12174/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.09.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Barrierefreie Arztpraxen
Für Menschen mit Behinderungen stellt sich bei Arztbesuchen - neben Lage oder Sympathie - insbesondere eine Frage: Ist die Ordination barrierefrei? Gemäß §1 des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes besteht seit 2016 die Pflicht, "die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen oder zu verhindern und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen." (1) Dieser Paragraph ist im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention, die Österreich 2008 ratifiziert hat. In Artikel 25 heißt es dort:
"Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen. das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu genießen. Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu geschlechtsspezifischen Gesundheitsdiensten, einschließlich gesundheitlicher Rehabilitation, haben." (2)
Nach Rechtsansicht des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz auch auf ärztliche Ordinationen anzuwenden (3), womit diese seit 2016 dazu verpflichtet wären, Praxen barrierefrei zu machen. Das bedeutet nicht nur einen stufenlosen Zugang zur Ordination, sondern umfasst auch Toiletten oder die Beseitigung von Kommunikationsbarrieren, so beispielsweise vom Österreichischen Behindertenrat gefordert (4). Auch Blindenleitsysteme und Aufzugs- und Türbreiten fallen in diese Kategorie (5).
Modellregion Wien
In Wien hat BIZEPS das Projekt "Behinderte Menschen in Wiener Gesundheitseinrichtungen“ gestartet und kooperiert dort mit der Ärztekammer für Wien, der ÖQMed (Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Medizin GmbH) und der Landeszahnärztekammer für Wien (5). Die über 850 erfassten Ordinationen sind online auf den Seiten www.praxisplan.at, www.arztbarrierefrei.at (wenngleich der Rechnungshof bei den Webseiten die fehlenden Informationen zur Behandlungsqualität anmerkt (6)) und wr.zahnaerztekammer.at abrufbar.
Im Nationalen Aktionsplan Behinderung 2021-2030 (NAP II) wird der barrierefreie Zugang zum Gesundheitswesen ebenfalls angesprochen: "Umfassende Barrierefreiheit soll in allen Gesundheitseinrichtungen (insbesondere Ambulanzen) und bei sämtlichen niedergelassenen Vertragsärzt:innen hergestellt werden" (7), allerdings ist nicht ersichtlich, ob das bestehende Angebot von Wien übernommen und ausgebaut wird. Eine der Maßnahmen lautet: "Ist-Stands-Erhebung zu „Barrierefreies Gesundheitswesen“ unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen und Erfahrungsexpert:innen als Ausgangspunkt zur Erstellung eines Etappenplans", für den Zeitraum 2022-2025, mit noch unklaren Kosten (ebd.). In Kapitel 7.4.3. (Maßnahmen für die Umsetzung von Hilfsmitteln) ist die Rede von einer "Intensivierung der Zusammenarbeit aller Kostenträger im Hilfsmittelbereich und Schaffung zentraler Hilfsmittel-Anlaufstellen („One Stop Shops“) für Menschen mit Behinderungen, insbesondere auch als optimale Anlaufstelle für Kinder mit Behinderungen" (ebd.), welche eine zentrale Anlaufstelle für barrierefreie Arztpraxen beinhalten könnte. In einem Bericht zur Qualitätsarbeit im niedergelassenen Bereich anerkennt der Gesundheitsminister die Notwendigkeit zur Schaffung einer "öffentlichen qualitätsgesicherten Plattform mit Informationen zu Strukturqualität und Prozessqualität" (8).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende