Eingelangt am 24.08.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen
und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit
und Wirtschaft
betreffend Investitionskontrolle:
Zahlen und Aussichten?
Experten, Unternehmensvertreter und NEOS
hatten von Anfang an große Bedenken zum Investitionskontrollgesetz (InvKG). Regierungspolitisch erklärtes Ziel
des InvKG war es, Gefährdungen der Sicherheit und öffentlichen
Ordnung, die aus der kontrollierenden Einflussnahme von Investoren aus
Drittstaaten an wirtschaftlich wesentlichen österreichischen Unternehmen
entsteht, effektiver prüfen und abwehren zu können. Während die
Intention noch verständlich ist, gab es von Beginn an schwerwiegende
Kritikpunkte an der Vorgangsweise (1).
Zum Beispiel wurde die EU-Verordnung größtenteils ohne die
nötigen Klarstellungen direkt übernommen. Der Begriff der "Gefährdung
der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" ist weder im
Unionsrecht noch im nationalen Recht hinreichend definiert und stellt daher
Antragsteller und Vollziehung gleichermaßen vor große Heraus-forderungen. Die
Anfrage 8077/J hat bereits aufgezeigt, dass BM Schramböck zwar im Rahmen
ihres Politmarketings einen Schutz gegen einen Ausverkauf an China
angekündigt hatte - tatsächlich aber dieses Instrument
überwiegend Investitionen unserer Partner aus OECD-Länder betrifft.
(2)
Der erste Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle des BMDW (3)
bestätigt die Wirkungslosigkeit des aktuellen Systems:

Der versuchte Kauf einer Regionalbank in
Kärnten durch eine russische Bank wurde von der
Investitionskontrollbehörde durchgewunken und erst von der Finanzmarkt-aufsicht
wegen Geldwäscheverdachts gestoppt (4).
Der Tätigkeitsbericht des Wirtschaftsministeriums zeigte auch auf, dass
Österreich trotz verhältnismäßig geringer Größe
innerhalb der Union den fünften Platz bei den Verfahren nach Mitgliedsstaaten
belegt.
Trotz solcher Schwächen im aktuellen Investitionskontrollsystem, den
Folgen des Ukraine-Kriegs für die Weltwirtschaft und einer
überproportionalen Belastung von Investitionen aus demokratischen
Partnerstaaten sah die damalige Bundesministerin Schramböck auf Nachfrage
keinen Anlass, das Investitionsgesetz anzupassen (5).
Diese Anfrage dient daher dem Ziel, aktuelle Zahlen zur Tätigkeit der
Kontrollbe-hörde sowie die künftige Ausrichtung unter dem neuen
Wirtschaftsminister Kocher
zu erfahren.
Der Bericht der
Investitionskontrollbehörde belegt auch, dass Österreich über-proportional
viele Verfahren der Investitionskontrolle durchgeführt hat, nämlich
zahlenmäßig auf Augenhöhe mit den viel größeren
Ländern Deutschland und Spanien (3.).
Das BMDW formuliert: "In Relation zur Einwohnerzahl bringt
Österreich somit am meisten Fälle in den EU-Kooperationsmechanismus
ein."

Es liegt also der Verdacht nahe, dass
Österreich Investitionen aus dem Ausland besonders bürokratisch
verfolgt und dabei vor allem marktwirtschaftliche Partner
aus OECD-Ländern ins Visier nimmt.
Glaubt man dem eigenen Bericht der Investitionskontrollbehörde, sind die
selbst-gesteckten Ziele weit verfehlt. Stattdessen ist ein Investitionsverhinderungs-programm
entstanden.
Quellen:
- https://kurier.at/wirtschaft/schutz-oder-abschreckung-streit-um-schramboecks-vorstoss/400949765
- https://www.derstandard.at/story/2000131552932/angst-vor-chinesischen-investoren-ist-bisher-unbegruendet
- https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00584/index.shtml
- https://www.diepresse.com/6097152/wie-die-uebernahme-einer-kaerntner-bank-an-den-aufsehern-scheiterte
- https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_10124/index.shtml
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Genehmigungsverfahren nach § 7
InvKG (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern, Unternehmensgrößen,
Branchen und Arten der Übernahme)
- Wie viele Verfahren wurden
durchgeführt oder laufen aktuell?
