12443/J XXVII. GP

Eingelangt am 28.09.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Pächter vs. COFAG: Wegen schlampiger Hilfsinstrumente droht Rückzahlungswelle

 

Giftcocktail: Lockdowns, Fixkosten und unklare Hilfsinstrumente

Im November 2020 präsentierte die Bundesregierung den Fixkostenzuschuss 800.000 (kurz FKZ 800.000) - Nachfolger des umstrittenen Fixkostenzuschusses 1. NEOS kritisierte von Anfang an, dass in diesem Instrument erhebliche Unsicherheiten bzgl. der Nutzbarkeit und damit zusammenhängender Rückforderungsansprüche der COFAG offen gelassen wurden. Lange Zeit blieb unklar, wie sich ein Mietzinsminderungsanspruch nach § 1105 ABGB auf den Umfang von Hilfszahlungen auswirkt, wie sich Anspruchsberechtigte zu verhalten haben und ab wann die COFAG Rückforderungen verlangen würde. Nach Monaten stellte der OGH klar, dass bei Nutzungsausfällen (wie die zahlreichen Lockdowns) Mietern von Geschäftsräumen Zinsentfall bzw. -minderung zusteht. Die Bundesregierung stellte daraufhin im ABBAG-Gesetz klar, dass eben diese Mieter daher die staatlichen Hilfen ab einer Grenze von 12.500 EUR zurückzahlen müssen. Diese Ungewissheit hat den Unternehmen sehr viel Nerven, Zeit und Geld gekostet.

 

Pacht und die weiten toten Winkel des Finanzministeriums

Die schlampige Vorgehensweise der Bundesregierung zeigt sich auch beim Thema Unternehmenspacht. In den nachträglichen Klarstellungen im ABBAG-Gesetz hat der Finanzminister Miete und Pacht mit dem Überbegriff "Bestandsverträge" gleich behandelt, dabei aber nicht berücksichtigt, dass im österreichischen Zivilrecht (ABGB) eine unterschiedliche Behandlung vorgesehen ist. Zinsminderungsanspruch steht in Fällen von eingeschränkter Brauchbarkeit nach § 1105 ABGB nur Mietern und nicht Pächtern zu. Diese unsaubere Berücksichtigung der geltenden Rechtslage führt dazu, dass Pächter vor der Situation stehen, den vollen Pachtzins zahlen zu müssen, aber nur ein kleiner Teil von der COFAG berücksichtigt wird. Gerade in der Hotellerie und Gastronomie - wo das Pachten besonders verbreitet ist - wird eine große Welle an Rückforderungen durch die COFAG befürchtet.

 

Diese Anfrage dient dazu herauszufinden, welche Anpassungen vonseiten des Finanzministers vorbereitet werden. Es darf nicht sein, dass letztlich wegen der anhaltend schlampigen Arbeitsweise des Finanzministers zahlreiche Betriebe auf den Kosten sitzen bleiben und vielleicht sogar zusperren müssen.

 

Quellen

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche Gesetzesänderungen werden beim ABBAG-Gesetz bis Ende 2022 vorbereitet? Bitte konkrete Änderung samt Begründung und Zeitplan angeben.
    1. Inwiefern sind die Rechte von Pächtern davon betroffen?
    2. Inwiefern soll die Änderung verhindern, dass es zu einer großen Zahl an Rückforderungen seitens der COFAG kommt?
    3. Welche Bundesministerien sind darin involviert? Bitte involvierte Organisationseinheiten angeben.
    4. Welche Stakeholder sind darin involviert? Bitte involvierte Vertreter:innen der Organisationen angeben.
    5. Wie oft haben dazu Abstimmungstreffen stattgefunden? Bitte Datum und Teilnehmer:innen angeben.
  1. Welche Gesetzesänderungen (abseits des ABBAG-Gesetzes) oder sonstigen Maßnahmen werden im Zusammenhang mit Rückforderungsansprüchen der COFAG gegenüber Pächtern bis Ende 2022 vorbereitet? Bitte konkrete Änderung bzw. Maßnahme samt Begründung und Zeitplan angeben.
    1. Inwiefern soll die Änderung bzw. Maßnahme verhindern, dass es zu einer großen Zahl an Rückforderungen seitens der COFAG kommt?
    2. Welche Bundesministerien sind darin involviert? Bitte involvierte Organisationseinheiten angeben.
    3. Welche Stakeholder sind darin involviert? Bitte involvierte Vertreter:innen der Organisationen angeben.
    4. Wie oft haben dazu Abstimmungstreffen stattgefunden? Bitte Datum und Teilnehmer:innen angeben.
  1. ABBAG-Gesetzesänderung 2021:
    1. Warum wurde bei der Änderung des § 3b ABBAG-Gesetzes auf Bestandsverträge abgestellt und nicht zwischen Miete und Pacht differenziert?
    2. Inwiefern wurden damals die unterschiedlichen rechtlichen Folgen für Miete und Pacht im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Rechtslage nach ABGB berücksichtigt?
    3. Welche Bundesministerien waren involviert? Bitte involvierte Organisationseinheiten angeben.
    4. Welche Stakeholder waren involviert? Bitte involvierte Vertreter:innen der Organisationen angeben.
    5. Wie oft haben dazu Abstimmungstreffen stattgefunden? Bitte Datum und Teilnehmer:innen angeben.
  1. Rückforderungen der COFAG:
    1. Bei wie vielen Anträgen zum FKZ 800.000 hat die COFAG bis jetzt Rückforderungsansprüche geltend gemacht? Bitte Zahl der betroffenen Anträge nach Branche (ÖNACE) und Bundesland gliedern.
    2. Wie hoch ist das Volumen der von der COFAG bisher gestellten Rückforderungsansprüche beim FKZ 800.000? Bitte Volumen nach Branche (ÖNACE) und Bundesland gliedern.
    3. Liegen dem BMF Einschätzungen bzw. Prognosen über den Umfang weiterer möglicher Rückforderungsansprüche der COFAG in Zusammenhang mit dem FKZ 800.000 und Miet- bzw. Pachtverträgen vor?