neuen Wirtschaftsminister Kocher
zu erfahren.

Der Bericht der Investitionskontrollbehörde belegt auch, dass Österreich über-proportional viele Verfahren der Investitionskontrolle durchgeführt hat, nämlich zahlenmäßig auf Augenhöhe mit den viel größeren Ländern Deutschland und Spanien (3.).

Das BMDW formuliert: "In Relation zur Einwohnerzahl bringt Österreich somit am meisten Fälle in den EU-Kooperationsmechanismus ein."

 

Es liegt also der Verdacht nahe, dass Österreich Investitionen aus dem Ausland besonders bürokratisch verfolgt und dabei vor allem marktwirtschaftliche Partner
aus OECD-Ländern ins Visier nimmt.
Glaubt man dem eigenen Bericht der Investitionskontrollbehörde, sind die selbst-gesteckten Ziele weit verfehlt. Stattdessen ist ein Investitionsverhinderungs-programm entstanden.

 

Quellen:

  1. https://kurier.at/wirtschaft/schutz-oder-abschreckung-streit-um-schramboecks-vorstoss/400949765
  2. https://www.derstandard.at/story/2000131552932/angst-vor-chinesischen-investoren-ist-bisher-unbegruendet
  3. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00584/index.shtml
  4. https://www.diepresse.com/6097152/wie-die-uebernahme-einer-kaerntner-bank-an-den-aufsehern-scheiterte
  5. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_10124/index.shtml

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Genehmigungsverfahren nach § 7 InvKG (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme) 
    1. Wie viele Verfahren wurden durchgeführt oder laufen aktuell? 
    2. Wie lange dauert ein Verfahren durchschnittlich?
    3. Wie viele Verbesserungsaufträge wurden durchschnittlich pro Verfahren erteilt?
    4. Wie viele Verfahren endeten mit einer Genehmigung gemäß
      § 7 Abs. 3 Z 1 InvKG?
    5. Wie viele Verfahren endeten mit einer Genehmigung mit Auflagen gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit a InvKG?
    6. Wie viele Verfahren endeten mit einer Verweigerung der Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit b InvKG?
    7. Gab es Beschwerden vonseiten der Antragsteller zur Ausgestaltung dieses Verfahrens?

                                          i.    Wenn ja: Was wurde konkret kritisiert?

                                        ii.    Wenn ja: Welche Verbesserungen wurden aufgrund der Kritik vorgenommen bzw. sind geplant?

  1. Amtswegig eingeleitete Genehmigungsverfahren nach § 8 InvK (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
    1. Wie viele Verfahren wurden durchgeführt oder laufen aktuell? 
    2. Wie viele Aufforderungen nach § 8 Abs. 1 InvKG wurden versendet?
    3. Wie lange dauert ein Verfahren durchschnittlich von dem Versenden der Aufforderungen nach § 8 Abs. 1 InvKG  bis zu einer Entscheidung?
    4. Wie viele Verbesserungsaufträge wurden durchschnittlich pro Verfahren erteilt?
    5. Wie viele amtswegig eingeleiteten Verfahren endeten mit einer Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 InvKG?
    6. Wie viele amtswegig eingeleitete Verfahren endeten mit einer Genehmigung mit Auflagen gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit a InvKG?
    7. Wie viele amtswegig eingeleitete Verfahren endeten mit einer Verweigerung der Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit b InvKG?
    8. Gab es Beschwerden vonseiten der Antragsteller zur Ausgestaltung dieses Verfahrens?

                                          i.    Wenn ja: Was wurde konkret kritisiert?

                                        ii.    Wenn ja: Welche Verbesserungen wurden aufgrund der Kritik vorgenommen bzw. sind geplant?

  1. Verfahren für Unbedenklichkeitsbescheinigungen nach § 9 InvKG 
    (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
    1. Welche über das gesetzlich Normierte hinausgehenden Kriterien gibt es für die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung?
    2. Wie viele Verfahren wurden durchgeführt oder laufen aktuell?
    3. Wann wurde die letzte Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt?
    4. Wie viele Unbedenklichkeitsbescheinigungen wurden erteilt:

                                          i.    im April 2021?

                                        ii.    im Mail 2021?

                                       iii.    im Juni 2021?

                                       iv.    im Juli 2021?

                                        v.    im August 2021?

                                       vi.    im September 2021?

