1248/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.03.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Illegales Online-Glücksspiel - Fiskalische Interessen vs. geltende Rechtslage

 

Ende Februar 2018 vermeldet die APA, dass seitens des BMF eine härtere Gangart gegenüber illegalem Online-Glücksspiel angekündigt wurde. In einem von der "Tiroler Tageszeitung" übernommenen Bericht heißt es hiezu beispielsweise:

"Das Finanzministerium von Hartwig Löger (ÖVP) will den Kampf gegen illegales Online-Glücksspiel verschärfen. Derzeit sind schätzungsweise 2000 illegale Zocker-Seiten von Österreich aus im Internet zugänglich – der Staat hat derzeit keine wirkliche Handhabe gegen diese Angebote. Künftig soll der Telekomregulator TKK (Telekom-Control-Kommission) derlei illegale Seiten schnell sperren können. Darüber hinaus sollen mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2018 bisher geschlossene Verträge zwischen Spielern und illegalen Anbietern nichtig werden. „Dadurch wird den Spielern ermöglicht, rückwirkend ihre Einsätze zurückzuverlangen“, so der Finanzminister am Dienstagnachmittag in einer Aussendung."

Bereits hier stellen sich einige Fragen. Zwar ist zur leichteren Erkennbarkeit für betroffene Konsumenten eine gesetzliche Klarstellung hilfreich, doch besteht bereits aufgrund der geltenden Rechtslage ein Anspruch auf Rückforderung der bezahlten Einsätze. Da die Judikatur des EuGH der Volksgesundheit (und damit dem Spielerschutz) den Vorrang vor der Dienstleistungsfreiheit gibt, wird im Glücksspielbereich ein staatliches Monopol als unionsrechtskonform angesehen. Daraus ergibt sich wiederum ein Eingriff in dieses staatliche Glücksspielmonopol seitens sämtlicher, nicht lizensierter Anbieter von Online-Glücksspiel in Österreich. Praktisch bedeutet dies, dass lediglich der Casinos Austria Ableger win2day legal Online-Glücksspiel anbieten darf. Alle anderen Anbieter greifen folglich durch das Anbieten der Online-Glücksspiele in das staatliche Glücksspielmonopol ein. Dies hat gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung eine klare zivilrechtliche Folge:  

"Die Durchführung einer Ausspielung ohne Konzession stellt ein verbotenes Glücksspiel dar. Nach der Rechtsprechung sind jene Spiele iSd § 1174 Abs 2 ABGB verboten und damit nichtig iSd § 879 Abs 1 ABGB, die den in § 168 Abs 1 StGB und in § 1 Abs 1 GSpG angeführten Charakter haben, bei denen also Gewinn und Verlust ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen (RIS-Justiz RS0102178, RS0038378). Was auf der Grundlage eines unerlaubten und damit unwirksamen Glücksvertrags gezahlt wurde, ist rückforderbar. Verbotene Spiele erzeugen nicht einmal eine Naturalobligation. Der Verlierer kann die bezahlte Spielschuld zurückfordern, ohne dass dem die Bestimmung des § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB oder § 1432 ABGB entgegenstünde, weil die Leistung nicht „zur Bewirkung“ der unerlaubten Handlung, sondern als „Einsatz“ erbracht wurde. Den Rückforderungsanspruch zu verweigern, würde dem Zweck der Glücksspielverbote widersprechen. Bereicherungsschuldner ist derjenige, dem der Spieler die Einsätze in Erfüllung mit ihm geschlossener, ungültiger Glücksspielverträge geleistet hat. (6 Ob 124/16b)"

Viel wichtiger als eine weitere gesetzliche Regelung, deren einziger Zweck deklarativer Natur ist, wäre daher eine umfassende Information der betroffenen Konsumenten.

Im Zusammenhang mit illegalem Online-Glücksspiel finden sich jedoch weitere Ungereimtheiten. So berichtete unter anderem das Nachrichtenmagazin "Profil" am 18.1.2018 von den Steuereinnahmen des BMF, welche von Anbietern illegalen Online-Glücksspiels erbracht werden. Diese werden, so die Stellungnahme des BMF im Profil, vom Finanzministerium regelmäßig angeschrieben und aufgefordert, die Bemessungsgrundlage für ihre in Österreich erzielten Einkünfte anzugeben. Daraufhin erhalten sie, laut BMF, einen Bescheid über die zu zahlenden Abgaben, welche die meisten Anbieter auch bezahlen und zugleich Selbstanzeige erstatten, um Finanzstrafverfahren zu vermeiden. 

Neben der finanzstrafrechtlichen Komponente stellt sich die Frage nach einem etwaigen verwaltungsstrafrechtlichen Vorgehen seitens der Behörden. So sieht das GSpG in § 52 Abs 1 Z 1 GSpG normiert für Verwaltungsübertretungen einen Strafrahmen bis zu € 60 000,–. Dieser wäre unter Umständen aufgrund der Qualifikation des Abs 2 leg cit auszudehnen. 

Das Problem des illegalen Online-Glücksspiels erkannte auch der VwGH, der in seiner Entscheidung Ro 2015/17/0022 unter anderem darlegte:

"Die zentralen Probleme in Österreich im Bereich des Glücksspieles in den letzten Jahren lagen nicht primär im Anstieg der Anzahl der Spielsüchtigen und der Kriminalität im Zusammenhang mit Glücksspielen, sondern vielmehr darin, dass die von Anbietern, die über keine Konzession oder Bewilligung verfügten, bereitgestellten Gelegenheiten an zahlreichen (neuen) Glücksspielen auch über neue Technologien (Online-Glücksspiel) teilzunehmen, stark zunahmen; mit anderen Worten: man war mit einer immensen Ausweitung des illegalen Glücksspiels konfrontiert." 

