12117/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.09.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Folgeanfrage "Inwiefern erfüllt der Staat seine Verpflichtungen gegenüber Flüchtlingen aus der Ukraine?"

 

Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine hat dramatische Folgen für die Zivilbevölkerung. Seit der Invasion am 24. Februar 2022 werden ukrainische Städte bombardiert und zivile Infrastruktur wird zerstört – es werden zahlreiche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht gemeldet - tausende Zivilist_innen sind bereits gestorben. Dadurch wurden viele Menschen dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, um sich in den Nachbarländern in Sicherheit zu bringen. Nach Angaben des UNHCR sind mit Stand 1. Juli 2022 knapp 5,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Laut UNO gab es seit dem zweiten Weltkrieg keine Fluchtbewegung, die so schnell gewachsen ist. Und derzeit steht kein Ende des Konflikts in Sicht. Schätzungen zufolge könnte die Anzahl an Schutzsuchenden aus der Ukraine sogar auf 10 Millionen ansteigen. 

Am 4. März haben die EU-Staaten den Durchführungsbeschluss 2022/382, basierend auf der Richtlinie 2001/55/EG, einstimmig angenommen. Dieser soll es ermöglichen, Schutzsuchenden aus der Ukraine schnell und unbürokratisch ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu gewähren. Der vorübergehende Schutz soll vorerst für ein Jahr gelten, kann jedoch um insgesamt zwei weitere Jahre verlängert werden.

Die Richtlinie 2001/55/EG sieht folgende Verpflichtungen des Staats gegenüber Personen, die einen temporären Schutzstatus erhalten, vor: 

Innerstaatlich wurde dieser Beschluss durch die Annahme der Vertriebenen-VO am 11. März 2022 im Hauptausschuss des Parlaments umgesetzt, auf Basis derer diese Rechte folgenden Personengruppen, die ab dem 24.2.2022 aus der Ukraine vertrieben wurden, zu gewähren sind: 

Zur Koordination im Umgang mit Schutzsuchenden richtete Bundeskanzler Karl Nehammer die Stabstelle "Ukraine - Flüchtlingskoordination" im Bundeskanzleramt ein und bestellte am 13. März Michael Takács als Flüchtlingskoordinator, welcher jedoch nur für kurze Zeit im Amt blieb da er - nicht ohne Kritik - zum Bundespolizeidirektor ernannt wurde. Daraufhin folgte Andreas Achrainer, Geschäftsführer der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, als neuer Flüchtlingskoordinator (siehe: https://www.derstandard.at/story/2000137050720/asylagenturchef-andreas-achrainer-wird-neuer-fluechtlingskoordinator). 

Zu den Aufgaben der Stabstelle zählen insbesondere: 

Bislang war die Aufnahme aus der Ukraine geflüchteter Menschen in verschiedenster Hinsicht mangelhaft: Die Registrierungen verzögerten sich anfangs, die Unterbringung der Schutzsuchenden zeichnete sich durch fehlende Organisation und Koordination aus, die Auszahlung der Grundversorgung verspätete sich oder blieb gar aus, sodass Betroffene auf die Hilfe der Zivilgesellschaft angewiesen waren, welche die Aufgaben des Staats größtenteils übernommen hat. Laut Beantwortung auf die NEOS Anfrage zur Situation von aus der Ukraine Geflüchteten bzw. zu den Tätigkeiten der Stabstelle (siehe 10805/AB) sind neben dem Flüchtlingskoordinator in der Stabstelle Ukraine-Flüchtlingskoordination vier Mitarbeiter_innen auf Vollbeschäftigungsbasis beschäftigt. Der Stabstelle stehen keine gesondert festgelegten budgetären Mittel zur Verfügung. Generell ließ die Anfragebeantwortung zahlreiche Fragen offen - so blieben insbesondere Fragen zur Erstversorgung und zu den Vulnerabilitäten gänzlich unbeantwortet - und einige Antworten verlangen weitere Präzisierung. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Welche konkreten Funktionen erfüllen die vier Mitarbeiter_innen der Stabstelle Ukraine-Flüchtlingskoordination jeweils? 
  2. Da der Stabstelle Ukraine-Flüchtlingskoordination keine gesondert festgelegten budgetären Mittel zur Verfügung stehen: Mit welchen Mitteln erfüllt die Stabstelle ihre Aufgaben dann? 
  3. Gibt es andere Mittel, auf die sie zurückgreifen kann? 
    1. Wenn ja, welche? 
  1. Verfügt die Stabstelle Ukraine-Flüchtlingskoordination zur Erfüllung ihrer Aufgaben über ausreichend Ressourcen? 
  2. Wird überprüft, ob die Stabstelle Ukraine-Flüchtlingskoordination zur Erfüllung ihrer Aufgaben über ausreichend Ressourcen verfügt? 
    1. Wenn ja, in welchen Zeitabständen, von wem und mit welchem Ergebnis? 
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Gab bzw. gibt es Gespräche über die Ressourcen der Stabstelle Ukraine-Flüchtlingskoordination? 
    1. Wenn ja, mit wem und mit welchem Inhalt? 
    2. Wenn ja, ersuchte die Stabstelle Ukraine-Flüchtlingskoordination je um zusätzliche Ressourcen? 
  1. An welche Regierungsmitglieder erstattete bzw. erstattet die Stabstelle Ukraine-Flüchtlingskoordination in welcher Form Bericht?
    1. Was sind dabei die konkreten Inhalte?
    2. In welchen zeitlichen Abständen findet die Berichterstattung statt? 
  1. Wurden bzw. wird der Stand der Ressourcen der Stabstelle Ukraine-Flüchtlingskoordination in der Berichterstattung an Regierungsmitglieder thematisiert? 
    1. Wenn ja, wann und mit welchem Inhalt? 
    2. Wenn ja, mit welchen Reaktionen von welchen Regierungsmitgliedern jeweils? 
  1. Die Anfragebeantwortung 10805/AB verwies auf eine "vorausschauende Planung" zur Schaffung von genügenden Kapazitäten zur Aufnahme, Unterbringung und Versorgung der Schutzsuchenden aus der Ukraine. Was beinhaltet diese Planung? 
    1. Welche Vorkehrungen wurden von der Stabsstelle Ukraine - Flüchtlingskoordination wann getroffen, um gegenwärtig und künftig genügend Kapazitäten zur Aufnahme, Unterbringung und Versorgung der Schutzsuchenden aus der Ukraine sicherzustellen?