    1. Wie lange dauert ein Verfahren durchschnittlich von der Einreichung eines Antrags nach § 9 Abs 1 InvKG bis zur Entscheidung nach § 9 Abs 3 InvKG?
    2. Wie lange dauert ein Verfahren durchschnittlich im Falle einer vertieften Prüfung von der Einreichung eines Antrags nach § 9 Abs 1 InvKG bis zur Entscheidung nach § 7 Abs 3 InvKG?
    3. Wie viele Verbesserungsaufträge wurden durchschnittlich pro Verfahren erteilt?
    4. Wie viele Verfahren endeten mit einer Genehmigung gemäß
      § 7 Abs. 3 Z 1 InvKG?
    5. Wie viele Verfahren endeten mit einer Genehmigung mit Auflagen gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit a InvKG?
    6. Wie viele Verfahren endeten mit einer Verweigerung der Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit b InvKG?
    7. Gab es Beschwerden vonseiten der Antragsteller zur Ausgestaltung dieses Verfahrens?

                                          i.    Wenn ja: Was wurde konkret kritisiert?

                                        ii.    Wenn ja: Welche Verbesserungen wurden aufgrund der Kritik vorgenommen bzw. sind geplant?

  1. Wurden bereits Strafen nach den Bestimmungen des InvKG verhängt bzw. laufen aktuelle Verfahren dazu? (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)

  2. Kooperation in der Europäischen Union:
    1. Mitteilung an EU-Kommission und -Mitgliedsstaaten:

                                          i.    Wie viele Stellungnahmen gemäß § 12 Abs. 1 InvKG wurden an EU-Mitgliedstaaten bzw. an die Europäische Kommission bisher übermittelt? 
(Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/ Kommission, Unter-nehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)

                                        ii.    Wie viele Kommentare bzgl. einer Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung gemäß § 14 Abs. 5 und § 15 Abs. 4 InvKG wurden an EU-Mitgliedstaaten bzw. an die Europäische Kommission bisher übermittelt? 
(Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/Kommission, Unter-nehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)

    1. Empfangene Mitteilungen von EU-Kommission und -Mitgliedsstaaten:

                                          i.    Wie viele Kommentare von EU-Mitgliedstaaten bzw. Mitteilungen der Europäischen Kommission zu überprüften Direktinvestitionen in Österreich gemäß § 12 Abs. 5 InvKG sind bisher eingelangt? 
(Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/Kommission, Unter-nehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)

                                        ii.    Wie viele Kommentare von EU-Mitgliedstaaten bzw. Mitteilungen der Europäischen Kommission zu nicht überprüften Direkt-investitionen in Österreich gemäß § 13 Abs. 2 InvKG sind bisher eingelangt? (Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/Kommission, Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)

  1. EU-Vergleich - Verfahren nach Mitgliedstaaten (insgesamt):
    1. Verfügt das BMAW über einen Überblick zu aktuellen Zahlen der Verfahren in den EU-Mitgliedstaaten im Bereich der Investitions-kontrolle (FDI-Screening-VO - 2019/452)? 

                                          i.    Wenn ja, bitte legen Sie die Zahl der Verfahren in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten dar? (Bitte Letztstand angeben)

                                        ii.    Wenn ja, welcher Platz belegt Österreich hinsichtlich der Zahl an Verfahren?

                                       iii.    Wenn nein, wird vonseiten der Europäischen Kommission ein solcher Überblick vorbereitet und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden?

  1. Zuständige Organisationseinheit:
    1. Welche Organisationseinheit ist für die Abwicklung von Anträgen nach InvKG zuständig?
    2. Wie viele Mitarbeiter_innen (in Vollzeitäquivalenten) sind mit der Abwicklung von Anträgen nach InvKG zuständig?
    3. Welche Qualifikationsprofile haben die Mitarbeiter_innen die mit der Abwicklung der Anträge beschäftigt sind? (Akademiker_innen mit wirtschaftswissenschaftlichem, juristischem, mathematischem oder informationstechnologischem Abschluss; Praktikant_innen; nicht-akademisches Fachpersonal)? Bitte zählen Sie die verschiedenen Qualifikationsprofile taxativ auf und die jeweilige Anzahl der Mit-arbeiter_innen, die über dieses Profil verfügen (Stichtag: Zeitpunkt
      der Anfragebeantwortung).
    4. Ist eine Veränderung der Zahl an der Mitarbeiter_innen (in Vollzeitäquivalenten) für das kommende Jahr geplant?

  1. Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Organisationseinheiten:
    1. Inwiefern findet ein Austausch mit anderen Behörden innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW (z.B. Dual-Use-Kontrolle) statt?
    2. Inwiefern findet ein Austausch mit anderen Organisationseinheiten innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW (z.B. Startup- Abteilung) statt?
    3. Inwiefern findet ein Austausch mit anderen Behörden außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW statt?
    4. Inwiefern findet ein Austausch mit anderen Organisationseinheiten außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW statt?
    5. Wie wird sichergestellt, dass ein rascher Austausch der zuständigen Stellen (z.B. zwischen Investitionskontrollbehörde, Wettbewerbs-behörde und Dual-Use-Behörde) unnötig lange Verfahren verhindert werden?

