12171/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.09.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Honorarkonsul_innen

 

Honorarkonsul_innen stellen laut Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA) eine "wertvolle Ergänzung zu den österreichischen Berufsvertretungen im Ausland" dar, da sie als erste Anlaufstelle für österreichische Reisende und Auslandsösterreicher_innen an Orten, wo es keine österreichischen Berufsvertretungen gibt, angedacht sind. Bei Honorarkonsul_innen handelt es sich um Personen, die sich ehrenamtlich im Interesse Österreichs engagieren (siehe: https://www.bmeia.gv.at/botschaften-konsulate/suche-nach-oesterreichischen-vertretungen/welche-arten-von-vertretungen-gibt-es/).

Weiters führt das BMEIA aus, Honorarkonsul_innen "unterhalten gute Beziehungen zu den lokalen Behörden und pflegen Kontakte zu Wirtschafts- und Kulturtreibenden in der Region". Anders als Diplomat_innen sind Honorarkonsul_innen gewöhnliche Bürger_innen, oft Geschäftsleute oder Anwält_innen, welche aber in der Regel Amtshandlungsimmunität genießen. Nach Angaben des BMEIA gibt es rund 300 Honorarkonsulate in über 130 Ländern. Umgekehrt gibt es auch Personen, die als Honorarkonsul_innen andere Länder in Österreich vertreten (siehe: https://www.diepresse.com/4613749/die-welt-der-honorarkonsuln).

Die Eröffnung einer honorarkonsularischen Vertretung und die Bestellung von HonorarfunktionärInnen werden in einem einheitlichen Prozess, dem Bestallungsverfahren, durchgeführt: Die Bestellung neuer Honorarkonsul_innen bedarf der Genehmigung durch die österreichische Bundesregierung und der Ernennung durch den Herrn Bundespräsidenten. Die endgültige Zulassung der Leiterin/des Leiters eines Honorarkonsulats erfolgt durch den Empfangsstaat gem. Art. 12 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen. Honorarkonsul_innen unterfertigen vor Amtsantritt einen Bestallungsvertrag, der auf eine Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen wird, wobei Verlängerungen möglich sind.

Dass viele Honorarkonsul_innen der Republik Österreich enge wirtschaftliche Beziehungen zum Empfangsstaat unterhalten und zugleich konsularische Aufgaben für Österreich wahrnehmen, wirft Fragen hinsichtlich potentieller Interessenskonflikte auf. Demnach werden Honorarkonsul_innen auch als „politische Wirtschaftslobbyisten“ bezeichnet (vgl. Christopher Hahn: Der Honorarkonsul. Springer Gabler 2021). Einiges, etwa zum Auswahlverfahren der Honorarkonsul_innen, zum Ausmaß des Schutzes durch die Amtshandlungsimmunität sowie zu in Österreich tätigen Honorarkonsul_innen, bleibt intransparent, weshalb nähere Informationen von Interesse sind.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie läuft das Bestallungsverfahren konkret ab?
  2. Werden die Kandidat_innen innerhalb des Prozesses überprüft, etwa bezüglich ihrer persönlichen Eignung?
    1. Falls ja, wie sieht diese Überprüfung aus?
  1. Wie viele der seit 2000 für Österreich tätigen Honorarkonsul_innen haben bzw. hatten Vorstrafen?
    1. Finden nach der Zulassung weitere Prüfungen oder regelmäßige Rückmeldungen über die Arbeit der Honorarkonsul_innen statt?
  1. Eine einheitliche, formale Ausbildung setzt das Amt des/der Honorarkonsul_in nicht voraus. Wie bereitet die Republik Österreich die Honorarkonsul_innen auf ihre Tätigkeit vor?
    1. Werden sie im Amt regelmäßig geschult?

                                          i.    Falls ja, wie häufig?

                                        ii.    Falls ja, was beinhalten die Schulungen?

  1. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um mögliche Konflikte zwischen den privaten, wirtschaftlichen Interessen und den konsularischen Aufgaben der Honorarkonsul_innen zu vermeiden?
    1. Wie geht das BMEIA bei offenkundigen Interessenkonflikten vor, um sicherzustellen, dass die Interessen Österreichs gewahrt bleiben?
  1. Zählen Honorarkonsul_innen zu politisch exponierten Personen im Sinne des § 2 Z 6 FM-GwG?
  2. Nach Art. 39 WÜK dürfen Honorarkonsul_innen für konsularische Amtshandlungen Gebühren und Kosten erheben. Für welche konsularischen Amtshandlungen fallen dabei konkret Gebühren und Kosten an?
    1. Liegen dem BMEIA Zahlen vor, wie viel Gebühren und Kosten die Republik Österreich vertretende Honorarkonsul_innen pro Jahr im Durchschnitt erheben?

                                          i.    Wenn ja, wie viele?

  1. Nach Art. 68 WÜK kann jeder Staat frei entscheiden, ob er Honorarkonsul_innen bestellen oder empfangen will: Wie häufig und welche Entsendeländer betreffend hat Österreich seit 2010 eine Voranfrage bzgl. Zulassung eines/einer Honorarkonsul_in negativ beschieden?
    1. Aus welchen Gründen jeweils?
  1. Wie häufig und welche Entsendeländer betreffend hat Österreich seit 2010 die Bestellung eines/einer Honorarkonsul_in nach positiv beschiedener Voranfrage negativ beschieden?
    1. Aus welchen Gründen jeweils?
  1. In wie vielen Fällen hat Österreich Entsendestaaten gemäß Art. 42 WÜK per Verbalnote über Ermittlungen gegen einen/eine Honorarkonsul_in informiert?
    1. Welche Entsendestaaten waren betroffen?
  1. Gab es Fälle, in denen Österreich vertretende Honorarkonsul_innen nach Fehlverhalten abberufen wurden?
    1. Falls ja, aus welchen konkreten Gründen und betreffend welche Entsendeländer jeweils?
  1. Gab es Fälle, in denen in Österreich tätige Honorarkonsul_innen nach Fehlverhalten abberufen wurden?
    1. Falls ja, aus welchen Gründen und betreffend welche Entsendeländer jeweils?
  1. Welchen Schutz bietet die Amtshandlungsimmunität bei Strafverfolgung und/oder Durchsuchungen?
    1. Wie wird sichergestellt, dass Honorarkonsul_innen in Österreich diese Amtshandlungsimmunität nicht für kriminelle Tätigkeiten nutzen?
  1. Wie viele Fälle sind dem BMEIA bekannt, bei denen diese partielle Immunität in Österreich zugelassene Honorarkonsul_innen seit 2010 vor Strafverfolgung geschützt hat?
    1. Wenn ja, wie viele?
  1. In wie vielen Fällen wurde die Amtshandlungsimmunität von in Österreich tätigen Honorarkonsul_innen seit 2010 aufgehoben?
    1. Welche Entsendeländer betraf dies?
  1. Wie viele der derzeit in Österreich zugelassenen Honorarkonsul_innen besitzen nicht die österreichische Staatsangehörigkeit?
  2. Wie viele der derzeit in Österreich zugelassenen Honorarkonsul_innen sind nicht ständig in Österreich ansässig bzw. waren es zum Amtsantritt noch nicht?