12067/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.08.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten MMag. Katharina Werner Bakk.,  Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Rechtswidriges Abkommen für Kälbertransporte nach Italien 

 

Von Österreich und Italien wurde laut Medienberichten im Winter 2020 ein bilaterales Abkommen für Kälbertransporte unterzeichnet. (1) Dieses beinhaltet, dass die Sammelstelle Bozen als „Umladeort“ fungiert und die Kälber nach sechsstündiger Versorgung innerhalb der Umgebung zu landwirtschaftlichen Betrieben verbracht werden müssen. Die gesamte Beförderungsdauer darf die in der Verordnung (EG) 1/2005 geforderten 19 Stunden – von der Sammelstelle Bergheim bis zu den jeweiligen Bauern als Bestimmungsort – nicht übersteigen. Die Einhaltung der Bestimmungen wird von den lokalen Südtiroler Behörden überwacht. Nach einer behördlichen Veröffentlichung dieses Abkommens sucht man vergeblich. 

Es ist bislang Usus, dass österreichische Kälber über die Sammelstelle in Bozen exportiert werden. Auch der Transport nach Vic ist üblich. Dieser lässt sich aber eigentlich innerhalb der gesetzlich vorgegebenen maximalen Transportzeit von maximal 19 Stunden inkl. 1 Stunde Pause ohne einer 24-stündigen Ruhezeit nicht durchführen. Die meisten exportierten Kälber kommen nach Polen, Italien oder Spanien zur Mast. Leider passiert es immer wieder, dass Tiere nach Versand an einer Sammelstelle zu einem in den Begleitdokumenten als Bestimmungsort deklarierten Ort verbracht werden, der selbst wieder eine Sammelstelle ist bzw. dass die Tiere nach Abladen nicht 24 Stunden ruhen können und innerhalb kürzerer Frist wieder verladen werden.

Abgeschlossenes Abkommen rechtswidrig?

Ob das abgeschlossene Abkommen an diesen Problemen etwas ändern konnte bleibt fraglich. Denn wie der ORF Vorarlberg am 30.8.2022 berichtet, ist das Abkommen rechtswidrig. (2) Nicht nur die Rechtsgültigkeit wird von Juristen in Frage gestellt, sondern auch deren Beitrag zum Tierschutz. Die Studienautor:innen vermuten, dass mit dem Abkommen sogar Standards für Kälbertransporte nach unten nivelliert wurde und es ermöglicht, dass EU-Mindeststandards unterschritten werden. 

"Das Abkommen verfolge demnach vor allem einen bestimmten Zweck: „Jetzt versuchen die beiden Staaten, die Transporte gerade zum Beispiel von Vorarlberg über Bergheim in Salzburg runter nach Bozen und dann weiter zu den einzelnen Betrieben zu legalisieren“, erklärt Patsch. „Die Kälber stehen dadurch stundenlang in den Transportern und werden nicht einmal mit Wasser versorgt“, kritisiert sie."

Leiden von Kälbern

Nicht-entwöhnte Kälber in freier Haltung würden 6-12mal täglich bei der Mutter trinken; bei Stallhaltung bekommen die Kälber in der Regel ab Geburt zweimal am Tag Milchnahrung. Die Verlängerung dieser 12-Stunden-Intervalle führt zu starkem Hunger und alsbald zu erheblichem Leid für die Kälber. Die Tränken auf den Langstreckentransportern sind unzureichend und können oftmals von den Tieren nicht bedient werden. Eine Fütterung ist während des Transports nicht möglich, da die angebotene Elektrolytlösung (Isotone Mineralwasser + Glucose) eine Flüssignahrung nicht ersetzten kann.

Diese aktuellen Berichte und das womöglich verursachte Tierleid machen eine dringenderAufklärung und der Sicherstellung des Tierwohls notwendig! 

