12170/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.09.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Inhaftierte Österreicher im Iran

In Belgiens Parlament wird zurzeit ein Gesetzesvorschlag behandelt, der vorsieht, in Belgien verurteilte Straftäter iranischer Staatsbürgerschaft begnadigen, in den Iran zu schicken oder gegen Belgier_innen austauschen zu können. Kritiker sehen den Vorschlag als Anlassgesetzgebung, die es der belgischen Regierung erlauben würde, den (in Wien akkreditierten) ehemaligen Diplomaten Assadollah Assadi gegen im Iran zum Tode verurteilte belgische Staatsbürger auszutauschen.

Während der belgische Staat alles in seiner Macht stehende tun muss, um seine Staatsbürger_innen auch im Ausland vor staatlicher Willkür zu schützen, so wirft die Frage nach Amnestie für oder Überstellung von verurteilten Terroristen ethische wie auch politische Fragen auf. Assadi wurde vor Gericht dafür verurteilt, im Namen des iranischen Regimes einen Mordanschlag zu begehen. Wird er in den Iran überstellt, so die Kritiker, wird er sofort freigelassen, mit all der negativen Signalwirkung für mögliche zukünftige Anschläge auf belgischem Territorium. Ein Austausch eines in Belgien rechtskräftig verurteilten Terroristen gegen einen von Irans Staatsjustiz verurteilten Belgier würde dem Iran einen Anreiz zur willkürlichen Verhaftung von belgischen Staatsbürger_innen geben, sobald ein prominenter iranischer Häftling freizupressen ist.

Auch zwei österreichische Staatsbürger, Kamran Ghaderi und Massud Mossaheb, sitzen im Iran nach höchst zweifelhaften Gerichtsverhandlungen in Haft. Die österreichische Bundesregierung betont, dass sie alles in ihrer Macht stehende tut, diese beiden Österreicher freizubekommen, bislang aber ohne Erfolg.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Gibt es in Österreich eine rechtliche Grundlage, um in Österreich verurteilte Iraner gegen im Iran inhaftierter Österreicher_innen auszutauschen?

a. Wenn nein, gibt es Pläne, eine solche auszuarbeiten?

2.    Wie steht die Bundesregierung zum Prinzip des Austauschs von in Österreich rechtskräftig verurteilten Iraner_innen gegen im Iran nach nicht internationalen Rechtsnormen entsprechenden Prozessen verurteilten Österreichers_innen?

a. Wie bewertet das Außenministerium die moral hazards einer solchen Politik?

3.    Der belgische Fall zeigt, dass bilaterale Lösungen von staatlicher Erpressung für den kleineren Staat meist unzufriedenstellend ist. Hat Österreich sich auf europäischer Ebene für eine gemeinsame Vorgehensweise eingesetzt - wie etwa bei, derzeit in Verhandlung stehenden Anti-Erpressungs-Instrument der EU in Wirtschaftsfragen?

a. Wenn ja, welche Vorschläge wurden eingebracht, und wann? Welche Antworten erhielt Österreich von der Kommission und von Partnerstaaten?

4.   Welche Akte setzt die Republik Österreich derzeit, um die beiden inhaftierten Staatsbürger zu befreien?

5.   In der humanitären Hilfe sollte Hilfe für Individuen nicht von Fehlverhalten ihrer Regierungen beeinträchtigt werden. Dennoch fragt sich, warum Österreich unter all den Staaten, die z.B. Corona-Impfspenden erhalten haben, ausgerechnet ein Staat, der österreichische Staatsbürger in ungerechtfertigter Haft hält, als Spendenempfänger ausgewählt werden sollte. Welche Nachricht versucht die Bundesregierung mit dieser Auswahl zu senden bzw. sendet diese Entscheidung dem Regime in Iran nicht die Nachricht, dass es keine Konsequenzen nach sich zieht, der österreichischen Bundesregierung vor den Kopf zu stoßen?