12052/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.08.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend zweifelhafte Rolle des COFAG-Beirats: absurde Verschwiegenheitspflicht und gebrochene Transparenzversprechen

 

Der Rechnungshof (RH) kam in seiner kürzlichen Untersuchung der COFAG zu dem Schluss, dass es zu massivem Fehlverhalten sowohl bei der Gründung der COFAG sowie bei der Abwicklung der Wirtschaftshilfen gekommen sei. (1)

Insgesamt zeichnet der Bericht nach derzeitigem Kenntnisstand ein verheerendes Bild im Umgang der COFAG-Geschäftsführung mit Steuermitteln. Zur Kontrolle und Beratung der Geschäftsführung erhielt die COFAG einen Beirat.

"In zweiwöchentlichen Sitzungen berät der Beirat gemeinsam mit dem Aufsichtsrat und der Geschäftsführung wesentliche Fragen zur Tätigkeit der COFAG. So trägt der Beirat zur Verbesserung der Services der COFAG bei. Jedes Beiratsmitglied hat über einen elektronischen Datenraum jederzeit Einsicht in jeden von der COFAG bearbeiteten Antrag. Bei allen anstehenden Anträgen größer als 25 Millionen Euro (Garantien) bzw. 800.000 Euro (Fixkostenzuschüsse) wird die Genehmigung des Beirates beantragt. Der Beirat hat bei den genannten Anträgen ein Recht auf ein suspensives Veto. Macht er von dem Veto Gebrauch, muss der Antrag vom Aufsichtsrat erneut geprüft und behandelt werden."
So beschreibt die COFAG selbst den Beirat. (2)

Gerade hinsichtlich der Kontrolle durch den in der COFAG eingerichteten Beirat wirft der Rechnungshof-Rohbericht zahlreiche Fragen auf. Zentrale Aufgabe des Beirats soll laut COFAG die Sicherstellung der Transparenz von Entscheidungen sowie nachträgliche Kontrolle durch Rechnungshof, BMF und Parlament sein. (3)

Jede Kritik an der intransparenten Struktur der COFAG haben Vertreter der Regierungsparteien stets mit Verweis auf den COFAG-Beirat vom Tisch gewischt. (4)

Der Beirat muss allerdings eine absurd strikte Verschwiegenheitspflicht einhalten und kann dieser Funktion somit nicht nachkommen. (5)

Schon im April 2020 zeigte sich der Abgeordnete Andreas Ottenschläger, der für die ÖVP im Beirat sitzt, über Bedenken hinsichtlich der Struktur ganz empört und kritisierte die Opposition für ihre Nichtbeteiligung am Verschwiegenheitsgremium. Von einem "Rückzug aus der Verantwortung" war die Rede - im Beirat könne man laut Ottenschläger einen "Beitrag leisten, Praxiserfahrungen einbringen und genau hinschauen, ob die Dinge wirklich so laufen, wie wir sie alle gemeinsam für richtig erachten" (6)

Selbst mitten in der Abwicklung der Hilfsinstrumente wurde diese Position verteidigt. Für die Grünen ist die Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze Mitglied des Beirats, sie hielt z.B. am 22.1.2021 fest: "Die gewählte Konstruktion des COFAG-Beirats erlaube Mitbestimmung und Kontrolle, daher beteilige sie sich an ihm. Die umfassende Information, wohin Förderungen gehen, sei also gegeben." (7)
Der Rechnungshof stellt im Rohbericht klar fest, dass der Beirat die angedachte Funktion nicht erfüllen kann, da die Mitglieder zur Vertraulichkeit verpflichtet sind. Damit bestätigt der Rechnungshof eine wesentliche Kritik von NEOS an der COFAG - eine transparente Einbindung des Parlaments ist somit nicht möglich.

Es stellen sich somit zahlreiche Fragen rund um die Rolle der Mitglieder des Beirats (8) und warum v.a. die erwähnten Beiratsmitglieder aus den Regierungsparteien die Funktionsunfähigkeit dieses Beratungsorgans nicht erkannt oder dies wahrheits-widrig öffentlich stets abgestritten haben. Dazu kommt, dass die Architekten dieser intransparenten Konstruktion im Nachhinein als Aufdecker auftreten wollten (9).

Geklärt soll somit auch werden, inwiefern die Bezüge der Geschäftsführer den Beiratsmitgliedern wirklich bekannt waren. 

 

Quellen:

  1. https://www.falter.at/zeitung/20220809/koste-es-was-wolle
  2. https://www.cofag.at/organe.html 
  3. https://www.cofag.at/corporate-governance.html
  4. https://orf.at/stories/3280278/#15473,2067678,1660063114
  5. https://www.tt.com/artikel/16858397/koalition-bietet-nun-doch-corona-ausschuss-an
  6. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200423_OTS0167/ottenschlaeger-zu-cofag-kein-verstaendnis-fuer-oppositionellen-rueckzug-aus-der-verantwortung
  7. https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2021/PK0187/
  8. https://www.cofag.at/organe.html
  9. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_09332/fnameorig_1349541.html

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wer waren/sind die Mitglieder des Beirats seit Gründung der COFAG?
    Bitte Mitglieder samt Organisation und Funktionsperiode angeben.

