12196/J XXVII. GP
Eingelangt am 21.09.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Betretungs- und Annäherungsverbote gegen Polizist_innen
Der §38a Sicherheitspolizeigesetz (SPG) regelt das Betretungs- und Annäherungsverbot zum Schutz vor Gewalt in der Familie. Wenn es zu gewaltsamen oder bedrohlichen Situationen im häuslichen Bereich kommt, dann kann die Polizei den/die Gefährder_in wegweisen. Damit einher geht ein Betretungsverbot der (ggf. gemeinsamen) Wohnung, ein Annäherungsverbot an die gefährdete Person, sowie ein gem. §13 Abs 1 Waffengesetz vorläufiges Waffenverbot gegen den/die Gefährder_in. Der/Die Gefährder_in muss also all seine Waffen abgeben und darf sich auch keine neuen besorgen. Außerdem hat der/die Gefährder_in binnen fünf Tagen eine Beratungsstelle für Gewaltprävention aufzusuchen. Solche Betretungs- und Annäherungsverbote sind leider Alltag von Polizist_innen. Als Ersteinschreitende sind sie diejenigen, die ein solches Betretungs- und Annäherungsverbot aussprechen und abwickeln, sowie die Einhaltung binnen dreier Tage kontrollieren. Die Polizei hat laut eigenen Angaben1 2021 ganze 13.690 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen. Doch wie stellt sich die Situation dar, wenn der/die Gefährder_in selbst Polizist_in ist? Ein Szenario, welches leider bei rund 31.000 Exekutivbediensteten in Österreich schon mal vorkommen kann. Man erinnere sich beispielsweise an den Vorfall aus dem Jahr 2016, in dem ein Polizist seine schwangere Frau mit der Dienstwaffe erschoss und den gemeinsamen einjährigen Sohn erwürgte2. Oder an den Frauenmord aus dem vergangenen Jahr, bei welchem ein Polizist seine Ex-Lebensgefährtin tötete und nach tagelanger Fahndung3 - bei welcher nicht ausgeschlossen werden konnte, ob er seine Dienstwaffe mit sich führte - nach einem Suizid aufgefunden wurde4. Aus solchen und ähnlich gelagerten Fällen stellt sich die Frage, wie sich ein Betretungs- und Annäherungsverbot, mit dem eben auch ein Waffenverbot einhergeht, mit den Dienstwaffen (Faustfeuerwaffe, Sturmgewehr, Pfefferspray, Taser, Schlagstock, sowie alle weiteren gem §3 Waffengebrauchsgesetz) verhält? Wie geht das BMI bzw. die jeweiligen Landespolizeidirektionen mit solchen Exekutivbediensteten um, die selbst zum/zur Gefährder_in wurden, während gleichzeitig Präventionsarbeit ein großer und wichtiger Bestandteil der exekutivdienstlichen Tätigkeit ist? Wie redlich und ernsthaft können solche Exekutivbedienstete deeskalierend und beratend bei Einsätzen von Gewalt in der Familie tätig werden, so sie doch selbst zum/zur Täter_in wurden? Und welche dienstrechtlichen Konsequenzen zieht das BMI in solchen Fällen? Denn eines ist sicher: Gewalt in der Familie kommt unabhängig des Berufs, der sozialen Schicht und des Ansehens vor, so auch leider in Familien, in denen ein Elternteil dem Beruf des/der Polizist_in nachgeht.
1 https://bundeskriminalamt.at/501/files/2022/Gewaltpraevention_2021.pdf
2 https://wien.orf.at/v2/news/stories/2802068/index.html
3 https://www.derstandard.at/story/2000130604718/fahndung-nach-polizist-der-seine-frau-getoetet-haben-soll-dauert
4 https://www.nachrichten.at/panorama/chronik/polizist-nach-mord-an-freundin-gefunden-tot;art58,3480995
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Welche Maßnahmen und Konsequenzen werden seit wann inwiefern darüber hinaus noch getroffen?