12636/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.10.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Nurten Yilmaz, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend fehlende Mobilität für Personen in der Grundversorgung

Geflüchtete durchlaufen im Zuge ihrer Erstversorgung in Österreich mehrere Stationen (z.B. Bahnhof, Ankunftszentrum, Notquartier, Verteilerquartier, Bundesbetreuungseinrichtung, Grundversorgungsquartier). Um diese verschiedenen Orte zu erreichen, sind die Menschen auf Zugang zu Transportmöglichkeiten angewiesen. Zu Beginn der Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine wurden bundesweit Busse organisiert, um die Personen von einer Stelle zur nächsten zu bringen und bis zum 1. Oktober 2022 konnten Vertriebene aus der Ukraine auch die öffentlichen Verkehrsmittel bundesweit kostenlos nutzen. Am 4. Oktober haben die ÖBB und die Wiener Linien auf Eigeninitiative hin, die Freifahrt für ukrainische Flüchtende bis Ende Oktober verlängert. (https://wien.orf.at/stories/3176446/ Stand 5. 10. 2022) Bisher gibt es aber vom Gesetzgeber keine ausreichenden und langfristigen Lösungen. Vertriebene, die sich in der Grundversorgung befinden, verfügen je nach Art der Unterbringung über nur 40-265 € Taschengeld und haben daher (oft) nicht die Möglichkeit, Fahrscheine für öffentliche Verkehrsmittel selbst zu finanzieren.

Zusätzliche Herausforderungen ergeben sich für jene Vertriebene, für die Österreich nur ein Transitland ist. Denn lediglich jene, die mit dem Zug auf ausgewählten Strecken aus Tschechien, der Slowakei und Ungarn nach Österreich reisen, können innerhalb von 24 Stunden kostenlos weiterreisen. Das bedeutet für all jene, die mit Bussen oder PKW-Fahrgemeinschaften in Österreich ankommen, dass es keine Möglichkeit auf kostenlose und durchgehende Weiterreise gibt. 

Besonders betroffen von der eingeschränkten Mobilität sind Personen, die in ländlichen Gebieten eine Unterkunft gefunden haben, wo versorgungsnotwendige Infrastruktur (Supermärkte, medizinische Versorgung, etc.) nicht in Geh weite erreichbar ist. Während die Grundversorgung zwar kostenlose Tickets für z. B. Arztbesuche ermöglicht, ist keine Kostenerstattung für Fahrten beispielsweise zu Supermärkten, Freizeitangeboten oder Bildungsmöglichkeiten vorgesehen. Die grundlegende Versorgung von Vertriebenen ist somit durch den Wegfall kostenloser Mobilität besonders in ländlichen Regionen akut gefährdet, was sich negativ auf soziale Teilhabe, Integration und den Zugang zum Arbeitsmarkt auswirkt. 

Es lässt sich beobachten, dass vor allem Frauen von den Mobilitätseinschränkungen betroffen sind. Durch fehlende leistbare Mobilität werden nicht zuletzt auch die vielen geflüchteten Kinder in ihren Rechten beschnitten, denn ohne Fahrscheine können diese von ihren Müttern oft weder in Kindergärten, Schulen noch zu Freizeitaktivitäten gebracht werden. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.       Laufen derzeit Verhandlungen zwischen Bund und Ländern hinsichtlich der Einführung von kostenloser/verbilligter öffentlicher Mobilität im Rahmen der Grundversorgung?

a.       Wenn ja, an welchem Stand befinden sich die Verhandlungen?

b.       Wenn ja, mit welchen Bundesländern werden diesbezüglich Gespräche geführt?

c.       Wenn ja, betreffen diese Verhandlungen Personen mit Vertriebenen-Status oder alle Personen in der Grundversorgung?

d.       Wenn nein, warum nicht?

2.       Wie viele Personen beschäftigen sich derzeit mit der Thematik kostenloser/verbilligter öffentlicher Mobilität im Rahmen der Grundversorgung in Ihrem Kabinett?

3.       Sind kostenlose/verbilligte Transportmöglichkeiten für Personen in der Grundversorgung geplant?

a.       Wenn ja, wann ist mit der Umsetzung zu rechnen?

b.       Wenn nein, warum nicht?

4.       Wie hoch waren die in den letzten Jahren (2015 bis 2021, erste Halbjahr 2022) die Fahrtkosten, die im Rahmen der Grundversorgung von ihrem Ministerium übernommen worden? Wir bitten um genaue Aufschlüsselung nach Aufenthaltstiteln, Bundesländern und dem jeweiligen Jahr.

5.       Wie hoch waren die Ausgaben Ihres Ressorts für Fahrtkosten in den in Frage 4 erwähnten Zeiträumen durchschnittlich pro Person in der Grundversorgung?

6.       Wie hoch wären die zusätzlichen Ausgaben, die im Falle von kostenlosen Monatskarten für alle Personen in Grundversorgung entstehen würden? Wir bitten um genaue Aufschlüsselung nach Aufenthaltstiteln.

7.       Stehen Sie in Verhandlung mit dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, um eine kostengünstigere Lösung im Rahmen des Klimatickets zu finden?

a.       Wenn ja: Wie ist der Stand der Verhandlungen?

b.       Wenn ja: Wie hoch ist die geschätzte Einsparung durch dieses Modell?

c.       Wenn nein: Warum nicht?

8.       Wie hoch sind die Ausgaben Ihres Ressorts, die durch die Einzelabrechnung von Fahrscheinen für Behördengänge und Ärzt*innenbesuche in den drei Jahren 2015 bis 2021 bzw. im ersten Halbjahr 2022 entstanden sind? Wir bitten um genaue Aufschlüsselung nach Aufenthaltstiteln und Bundesländern.