12141/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.09.2022
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Anfrage

 

des Abgeordneten Hannes Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Sideletter und Nebenabsprachen im Bereich der Sicherheitspolitik?

 

ÖVP und Grüne wollen eine sogenannte „Beschwerde- und Untersuchungsstelle“ zur Verfolgung von Vorwürfen gegen die Polizei einrichten. „Konsequente und unabhängige Ermittlungen bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in einer eigenen Behörde in mulitprofessioneller Zusammensetzung, die sowohl von Amts wegen ermittelt als auch als Beschwerdestelle für Betroffen fungiert und mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet ist,“ lautet eine schönfärberische Formulierung auf Seite 153 des Regierungsprogrammes 2020-2024. Ein dementsprechender Entschließungsantrag wurde unter 725/A (E)[1] bereits im Juni 2020 im Parlament eingebracht, im Menschenrechtsausschuss debattiert und im Juli 2022 mehrheitlich mit Zustimmung von ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS beschlossen. Einzig die FPÖ lehnte den Antrag als „Misstrauensantrag des Innenministers an die eigene Exekutive“ ab und sprach sich gegen eine Pauschalverurteilung der Polizei aus. Ebenfalls „klar gegen diese fragwürdige Inquisitionsbehörde zum Nachteil unserer Polizistinnen und Polizisten“ sprach sich die AUF aus und startete sogar eine Petition mit dem Titel „Polizisten sind keine Verbrecher“.[2]

 

Zu befürchten ist, dass diese geplante Untersuchungsstelle mit „multiprofessioneller Zusammensetzung“ eine Denunziationsbehörde gegen Polizeibeamte werden könnte. Nicht auszudenken, wenn zukünftig jene amtsbekannten Linksaktivisten, die bisher schon als erklärte Gegner der Polizei in Erscheinung getreten sind, dann vielleicht als Mitglieder dieser Beschwerde- und Untersuchungsstelle gegen beschuldigte Polizeibeamte, mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet, ermitteln und bei diesen sogar Zwangsmaßnahmen, wie Hausdurchsuchungen oder Freiheitsbeschränkungen, durchführen können.

 

Wo diese sogenannten Beschwerde- und Untersuchungsstelle eingerichtet werden soll, geht weder aus dem Regierungsprogramm noch aus dem Entschließungsantrag hervor. Am Montag, 25. Juli 2022 berichtete „Der Standard“ zum Thema wie folgt: „[…] Fix dürfte sein, dass die neue Beschwerde- und Ermittlungsstelle beim Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) angesiedelt wird. Darauf sollen sich ÖVP und Grüne bereits bei den Koalitionsverhandlungen geeinigt haben. […]“[3]

 

Dementsprechend stellt sich die Frage, ob es im Bereich der Sicherheitspolitik einen noch nicht öffentlich bekannten Sideletter zum Regierungsprogramm 2020-2024 gibt.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Ist es korrekt, dass die geplante Beschwerde- und Untersuchungsstelle beim Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) angesiedelt werden soll?

a.    Wenn ja, wann und wie wurde dies vereinbart?

b.    Wenn nein, wo soll diese geplante Beschwerde- und Untersuchungsstelle sonst eingerichtet werden?

2.    Worauf stützt sich die Zeitung „Der Standard“, wenn sie schreibt ÖVP und Grüne hätten sich „bereits bei den Koalitionsverhandlungen geeinigt“ die neue Beschwerde- und Ermittlungsstelle beim Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) anzusiedeln?

3.    Existiert ein Sideletter zum Regierungsprogramm 2020-2024, der Vereinbarungen betreffend dieser geplanten Beschwerde- und Untersuchungsstelle beinhaltet?

a.    Wenn ja, welche detaillierten Vereinbarungen wurden betreffend dieser geplanten Beschwerde- und Untersuchungsstelle in diesem Sideletter konkret niedergeschrieben?

b.    Wenn ja, welche darüber hinausgehenden Nebenvereinbarungen im Bereich der Sicherheitspolitik wurden in diesem Sideletter noch getroffen?

c.    Wenn ja, welche konkreten Vereinbarungen hinsichtlich Personalentscheidungen stehen in diesem Sideletter?

d.    Wenn nein, in welcher Form wurde – sofern bereits bei den Koalitionsverhandlungen eine Einigung darüber hergestellt wurde, dass diese geplante Beschwerde- und Untersuchungsstelle beim BAK angesiedelt werden soll – dies sonst vereinbar?

 

4.    Können Sie ausschließen, dass es darüber hinaus der Öffentlichkeit unbekannte Sideletter betreffend der Sicherheitspolitik zum Regierungsprogramm 2020-2024 gibt?

a.    Wenn nein, welche Sideletter haben ÖVP und Grüne diesbezüglich unterfertigt?

b.    Wenn nein, was ist der genaue Inhalt dieser Sideletter?

c.    Wenn nein, wer hat die jeweiligen Sideletter jeweils konkret unterfertigt?

5.    Können Sie ausschließen, dass es darüber hinaus der Öffentlichkeit unbekannte Nebenabsprachen betreffend der Sicherheitspolitik zum Regierungsprogramm 2020-2024 gibt?

a.    Wenn nein, welche Nebenabsprachen haben ÖVP und Grüne diesbezüglich getroffen?

b.    Wenn nein, wer konkret hatte das entsprechende Pouvoir solche Nebenabsprachen zu treffen?

c.    Wenn nein, wie und in wessen Auftrag wurden entsprechende Nebenabsprachen angebahnt?

 

6.    Wann soll diese geplante Beschwerde- und Untersuchungsstelle aus heutiger Sicht ihre Arbeit planmäßig aufnehmen?

7.    Wie wird sich aus heutiger Sicht die „multiprofessionelle Zusammensetzung“ konkret darstellen?



[1] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00725/index.shtml

[2] https://www.auf.at/polizisten-sind-keine-verbrecher

[3] https://www.derstandard.at/story/2000137692299/ngo-kritik-an-geplanter-ermittlungsstelle-gegen-polizeigewalt