  2. Bezüge der Geschäftsführer
    1. War der Beirat über die Bezüge der Geschäftsführer informiert?
    2. Hat der Beirat die Bezüge der Geschäftsführer formal genehmigt?
    3. Hat der Beirat die Bezüge der Geschäftsführer formal zur Kenntnis genommen?
  1. Beratungsleistungen:
    1. War der Beirat über die Vergabe von Beratungsleistungen informiert?
    2. Hat der Beirat die Vergabe von Beratungsleistungen formal beschlossen?
    3. Hat der Beirat die Vergabe von Beratungsleistungen formal zur Kenntnis genommen?
    4. War der Beirat über die Beratungshonorare informiert?
    5. Hat der Beirat die Beratungshonorare formal genehmigt?
    6. Hat der Beirat die Beratungshonorare formal zur Kenntnis genommen?

  1. Langes Warten: War der Beirat darüber informiert, dass zahlreiche Unter-nehmen monatelang auf die ihnen zustehenden Hilfsgelder gewartet hatten?

  2. Abstimmung mit Aufsichtsrat und Geschäftsführung:
    1. Genehmigung des Beirates:

                                          i.    Wie viele Anträge wurden dem Beirat zur Genehmigung vorgelegt? Bitte nach Instrument, Monaten und Branchen differenzieren.

1.    Garantien, weil sie EUR 25 Mio. überschritten?

2.    Fixkostenzuschüsse, weil sie EUR 800.000 überschritten?

                                        ii.    Genehmigungspflicht:

1.    Wurde bei der Bewertung, ob die Wertgrenze überschritten und damit eine Genehmigungspflicht des Beirats ausgelöst wurde, lediglich die Höhe jedes einzelnen Antrags berücksichtigt oder wurden auch mehrere zeitlich nahe Anträge zusammengezählt? (z.B. wenn innerhalb weniger Wochen mehrere Garantieanträge von einem Unternehmen gestellt werden)

2.    Wenn lediglich die Höhe jedes einzelnen Antrags berücksichtigt wurde: Warum wurde dieses System gewählt?

3.    Wenn zeitlich nahe Anträge hinsichtlich des Auslösens der Genehmigungspflicht des Beirats zusammengerechnet wurden: Ab welcher zeitlichen Nähe fand eine Zusammenrechnung statt?

4.    Wenn zeitlich nahe Anträge hinsichtlich des Auslösens der Genehmigungspflicht des Beirats zusammengerechnet wurden: Inwiefern wurden Antragshöhen zwischen den unterschiedlichen Garantieformen zusammengerechnet?

                                       iii.    Wie oft hat der Beirat ein suspensives Veto erhoben? Bitte nach Instrument, Monaten und Branchen differenzieren.

1.    Wie oft bei Garantien?

2.    Wie oft bei Fixkostenzuschüsse?

                                       iv.    In wie vielen Fällen hat sich der Aufsichtsrat nach einem suspensiven Veto der Meinung des Beirates angeschlossen und eine negative Entscheidung getroffen? Bitte nach Instrument, Monaten und Branchen differenzieren.

1.    Wie oft bei Garantien?

2.    Wie oft bei Fixkostenzuschüsse?

                                        v.    In wie vielen Fällen hat der Aufsichtsrat nach einem suspensiven Veto des Beirates dennoch eine positive Entscheidung getroffen?  Bitte nach Instrument, Monaten und Branchen differenzieren.

1.    Wie oft bei Garantien?

2.    Wie oft bei Fixkostenzuschüsse?

    1.  Verbesserungspotenzial:

                                          i.    Welche Verbesserungen wurden von Beiratsmitgliedern vorgeschlagen? Bitte Name des einbringenden Beiratsmitglieds, Inhalt der Anregung und Datum anführen.

                                        ii.    Ist dem BMF bekannt, wie viele Verbesserungsvorschläge insgesamt vom Beiratsmitgliedern eingebracht wurden?

                                       iii.    Inwiefern wurden die Verbesserungsvorschläge des Beirats umgesetzt? Bitte einzelne Maßnahmen anführen.

                                       iv.    Inwiefern wurden die Verbesserungsvorschläge des Beirats zum Umsatzersatz und Fixkostenzuschuss 1 umgesetzt? 

  1. Angesichts der Kritik des Rechnungshofes an der Verschwiegenheitspflicht von Beiratsmitglieder: Welche Änderungen werden dazu vorbereitet?