12165/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.09.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Qualität der BBU-Rechtsberatung
Am 16. Mai 2019 wurde das Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BBU-Errichtungsgesetz – BBU-G) - trotz heftiger Kritik im Begutachtungsverfahren - von ÖVP und FPÖ im Nationalrat beschlossen. Dieses Gesetz trat (überwiegend) am 20. Juni 2019 in Kraft. Darin ist festgeschrieben, dass die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH) ihre Tätigkeit im Bereich der Grundversorgung ab 1. Juli 2020 wahrnehmen soll; dies wurde später auf 1. Dezember 2020 verschoben. Die Tätigkeit im Bereich der Rechtsberatung, der Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe, der Menschenrechtsbeobachtung von Abschiebungen und der Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen hat die Bundesagentur am 1. Jänner 2021 aufgenommen.
Die Durchführung der Rechtsberatung durch die BBU GmbH umfasst jene vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gemäß § 49 BFA-VG sowie jene vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gemäß § 52 BFA-VG. Die Bundesagentur stellt also Rechtsberater_innen für das Verfahren vor dem BFA sowie Parteienvertreter_innen und damit Verfahrensgegner_innen des BFA im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bereit. Die BBU GmbH ist jedoch sowohl finanziell als auch organisatorisch und personell eng mit dem BMI verflochten. Dies ist vor allem im Hinblick darauf problematisch, dass das BFA dem Bundesminister für Inneres als unmittelbar nachgeordnete Behörde gegenüber dem BMI weisungsgebunden ist.
Die Geschäftsanteile an der Bundesagentur stehen zu 100% im Eigentum des Bundes. Die Ausübung der Gesellschafterrechte, etwa das Recht auf Information bzw. Auskunft, obliegt dem/der Bundesminister_in für Inneres (§ 1 Abs 5 BBU-G). Als alleinige/r Gesellschaftervertreter_in hat der/die Bundesminister_in für Inneres mit Beschluss für die Geschäftsführung verbindliche allgemeine Grundsätze der Geschäftspolitik und der Unternehmensführung festzulegen (§ 12 Abs 2 BBU-G). In Bezug auf Belange der Rechtsberatung vor dem BVwG hat der/die Bundesminister_in für Inneres zwar vor Beschlussfassung Einvernehmen mit dem/der Bundesminister_in für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (BMVRDJ) herzustellen, doch ist nicht geregelt, welche Konsequenzen aus dem allenfalls fehlenden Einvernehmen folgen.
Für das Jahr 2021 wurde ein Bericht des Qualitätsbeirats, welcher sich aus verschiedenen Expert_innen zusammensetzt, veröffentlicht (siehe: https://www.bbu.gv.at/wp-content/uploads/2022/03/Bericht-des-Qualitaetsbeirats_2021-1.pdf). Ursprünglich wollte man dem Qualitätsbeirat eine Verschwiegenheitspflicht auferlegen, auch der Jahresbericht hätte dann nicht veröffentlicht werden dürfen - das hat der Qualitätsbeirat glücklicherweise abgelehnt (siehe: https://www.sn.at/panorama/oesterreich/unabhaengigkeit-der-fluechtlings-beratung-nicht-sichergestellt-121688158). Der Bericht beinhaltet einige Kritikpunkte, insbesondere hinsichtlich der Unabhängigkeit der Rechtsberatung, welche mit der Struktur der BBU zusammenhängt: "Die gewählte Rechtsform der GmbH im ausschließlichen Eigentum des Bundes, vertreten durch und unter maßgeblichem Einfluss des BMI, erscheinen dem Qualitätsbeirat als wenig geeignet, die Unabhängigkeit der Rechtsberatung zu garantieren (...) die Möglichkeit einer direkten oder indirekten Einflussnahme ist nicht ausgeschlossen (...) Die gelebte Unabhängigkeit hängt auch wesentlich an den handelnden Personen". Die konkreten Regelungen betreffend den Geschäftsbereich Rechtsberatung wurden durch eine bisher unveröffentlichte Rahmenvereinbarung getroffen. Die Rahmenvereinbarung ist gesetzlich nicht gesichert und könnte jederzeit durch eine neue ersetzt werden. Der Beirat vertritt die Meinung, dass legistische Maßnahmen angestrebt werden sollten, um eine unabhängige Rechtsberatung nachhaltig abzusichern und die Transparenz zu erhöhen. Weitere Bedenken betreffen vor allem das Dolmetschwesen: Besonders kritisch hinterfragt wurde die mangelnde absolute Verschwiegenheitspflicht der Dolmetscher_innen, diskutiert wurden ebenfalls die Errichtung eines eigenen Dolmetschregisters durch die BBU, allfällige Abhängigkeiten und (Anscheins-)Befangenheiten, die Kompetenzprüfung und Qualitätskontrolle sowie Aus- und Fortbildung der Dolmetscher_innen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Mit welchen Ergebnissen und Anpassungen jeweils?