12378/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.09.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Umsetzung der Abortion care guideline (2022) der WHO in Österreich

Österreich hat sich verpflichtet, die sexuellen und reproduktiven Rechte jedes Menschen zu achten und zu schützen. Das inkludiert einen sicheren und barrierefreien Zugang zum Schwangerschafts­abbruch.

Ein sicherer, barrierefreier Zugang zum Schwangerschaftsabbruch ist nicht nur ein Menschenrecht, sondern auch notwendig für das Erreichen der Ziele 3 „Gesundheit und Wohlbefinden“ und 5 „Geschlechtergleichstellung“ der Agenda 2030[1] und ist damit Voraussetzung für die nachhaltige soziale und wirtschaftliche Entwicklung Österreichs.

Die kürzlich veröffentliche Abortion care guideline der WHO (2022) [2] gibt aktuelle Empfehlungen und Best-Practice-Erklärungen für eine hochwertige Gesundheitsversorgung beim Schwangerschafts­abbruch. Als einzige Gesundheitsleistung wird der Schwangerschaftsabbruch in Österreich durch nationales Strafrecht geregelt und damit kriminalisiert. Österreich muss ein rechtliches und politisches Umfeld schaffen, das die allgemeine Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Akzeptanz und Qualität des Schwangerschaftsabbruchs und der nachfolgenden Betreuung gewährleistet.

Folgende Empfehlungen der WHO müssen in Österreich noch umgesetzt werden:[3]

·      Volle Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs;

·      Der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch muss auf Ansuchen der schwangeren Person möglich sein – die WHO spricht sich stark gegen Gesetzgebungen und Regelungen aus, die

den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch durch Grenzen der Schwangerschaftswoche oder durch die Auflage bestimmter Indikationen einschränken. Dazu zählt die Fristenlösung.

·         Das Recht auf den Zugang zur reproduktiven Gesundheitsversorgung, muss für jede Person ermöglicht werden – das betrifft insbesondere den Schutz vor der Gewissensklausel, bei der medizinisches Personal verweigern kann, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken;

·      Der Kreis von medizinischen Fachkräften, die unkomplizierte medikamentöse Abbrüche selbständig durchführen dürfen, soll ausgeweitet werden – auf z.B. Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger*innen, Hebammen etc.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Wurden die aktuellen Empfehlungen der WHO Abortion care guideline (2022) bereits umgesetzt?

a)    Wenn ja, welche Empfehlungen wurden umgesetzt und wie?

b)    Wenn nein, welche Empfehlungen wurden noch nicht umgesetzt? Warum nicht?

c)    Wenn nein, bis wann werden die fehlenden Empfehlungen umgesetzt?

2.    Welche Ressorts/welche Abteilungen in Ihrem Ministerium sind mit der Umsetzung der Guideline betraut?           

3.    Wann und in welcher Form wird der Nationalrat über den Fortschritt/das Erreichen der Ziele informiert?

4.    Welche Indikatoren legen Sie an, um den Fortschritt/das Erreichen der Ziele zu messen?

5.    Beziehen Sie Expert*innen aus der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft in die Planung der  Umsetzung ein?

a)    Wenn ja, welche Expert*innen und Organisationen werden einbezogen?

b)    Wenn ja, in welcher Form und zu welchen Themen werden diese einbezogen?

c)    Wenn nein, warum werden keine Expert*innen und Organisationen einbezogen?

6.    Bitte um nähere Angaben zu bereits unternommenen bzw. geplanten Schritten zu folgenden Zielen:

a)    Streichung des Schwangerschaftsabbruchs aus dem Strafgesetzbuch;

b)    Schaffen eines rechtlichen Rahmens, im Sinne der WHO Guidelines und der Menschenrechte, der den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch auf Ansuchen der schwangeren Person barrierefrei ermöglicht;

c)    Zugang zur reproduktiven Gesundheitsversorgung für jede Person: Welche Maßnahmen werden ergriffen, um sicherzustellen, dass die Gewissensklausel einzelner das Recht von Patient*innen auf umfassenden Zugang zu medizinischen Gesundheitsleistungen nicht einschränkt?

d)    Ausweitung des Kreises von medizinischem Personal, das schwangere Personen bei unkomplizierten medikamentösen Abbrüchen begleiten und diesbezüglich notwendige Medikamente abgeben darf: Wird (in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium) eine Anpassung im Recht angestrebt?

 



[1] https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/nachhaltige-entwicklung-agenda-2030/entwicklungsziele-agenda-2030.html

[2] https://srhr.org/abortioncare

[3] Hierbei handelt es sich um die wichtigsten Empfehlungen, keine vollständige Auflistung der WHO Empfehlungen.