- Wie lange dauert ein
Verfahren durchschnittlich?
- Wie viele Verbesserungsaufträge wurden
durchschnittlich pro Verfahren erteilt?
- Wie viele Verfahren endeten mit einer Genehmigung
gemäß
§ 7 Abs. 3 Z 1 InvKG?
- Wie viele Verfahren endeten mit einer
Genehmigung mit Auflagen gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit a
InvKG?
- Wie viele Verfahren endeten mit einer
Verweigerung der Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit b
InvKG?
- Gab es Beschwerden vonseiten der
Antragsteller zur Ausgestaltung dieses Verfahrens?
i. Wenn ja: Was wurde konkret kritisiert?
ii. Wenn ja: Welche Verbesserungen wurden aufgrund der Kritik vorgenommen
bzw. sind geplant?
- Amtswegig
eingeleitete Genehmigungsverfahren nach § 8 InvK (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern,
Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
- Wie viele Verfahren wurden
durchgeführt oder laufen aktuell?
- Wie viele Aufforderungen nach § 8 Abs.
1 InvKG wurden versendet?
- Wie lange dauert ein Verfahren durchschnittlich
von dem Versenden der Aufforderungen nach § 8 Abs. 1
InvKG bis zu einer Entscheidung?
- Wie viele Verbesserungsaufträge wurden
durchschnittlich pro Verfahren erteilt?
- Wie viele amtswegig eingeleiteten Verfahren
endeten mit einer Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 InvKG?
- Wie viele amtswegig eingeleitete Verfahren
endeten mit einer Genehmigung mit Auflagen gemäß § 7 Abs.
3 Z 2 lit a InvKG?
- Wie viele amtswegig eingeleitete Verfahren
endeten mit einer Verweigerung der Genehmigung gemäß § 7
Abs. 3 Z 2 lit b InvKG?
- Gab es Beschwerden vonseiten der
Antragsteller zur Ausgestaltung dieses Verfahrens?
i. Wenn ja: Was wurde konkret kritisiert?
ii. Wenn ja: Welche Verbesserungen wurden aufgrund der Kritik vorgenommen
bzw. sind geplant?
- Verfahren für Unbedenklichkeitsbescheinigungen nach
§ 9 InvKG
(Bitte gegliedert nach Herkunftsländern,
Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
- Welche über das gesetzlich Normierte
hinausgehenden Kriterien gibt es für die Erteilung einer
Unbedenklichkeitsbescheinigung?
- Wie viele Verfahren wurden
durchgeführt oder laufen aktuell?
- Wann wurde die letzte
Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt?
- Wie viele Unbedenklichkeitsbescheinigungen
wurden erteilt:
i. im April 2021?
ii. im Mail 2021?
iii. im Juni 2021?
iv. im Juli 2021?
v. im August 2021?
vi. im September 2021?
- Wie lange dauert ein
Verfahren durchschnittlich von der Einreichung eines Antrags nach
§ 9 Abs 1 InvKG bis zur Entscheidung nach § 9 Abs 3 InvKG?
- Wie lange dauert ein
Verfahren durchschnittlich im Falle einer vertieften Prüfung von
der Einreichung eines Antrags nach § 9 Abs 1 InvKG bis zur
Entscheidung nach § 7 Abs 3 InvKG?
- Wie viele Verbesserungsaufträge wurden
durchschnittlich pro Verfahren erteilt?
- Wie viele Verfahren endeten mit einer
Genehmigung gemäß
§ 7 Abs. 3 Z 1 InvKG?
- Wie viele Verfahren endeten mit einer
Genehmigung mit Auflagen gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit a
InvKG?
- Wie viele Verfahren endeten mit einer
Verweigerung der Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 lit b
InvKG?
- Gab es Beschwerden vonseiten der
Antragsteller zur Ausgestaltung dieses Verfahrens?
i. Wenn ja: Was wurde konkret kritisiert?
ii. Wenn ja: Welche Verbesserungen wurden aufgrund der Kritik vorgenommen
bzw. sind geplant?
- Wurden bereits Strafen nach den
Bestimmungen des InvKG verhängt bzw. laufen aktuelle
Verfahren dazu? (Bitte gegliedert nach Herkunftsländern,
Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
- Kooperation in der Europäischen
Union:
- Mitteilung an EU-Kommission und -Mitgliedsstaaten:
i. Wie viele Stellungnahmen gemäß § 12 Abs. 1 InvKG wurden
an EU-Mitgliedstaaten bzw. an die Europäische Kommission bisher
übermittelt?
(Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/ Kommission, Unter-nehmensgrößen,
Branchen und Arten der Übernahme)
ii. Wie viele Kommentare bzgl. einer Gefährdung der Sicherheit oder
öffentlichen Ordnung gemäß § 14 Abs. 5 und § 15
Abs. 4 InvKG wurden an EU-Mitgliedstaaten bzw. an die Europäische
Kommission bisher übermittelt?
(Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/Kommission, Unter-nehmensgrößen,
Branchen und Arten der Übernahme)
- Empfangene Mitteilungen von EU-Kommission
und -Mitgliedsstaaten:
i. Wie viele Kommentare von EU-Mitgliedstaaten bzw. Mitteilungen der
Europäischen Kommission zu überprüften Direktinvestitionen in
Österreich gemäß § 12 Abs. 5 InvKG sind bisher
eingelangt?
(Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/Kommission, Unter-nehmensgrößen,
Branchen und Arten der Übernahme)
ii. Wie viele Kommentare von EU-Mitgliedstaaten bzw. Mitteilungen der
Europäischen Kommission zu nicht überprüften Direkt-investitionen
in Österreich gemäß § 13 Abs. 2 InvKG sind bisher
eingelangt? (Bitte gegliedert nach Mitgliedstaat/Kommission,
Unternehmensgrößen, Branchen und Arten der Übernahme)
- EU-Vergleich - Verfahren nach
Mitgliedstaaten (insgesamt):
- Verfügt das BMAW über einen
Überblick zu aktuellen Zahlen der Verfahren in den
EU-Mitgliedstaaten im Bereich der Investitions-kontrolle
(FDI-Screening-VO - 2019/452)?
i. Wenn ja, bitte legen Sie die Zahl der Verfahren in den einzelnen
EU-Mitgliedstaaten dar? (Bitte Letztstand angeben)
ii. Wenn ja, welcher Platz belegt Österreich hinsichtlich der Zahl an
Verfahren?
iii. Wenn nein, wird vonseiten der Europäischen Kommission ein solcher
Überblick vorbereitet und der Öffentlichkeit zur Verfügung
gestellt werden?
- Zuständige Organisationseinheit:
- Welche Organisationseinheit ist für
die Abwicklung von Anträgen nach InvKG zuständig?
- Wie viele Mitarbeiter_innen (in
Vollzeitäquivalenten) sind mit der Abwicklung von Anträgen nach
InvKG zuständig?
- Welche Qualifikationsprofile haben die
Mitarbeiter_innen die mit der Abwicklung der Anträge
beschäftigt sind? (Akademiker_innen mit
wirtschaftswissenschaftlichem, juristischem, mathematischem oder
informationstechnologischem Abschluss; Praktikant_innen;
nicht-akademisches Fachpersonal)? Bitte zählen Sie die verschiedenen
Qualifikationsprofile taxativ auf und die jeweilige Anzahl der
Mit-arbeiter_innen, die über dieses Profil
verfügen (Stichtag: Zeitpunkt
der Anfragebeantwortung).
- Ist eine Veränderung der Zahl an
der Mitarbeiter_innen (in Vollzeitäquivalenten) für das
kommende Jahr geplant?
- Zusammenarbeit mit anderen Behörden
und Organisationseinheiten:
- Inwiefern findet ein Austausch mit anderen
Behörden innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW (z.B.
Dual-Use-Kontrolle) statt?
- Inwiefern findet ein Austausch mit anderen
Organisationseinheiten innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW
(z.B. Startup- Abteilung) statt?
- Inwiefern findet ein Austausch mit anderen
Behörden außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des BMDW
statt?
- Inwiefern findet ein Austausch mit anderen
Organisationseinheiten außerhalb des Zuständigkeitsbereichs
des BMDW statt?
- Wie wird sichergestellt, dass ein rascher
Austausch der zuständigen Stellen (z.B. zwischen
Investitionskontrollbehörde, Wettbewerbs-behörde und
Dual-Use-Behörde) unnötig lange Verfahren verhindert werden?
- Komitees für Investitionskontrolle:
- Wer sind die Mitglieder
und Ersatzmitglieder des Investitionskontroll-ausschusses? (Bitte Namen
und Organisationseinheit angeben)
- Wer sind die
Kontaktstellen der Komiteemitglieder nach § 22 InvKG? (Bitte Namen
und Organisationseinheit angeben)
- Wie viele Sitzungen
fanden bisher statt? (Bitte jeweils Sitzungstermine und Teilnehmer_innen
angeben)
- Über wie viele
Mitteilungen gem § 7 Abs 2 Z 2 InvKG sowie Erlassung von Bescheiden
gem § 7 Abs 3 InvKG wird pro Sitzung durchschnittlich beraten?
- Wie lange dauern
Sitzungen durchschnittlich?
- Wurden
bereits Sachverständige der Österreichischen Beteiligungs
AG (ÖBAG) nach § 21 Abs. 5 InvKG beigezogen?
i. Wenn ja: Wer und wie oft?
- Tätigkeitsbericht nach § 23
InvKG:
- Wann wird der Bericht an die Europäische
Kommission übermittelt?
- Wann wird der Bericht an das
österreichische Parlament übermittelt?
- Welche Teile dieses Berichts sollen
veröffentlicht werden?
- Evaluierung/Reformen:
- Inwiefern ist eine Evaluierung des InvKG
geplant? (Bitte Zeitplan und Beteiligungsprozess angeben)
- Sind Änderungen des InvKG geplant?
i. Wenn ja: Welche und wann?
ii. Wenn nein: Warum nicht?
- Inwiefern wird der Umstand, dass
Österreich in Relation zur Einwohner-zahl am meisten Verfahren hat,
bei den Reformüberlegungen berück-sichtigt?
i. Inwiefern wurde diesbezüglich die Umsetzung in anderen
Mitgliedsstaaten evaluiert?
- Ist eine Änderung der Schwellenwerte
gemäß § 2 iVm § 4 InvKG geplant?
i. Wenn ja: Welche und wann?
ii. Wenn nein: Warum nicht?
- Sind Legaldefinitionen zur Auslegung
unklarer Begriffe im InvKG geplant?
i. Wenn ja: Welche und wann?
ii. Wenn nein: Warum nicht?
- Inwiefern werden begründete Bedenken
von Anwälten und der Lehre zu mangelhaften Definition von Begriffen
im InvKG (z.B. "Gefährdung der Sicherheit oder
öffentlicher Ordnung" im § 3 InvKG) berücksichtigt?
- Austausch mit Stakeholdern:
- Inwiefern fand seit dem In-Kraft-Treten am
11.10.2020 ein Austausch mit Stakeholdern zu möglichen
Verbesserungen des InvKG oder des Genehmigungsverfahrens statt? (Bitte
jeweils Sitzungstermine und Teilnehmer_innen angeben)
- Wie viele Rückmeldungen hinsichtlich
möglicher Verbesserung des InvKG oder des
Genehmigungsverfahrens sind bisher eingelangt?
- Auswirkungen des InvKG auf
Investitionsstandort Österreich:
- Wurde die Auswirkung des InvKG auf die
Investitionstätigkeit in Österreich aus Drittstaaten
untersucht?
i. Wenn ja: Was war das Ergebnis der Untersuchung?
ii. Wenn nein: Warum nicht?
- Sind (weitere)
Untersuchungen bezüglich Auswirkungen des InvKG geplant?
i. Wenn ja: Wann und wie soll die Untersuchung konkret aussehen?
ii. Wenn nein: Warum nicht?
- Gold Plating (=
überschießende Umsetzung von EU-Recht):
- Anhand welcher Kriterien wurde bei der
Umsetzung der FDI-Screening-Verordnung
auf die Vermeidung von Gold Plating geachtet?
- Inwiefern wurden/werden bisherige
österreichische Gesetze auf "Gold Plating" untersucht?
- Welche Gesetzesänderungen
wurden/werden vorgenommen, um unerwünschtes "Gold Plating"
rückgängig zu machen?
- Wird die Umsetzung der FDI-Screening-Verordnung als ein Fall von
"Gold Plating" gesehen?
- Wird bei der künftigen Umsetzung von
EU-Recht durch das Bundes-ministerium für Digitalisierung und
Wirtschaftsstandort darauf geachtet, dass "Gold Plating"
vermieden wird?