  1. Komitees für Investitionskontrolle:
    1. Wer sind die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Investitionskontroll-ausschusses? (Bitte Namen und Organisationseinheit angeben)
    2. Wer sind die Kontaktstellen der Komiteemitglieder nach § 22 InvKG? (Bitte Namen und Organisationseinheit angeben)
    3. Wie viele Sitzungen fanden bisher statt? (Bitte jeweils Sitzungstermine und Teilnehmer_innen angeben)
    4. Über wie viele Mitteilungen gem § 7 Abs 2 Z 2 InvKG sowie Erlassung von Bescheiden gem § 7 Abs 3 InvKG wird pro Sitzung durchschnittlich beraten?
    5. Wie lange dauern Sitzungen durchschnittlich?
    6. Wurden bereits Sachverständige der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) nach § 21 Abs. 5 InvKG beigezogen?

                                          i.    Wenn ja: Wer und wie oft?

  1. Tätigkeitsbericht nach § 23 InvKG:
    1. Wann wird der Bericht an die Europäische Kommission übermittelt?
    2. Wann wird der Bericht an das österreichische Parlament übermittelt?
    3. Welche Teile dieses Berichts sollen veröffentlicht werden?

  1. Evaluierung/Reformen:
    1. Inwiefern ist eine Evaluierung des InvKG geplant? (Bitte Zeitplan und Beteiligungsprozess angeben)
    2. Sind Änderungen des InvKG geplant?

                                          i.    Wenn ja: Welche und wann?

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

    1. Inwiefern wird der Umstand, dass Österreich in Relation zur Einwohner-zahl am meisten Verfahren hat, bei den Reformüberlegungen berück-sichtigt?

                                          i.    Inwiefern wurde diesbezüglich die Umsetzung in anderen Mitgliedsstaaten evaluiert? 

    1. Ist eine Änderung der Schwellenwerte gemäß § 2 iVm § 4 InvKG geplant?

                                          i.    Wenn ja: Welche und wann?

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

    1. Sind Legaldefinitionen zur Auslegung unklarer Begriffe im InvKG geplant?

                                          i.    Wenn ja: Welche und wann?

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

    1. Inwiefern werden begründete Bedenken von Anwälten und der Lehre zu mangelhaften Definition von Begriffen im InvKG (z.B. "Gefährdung der Sicherheit oder öffentlicher Ordnung" im § 3 InvKG) berücksichtigt?

  1. Austausch mit Stakeholdern:
    1. Inwiefern fand seit dem In-Kraft-Treten am 11.10.2020 ein Austausch mit Stakeholdern zu möglichen Verbesserungen des InvKG oder des Genehmigungsverfahrens statt? (Bitte jeweils Sitzungstermine und Teilnehmer_innen angeben)
    2. Wie viele Rückmeldungen hinsichtlich möglicher Verbesserung des InvKG oder des Genehmigungsverfahrens sind bisher eingelangt?

  1. Auswirkungen des InvKG auf Investitionsstandort Österreich:
    1. Wurde die Auswirkung des InvKG auf die Investitionstätigkeit in Österreich aus Drittstaaten untersucht?

                                          i.    Wenn ja: Was war das Ergebnis der Untersuchung?

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

    1. Sind (weitere) Untersuchungen bezüglich Auswirkungen des InvKG geplant?

                                          i.    Wenn ja: Wann und wie soll die Untersuchung konkret aussehen?

                                        ii.    Wenn nein: Warum nicht?

  1. Gold Plating (= überschießende Umsetzung von EU-Recht):
    1. Anhand welcher Kriterien wurde bei der Umsetzung der FDI-Screening-Verordnung auf die Vermeidung von Gold Plating geachtet?
    2. Inwiefern wurden/werden bisherige österreichische Gesetze auf "Gold Plating" untersucht?
    3. Welche Gesetzesänderungen wurden/werden vorgenommen, um unerwünschtes "Gold Plating" rückgängig zu machen?
    4. Wird die Umsetzung der FDI-Screening-Verordnung als ein Fall von "Gold Plating" gesehen?
    5. Wird bei der künftigen Umsetzung von EU-Recht durch das Bundes-ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort darauf geachtet, dass "Gold Plating" vermieden wird?