1256/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.03.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Mag. Christian Drobits

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Gutachter und medizinische Sachverständige in Gerichtsverfahren

Für Gutachten existiert in Österreich ein sehr breites Spektrum: zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Pensionsverfahren, um Pflegegeldeinstufungen festzulegen, zur Bemessung von Leistungen nach Unfällen, um eine Kur oder Rehabilitation in Anspruch zu nehmen, aber auch in Berufungsverfahren bei Gericht und in Straf- und Zivilrechtsprozessen. Jährlich werden Medienberichten zufolge rund 500.000 Gutachten erstellt.

Medizinische Sachverständige werden u.a. von Sozialversicherungsträgern, Gerichten und Behörden beauftragt, um zu Fragen des Gesundheitszustandes von LeistungswerberInnen Stellung zu nehmen. Diese medizinischen Gutachten sind die Basis gerichtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Entscheidungen und haben auch vielfach gravierende Folgen für das Leben des/der Begutachteten.

Gutachter in Gerichtsverfahren (allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige) werden nach einem eigenen Zertifizierungsverfahren in die von den Präsidentinnen und Präsidenten der Landesgerichte geführte Gerichtssachverständigenliste sdgliste.justiz.gv.at eingetragen; "dabei handelt es

sich um eine Personenzertifizierung nach dem Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG), die eine Qualitätsprüfung beinhaltet und sicherstellt, daß nur höchstqualifizierte, absolut integre und zuverlässige Experten bei Gericht als Sachverständige verwendet werden" (https://www.gerichts-sv.at/ps.html) Dennoch gibt es auch in diesen Verfahren immer wieder Beschwerden über die Qualität der medizinischen Begutachtung.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage

1.    Wie viele medizinische Gutachten wurden 2018 und 2019 durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige erstellt ? (bitte nach Gerichten, Bundesländern und Jahren gegliedert anführen)

2.    Wie viele dieser medizinischen Gutachten durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige waren 2018 und 2019 positiv im Sinne der AntragstellerInnen und wie viele Anträge wurden abgelehnt?

3.    Welche Kosten sind für medizinische Gutachten durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige 2018 und 2019 entstanden (bitte nach Bundesländern und Jahren gegliedert anführen)?

4.    Was kostet eine medizinische Begutachtung durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige im Durchschnitt?

5.    In welcher Form wird die Qualität der Gutachten der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen kontrolliert und welche Maßnahmen werden zur Qualitätssicherung gesetzt?

6.    Auch im Bereich der Begutachtungen durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige gibt es Beschwerden der LeistungswerberInnen, daß vorgelegte aktuelle Befunde teilweise nicht beachtet werden, medizinische Gutachter respektlos und desinteressiert agieren und sich sehr wenig Zeit für die Untersuchung nehmen. Auch würden die LeistungswerberInnen nicht immer über das Resultat der Untersuchung informiert und Begleitpersonen bei der Untersuchung würden nicht zugelassen. Welche Maßnahmen wären aus Sicht Ihres Ressorts zu setzen, um den respektvollen Umgang mit Antragstellern/Innen im Rahmen der Begutachtungen durch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige sicherzustellen?

7.    Wie viele Abberufungen von allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen sind in den Jahren 2018 und 2019 erfolgt? Was waren die Gründe dafür? Wie viele der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen üben eine sonstige berufliche Tätigkeit aus und wie wird sichergestellt, daß es zu keinen Interessenskonflikten oder Unvereinbarkeiten kommt?

8.    Welche Aufnahmekriterien sind für die Aufnahme von allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen in die Sachverständigenliste relevant? Zählt dazu auch die soziale Kompetenz? Gibt es auch Ausschliessungsgründe? Wenn ja, welche?

9.    Gibt es in den einzelnen Bundesländern große Unterschiede bei der Höhe der Honorarnoten der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und wenn ja, welche?

10. Aussagen Betroffener zufolge werden in den westlichen Bundesländern Anträge seitens der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen eher positiv bewertet als im Osten Österreichs. Liegen Ihrem Ressort Statistiken und Daten vor, die dieses West-Ost-Gefälle belegen? Wenn ja, woran liegt das und welche Schlüsse ziehen sie daraus?