"Darüber hinaus werden die zahlreichen vorgesehenen Maßnahmen durch gesetzliche Bestimmungen zur effizienten Bekämpfung des anwachsenden illegalen Glücksspiels durch umfangreiche Strafbestimmungen (§§ 52 Abs 1 GSpG), die Möglichkeit der Beschlagnahme (§ 53 GSpG) und Einziehung (§ 54 GSpG) von Glücksspielgeräten, Beschränkungen der Werbung unter Überwachung im Aufsichtsweg (§ 56 GSpG) und die Möglichkeit von Betriebsschließungen (§ 56a GSpG) abgesichert. Eine effiziente Rechtsdurchsetzung ist erforderlich, um konsequent gegen illegales Glücksspiel vorgehen zu können und dadurch den Spielerschutz zu stärken sowie die Begehung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern zu minimieren."

"Durch die Festlegung eines normativen Rahmens und einer damit einhergehenden strikten behördlichen Kontrolle wird Sorge dafür getragen, dass die Ziele tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden. Der gesetzliche Rahmen für die behördliche Aufsicht wird in § 50 GSpG festgelegt. So können sich die zuständigen Behörden (vgl Abs 1) der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen Amtssachverständige beiziehen (Abs 2). Abs 3 bestimmt, dass die Organe der öffentlichen Aufsicht zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG auch zu Handlungen aus eigenem Antrieb berechtigt sind und wiederum Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen dürfen."

Diese strikte behördliche Kontrolle - im dem VwGH vorliegenden Fall Glücksspielautomaten betreffend - scheint im Onlinebereich vollkommen zu fehlen.

Auch der EuGH zeigt in seiner Rechtsprechung klar auf, dass gerade der Onlinebereich mit besonderen Gefahren verbunden ist:

"Außerdem bergen die Glücksspiele über das Internet, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren in sich, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden." (EuGH 8.9.2009, C-42/07)

 

Mag man die aktuelle Regelung nun unterstützen oder nicht, Faktum ist, dass die geltende Rechtslage von zahlreichen Glücksspielanbietern geflissentlich negiert wird und der Staat Österreich hier nahezu tatenlos zusieht. Dieser Status quo ist ein über die Frage der politischen Entscheidung rund um die Zulässigkeit von Online-Glücksspiel hinausgehendes Problem, da in jenen Bereichen, wo der Staat seine Gesetze nicht durchsetzen kann oder will, dieser seine Legitimation verliert. 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Welche Maßnahmen sind seitens des BMF im Hinblick auf illegales Online-Glücksspiel geplant und wann ist diesbezüglich mit einer Umsetzung zu rechnen?

2.    Welche Maßnahmen wurden zur Bekämpfung von illegalem Online-Glücksspiel bis dato unternommen?

3.    Warum wurden die zu Beginn 2018 geplanten Maßnahmen bis dato nicht umgesetzt?

 

4.    Wie hoch waren die Steuereinnahmen aus dem illegalen Online-Glücksspiel im Zeitraum 2009-2019? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Rechtsgrundlage der Steuer/Abgabe, Anzahl der Steuersubjekte und Sitz der Steuersubjekte (sofern nicht in Österreich).

5.    Wie hoch waren die Steuereinnahmen aus dem legalen Online-Glücksspiel im Zeitraum 2009-2019? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Rechtsgrundlage der Steuer/Abgabe.

6.    Wie viele Online-Glücksspielanbieter stellen ihre Dienste dem österreichischen Markt illegal zur Verfügung und wie hoch wird deren Marktanteil geschätzt?

a.    Wie viele davon sind mit den österreichischen Steuerbehörden in Kontakt und zahlen regelmäßig Steuern und Abgaben?

7.    Nach welcher Grundlage wird der Betrag der zu zahlenden Steuern und Abgaben durch diese Anbieter berechnet?

8.    Wie kann das Finanzamt die Einkünfte der illegalen Betreiber überprüfen oder werden diese lediglich geschätzt?

9.    Fällt die Tätigkeit der Online-Glücksspielanbieter in Österreich (ausgenommen win2day) unter einen Verwaltungsstraftatbestand der §§ 52 ff GSpG? 

10. Gegenüber wie vielen Online-Glücksspielanbietern wurde im Zeitraum 2009-2019 ein Verwaltungsstrafverfahren geführt?

a.    Falls kein einziges Verwaltungsstrafverfahren geführt wurde, warum nicht?

11. Wie viele Straferkenntnisse wurden gegen wie viele Online-Glücksspielanbieter im Zeitraum 2009-2019 ausgefertigt und wie hoch war die Summe der Strafzahlungen?

a.    Falls keine Straferkenntisse ausgefertigt wurden, warum nicht?

12. Wie viele Anzeigen wegen Verstößen der Online-Glücksspielanbieter gegen Bestimmungen des GSpG wurden seitens der Finanzbehörden im Zeitraum 2009-2019 getätigt?

a.    Falls keine Anzeigen erstattet wurden, warum nicht?

13. Wie viele Anzeigen wegen Verstößen der Online-Glücksspielanbieter gegen Bestimmungen des GSpG wurden von Dritten bei den Finanzbehörden im Zeitraum 2009-2019 erstattet?