 

Quellen: 

(1) Vgl. https://antennesalzburg.oe24.at/neues-abkommen-mit-italien/419278049

(2) Vgl. https://vorarlberg.orf.at/stories/3171344/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie beurteilen Sie die rechtliche Gültigkeit des Abkommens zwischen Österreich und Italien?
  2. Weshalb wurde das Abkommen nicht kundgemacht?
  3. Wie wird für Amtstierärzte Rechtssicherheit gewährleistet, wenn unterschiedliche Bezeichnungen wie "vorläufiger" und "endgültiger" Bestimmungsort als neue Begriffe eingeführt wurden? 
  4. Welche Vorgaben zur Transportfähigkeit der Tiere gibt es konkret?
  5. Steht es Veterinärbehörden und/oder Landesregierungen frei schärfere Maßstäbe an die Transportfähigkeit der Tiere zu legen?
  6. Bei welchem Anteil an Kälbern (%/Stück) wurde 2021 und bisher 2022 je Bundesland ein voraussichtlicher Bestimmungsort in den Transportpapieren angegeben?
  7. Welche Bestimmungsorte wurden angegeben (Betriebe in der Umgebung)?
  8. Gab es Retrospektivkontrollen der Kälbertransporte, die gemäß dem Abkommen abgefertigt wurden? Wenn ja, wie viele und welche Beanstandungen gab es?
  9. Wie wird dokumentiert, dass den Kälbern eine angemessene Pause gewährt wird?
  10. Wie viele österreichischen Kälber wurden im Jahr 2021 (und bisher in 2022) über die Sammelstelle in Bozen je Bundesland (Italien) exportiert?
  11. Wie oft wurde die Sammelstelle in Bozen 2021 und 2022 je Bundesland als Bestimmungsort angegeben?
  12. Wie viele österreichische Kälber wurden dort für eine 24-stündige Ruhezeit abgeladen?
  13. Wie lange blieben die Kälber im Durchschnitt in der Sammelstelle?
  14. Welche Bestimmungsorte wurden im Jahr 2021 (und bisher in 2022) je Bundesland bei österreichischen Kälberexporten angegeben?
  15. Gab es im Jahr 2021 bzw. 2022 Kälbertransporte von Österreich mit einem Bestimmungsort in einem Drittstaat? Wenn ja, welche?
  16. Wie viele Kälber wurden im Jahr 2021 (und bisher in 2022) mit dem Bestimmungsort Vic (Spanien) exportiert?
  17. Gibt es Aufzeichnungen was mit österreichischen Kälbern nach der Mast im EU-Ausland passiert?
  18. Wie lange sind die maximalen Fütterungsintervalle (mit Milchaustauscher) bei Kälbertransporten von Österreich in andere Mitgliedsstaaten?
  19. Wie hoch ist die Mortalitätsrate während des Transports (Death On Arrival – DAO) bzw. Morbiditätsrate (Zahl der Erkrankungen) innerhalb von 3 Wochen nach Ankunft am Bestimmungsort bei österreichischen Kälberexporten?
  20. Welche Maßnahmen werden gegen länderübergreifendes Sammelstellenhopping getroffen?
  21. Welche Maßnahmen werden gegen Sammelstellenhopping innerhalb Österreichs getroffen?
  22. Falls als Bestimmungsort eine Sammelstelle angegeben ist, wie kann sichergestellt werden, dass die Tiere dort für mind. 24 Stunden untergebracht werden bzw. dass die wahre Beförderungsdauer nicht verschleiert wird?
  23. Wie viele Kälber wurden im Jahr 2021 (und bisher in 2022) exportiert?
  24. Wie viele Kälbertransporte wurden im Jahr 2021 (und bisher in 2022) je Bundesland aufgrund von Beanstandungen nicht abgefertigt? Welche Beanstandungen lagen vor?
  25. Wie viele Kälbertransporte wurden im Jahr 2021 (und bisher in 2022) je Bundesland auf der Straße kontrolliert und welche Verstöße lagen vor?
  26. Welche Maßnahmen werden getroffen, um das Leid nicht entwöhnter Kälber, die auf Transporten bis zu 19 Stunden Durst und Hunger leiden, zu beenden?