12428/J XXVII. GP
Eingelangt am 23.09.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Fiona Fiedler, Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Zivildiener im Rettungswesen
Österreichs Rettungssystem wird oft als ein ausgesprochen Gutes dargestellt. Das Rote Kreuz und insbesondere Ehrenamtliche und Zivildiener leisten hervorragende Arbeit, um Menschen in Notfallsituationen zu helfen und Menschenleben zu retten. Neben diesem - teilweise sehr wohl berechtigtem - Mythos gibt es aber auch noch die Realität.
Die Realität eines sehr kleinteiligen Systems, das zwischen Gemeinde- und Landesaufgaben aufgesplittert ist, das verschiedene lokale und regionale Organisationen von verschiedenen Einsatzorganisationen verknüpfen muss und in dem Leitstellen zwischen den verschiedensten Einsatzstationen sehr rasch entscheiden müssen, wo welche Ressourcen zur Verfügung stehen und welche der verfügbaren Ressourcen Patienten in einer Situation am besten helfen können. Oft geht es aber nicht mehr "nur" um Notfälle, sondern da auch die Aufgaben des Rettungswesens auf Gemeindeebene übernommen werden müssen, kommen oft Transport- und Transferfahrten hinzu. Diese sind einerseits nötig, um Patient_innen zur für sie richtigen Anlaufstelle im Gesundheitssystem zu bringen, andererseits fallen sie oftmals nur an, weil Behandlungspfade nicht immer stringent und teilweise auch über geographische Umwege abgewickelt werden. Eben diese Transportfahrten sind in vielen Fällen für Sanitäter mit der Zeit aber eine große Belastung. Immerhin passiert de facto nichts, man kann kaum von gesundheitsbezogener Tätigkeit sprechen und durch starke soziale Komponenten zeichnen sich Patiententransporte oft auch nicht aus. Die starke Belastung des Rettungssystems durch Transportfahrten macht diesen für ehrenamtliche (und auch hauptamtliche) Mitarbeiter aber immer unattraktiver.
Wie so oft im Gesundheits- und Sozialsystem gibt es dafür mit Zivildienern eine beim Staat beliebte Lösung. So könnten Rettungsorganisationen nur 64 Prozent der geleisteten Stunden durch die Anstellung von neuem Personal erbringen und Hochrechnungen zufolge auch bei weitem nicht ausreichend Personal als Ersatz für Zivildiener zur Verfügung stehen würde (1). Kein Wunder, immerhin sind Zivildiener billiger als hauptamtliche Sanitäter und brauchen im Gegensatz zu ehrenamtlichen Mitarbeitern nicht so viele langfristige Anreize, um die Arbeit auszuführen. Obwohl dieser Aspekt so unattraktiv klingen möge, hat der Rettungsdienst in Österreich ein sehr positives Image und jährlich absolvieren rund 40 Prozent und damit über 5.500 junge Männer ihren Zivildienst bei Rettungsorganisationen (2,3).
Dennoch hat die Pandemie auch im Rettungswesen rasch Spuren hinterlassen und in Kombination mit den sinkenden Geburtenraten der vergangenen Jahrzehnte scheint der Mangel an Zivildienern immer größer zu werden (4,5). So gibt auch die Zivildienstagentur an, dass der Bedarf nicht zur Gänze gedeckt ist. Auf Basis bisheriger Berichte lässt sich zwar ablesen, dass die Zuweisungen der Zivildienstleistenden an das Rettungswesen offenbar schon länger bei rund 40 Prozent der Zivildiener liegt (6), welche genauen Personenzahlen das bedeutet, ist aber unklar. Erschwerend kommt hinzu, dass die Anzahl der tauglichen Männer abgenommen hat und deshalb seit Jahren immer wieder von Personalmangel bei Einsatzorganisationen die Rede ist (7).
Aufgrund der Intransparenzen wegen eben der vielfältigen Tätigkeitsverhältnisse (Zivildiener, Ehrenamtliche, Hauptamtliche) ist es aber von Außen kaum nachzuvollziehen, welchen Personalbedarf das Rettungswesen tatsächlich hat beziehungsweise mit welchen Verteilungen zwischen den Gruppen (auch aufgrund unterschiedlicher Landesgesetze) gerechnet werden muss. Da sich auch der Personalmangel nicht gebessert hat, sondern diverse Einsatzorganisationen nach wie vor dringend Mitarbeiter suchen (8,9), muss es im Interesse der gesamtstaatlichen Organisation sein, hier zumindest einen groben Einblick über alle beteiligten Verwaltungseinheiten hinweg zu schaffen und den Bedarf für den stabilen Weiterbetrieb des Systems zu kennen. Da das Gesundheitsministerium gemäß des Reichssanitätsgesetzes nach wie vor mit der Evidenzhaltung des Sanitätspersonales betraut ist(10) und die Bedarfserhebungen auch im Interesse der Zivildiener sein sollten, die hier sozusagen im Namen des Staates mitarbeiten und dafür bestmögliche Arbeitsbedingungen verdient haben, ergeben sich folgende Fragen zu diesen Bedarfserhebungen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende