12668/J XXVII. GP
Eingelangt am 12.10.2022
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend AKH-Skandal in der rot-pink regierten Bundeshauptstadt Wien
Folgende Medienberichte wurden in den Medien „Oe24“ bzw. „Standard“ veröffentlicht:
Schlammschlacht im Rathaus um AKH-Skandal
Ärztekammer und Opposition tobt, Hacker kämpft, Manager ducken sich weg.
Wien. Die ÖSTERREICH-Story über den Skandal an der AKH-Uni-Klinik für Urologie, wo nicht einmal mehr die Versorgung von Akutfällen gesichert ist, schlug im Rathaus wie eine Bombe ein: Zumal Stadtrat Peter Hacker in ÖSTERREICH den Ball zurück an die Spitzenmediziner im AKH gespielt hatte, denen er die interne Revision auf den Hals hetzen will.
Kritik. Stefan Ferency, Vizechef der Ärztekammer, ist entsetzt: „Die Schuld darf nicht auf die Belegschaft abgeladen werden, wenn einfach das Wiener Spitalskonzept schlecht ist.“
Showdown. Im Gemeinderats-Gesundheitsausschuss kam es zum Showdown: VP und FP attackierten Hacker, der zurückschoss, gleichzeitig aber extra cool auf die Verantwortung der Spitalsmanager des WIGEV verwies, als es darum ging, dass in den Unfallabteilungen der nächste Skandal nahe. Der WIGEV-Vertreter hatte da freilich schon fluchtartig das Rathaus verlassen...[1]
GEFÄHRDUNGSANZEIGE
Bettensperren und weniger OPs wegen Personalnot an Urologie des AKH
In einem Schreiben wird der "sukzessive Zerfall der Pflegestrukturen" skizziert, der lange OP-Wartezeiten und viele Bettensperren zur Folge habe – Stadtrat Hacker kündigt interne Prüfung an
Wien – Wieder ein Aufschrei wegen Personalnot an einer Wiener Klinik. In einer Gefährdungsanzeige informiert die Uniklinik für Urologie am Allgemeinen Krankenhaus (AKH) über "einen nicht zu kompensierenden Versorgungsnotstand bezüglich der urologischen PatientInnen". Der "Versorgungskollaps" resultiere aus einem "sukzessiven Zerfall der pflegerischen Strukturen", heißt es weiter in dem mit 4. Oktober datierten Schreiben, das an die Generaldirektion des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev), an die Leitung des AKH sowie an Funktionäre der Ärztekammer gerichtet ist. Das Schreiben, über das oe24.at und krone.at als Erste berichtet hatten, liegt dem STANDARD vor.
Seit über sechs Jahren würden "regelmäßig schriftlich und mündlich seitens der Universitätsklinik für Urologie auf den fortwährenden Ressourcenmangel hingewiesen und Lösungen vorgeschlagen", steht weiter in dem Schreiben der Abteilung. Man habe bereits alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen ausgeschöpft, trotzdem werde seit Monaten das Versorgungs-Soll unterschritten.
Auch Akutversorgung leide
So seien 51 stationäre Betten vorgesehen, seit Februar gebe es wegen fehlenden Personals Bettenkürzungen von 71 Prozent, schon davor im Schnitt von 50 Prozent. Zugleich könne nicht so viel operiert werden, ein Viertel weniger im Schnitt. Alles aufgrund des Mangels an Pflegekräften. All das habe einen negativen Einfluss auf die Versorgung der Patientinnen und Patienten, zum Beispiel bezüglich Wartezeiten auf OPs. Bei nicht bedrohlichen Erkrankungen warte man derzeit rund sechs Monate auf einen Eingriff. Auch die adäquate Akutversorgung sei "nicht mehr gewährleistet".
Seitens des AKH-Pressebüros hieß es Donnerstagnachmittag, dass es an der Universitätsklinik für Urologie von AKH Wien und Med-Uni Wien "seit längerer Zeit Personalbesetzungsprobleme" gebe, "weil der ärztliche Leiter der Universitätsklinik für Urologie mit dem Pflegepersonal keine akzeptable Zusammenarbeit findet und sich deswegen mehrere Pflegekräfte innerhalb des AKH Wien versetzen ließen". Dadurch könnten derzeit von 48 Normalpflegebetten nur 24 belegt werden (also mehr als in der Gefährdungsanzeige angegeben, Anm.) und es komme zu Verschiebungen von geplanten Operationen. Die Versorgung von akuten Erkrankungen und Notfällen sei aber "selbstverständlich zu jeder Zeit gewährleistet", heißt es seitens des AKH. In einer ergänzenden späteren Stellungnahme der Med-Uni hieß es, dass wegen Covid-Krankenständen kurzfristig für vier Tage auf 14 Betten reduziert worden sei, aktuell aber eben wieder um zehn mehr Betten belegt seien.
Zur Frage der Wartezeiten auf planbare urologische Eingriffen hieß es seitens des Wigev, dass diese derzeit zwischen sieben und 13 Wochen betragen würden. Wobei Akutes eingeschoben werde.
"Pflegekräfte für Urologie nicht verfügbar"
In der Gefährdungsanzeige ist weiters die Rede davon, dass die Entwicklungen zu außerordentlichen Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen würden, außerdem mache dies alles unmöglich, weiter Fachärztinnen und Fachärzte auszubilden, heißt es weiter in der Gefährdungsanzeige. Die Adressatinnen und Adressaten des Briefes werden dazu aufgefordert, "umgehend geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung der PatientInnenversorgung" einzuleiten.
Seitens des AKH wird diesbezüglich darauf hingewiesen, dass die Direktion des Pflegedienstes des AKH Wien "ein aktives Bewerbungsmanagement" führe, "um die Situation zu entspannen, aber die Arbeitsmarktlage ist derzeit so, dass insbesondere ausgebildete Pflegekräfte für Urologie nicht verfügbar sind".
Stadt reagiert mit interner Prüfung
Aus dem Büro des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ) hieß es, man nehme das Schreiben sehr ernst. Eine interne Revision werde eingeleitet und man prüfe alle Vorgänge. Der Pflegepersonalstand sei im AKH generell relativ hoch, die Abteilung weise aber eine hohe Fluktuation auf.[2]
In diesem Zusammenhang richtet die unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende
Anfrage
1) Seit wann haben Sie als zuständiger Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vom Personalnotstand am Spitalstandort Allgemeines Krankenhaus Wien (AKH Wien) Kenntnis?
2) Sind Sie darüber informiert, dass durch einen akuten Fachärztemangel an der Universitätsklinik für Urologie am AKH Wien bereits rund die Hälfte der Spitalsbetten gesperrt werden musste?
3) Sind Sie darüber informiert, dass es einen akuten Mangel an Krankenpflegepersonal an der Universitätsklinik für Urologie am AKH Wien gibt?
a. Wenn ja, seit wann?
4) Sind Sie darüber informiert, dass es an anderen Abteilungen am Spitalstandort AKH Wien einen Fachärztemangel bzw. Mangel an Krankenpflegepersonal gibt?
a. Wenn ja, seit wann?
5) Sind Sie darüber in Kenntnis, dass entgegen der Zusicherung des Wiener Gesundheitsverbundes der Personalmangel am Spitalstandort AKH Wien, insbesondere an der Universitätsklinik für Urologie nun auch die Erstversorgung für die Patienten in Frage steht?
a. Wenn ja, seit wann?
6) Sind Sie in Kenntnis darüber, dass sich die Wartezeiten auf planbare urologische Eingriffe an der Universitätsklinik für Urologie am AKH Wien bereits auf einen Zeitrahmen zwischen 7 und 13 Wochen erstrecken?
a. Wenn ja, seit wann?
7) Wie beurteilen Sie die gesamte Situation am Spitalstandort AKH Wien, insbesondere an der Universitätsklinik für Urologie, auf der Grundlage des § 2a Abs 1 lit b (Schwerpunktkrankenanstalten) des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG)?
8) Erfüllt der Spitalstandort AKH Wien bei Schließung von 50 Prozent der Spitalsbetten auf der Universitätsklinik für Urologie laut Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz überhaupt noch die gesetzlichen Kriterien als Schwerpunktkrankenanstalt?
10) Erfüllt der Spitalstandort AKH Wien bei Schließung von 50 Prozent der Spitalsbetten auf der Universitätsklinik für Urologie laut Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz überhaupt noch die gesetzlichen Kriterien als „Fachrichtungsbezogene Organisationsform“?
11) Wie beurteilen Sie die gesamte Situation am Spitalstandort AKH Wien, insbesondere an der Universitätsklinik für Urologie auf der Grundlage des § 5a Abs 1 und 2 sowie Abs 3 (Patientenrechte, transparentes Wartelistenregime) des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG)?
12) Erfüllt der Spitalstandort AKH Wien bei Schließung von 50 Prozent der Spitalsbetten auf der Universitätsklinik für Urologie laut Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz überhaupt noch die gesetzlichen Kriterien betreffend „Patientenrechte und transparentes Wartelistenregime?
13) Wie beurteilen Sie die gesamte Situation am Spitalstandort AKH Wien, insbesondere an der Universitätsklinik für Urologie, auf der Grundlage des § 5b Abs 1 bis 10 (Qualitätssicherung) des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG)?
14) Erfüllt der Spitalstandort AKH Wien bei Schließung von 50 Prozent der Spitalsbetten auf der Universitätsklinik für Urologie laut Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz überhaupt noch die gesetzlichen Kriterien betreffend „Qualitätssicherung“?
15) Haben Sie im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Verletzung des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKUG) – siehe Fragen 10 bis 17 – bereits Kontakt mit der Wiener Landesregierung aufgenommen, um diesen Personalnotstand zu beheben?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie als zuständiger Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und auf der Grundlage Ihrer Kompetenzen setzen, um gemeinsam mit der Wiener Landesregierung, insbesondere mit dem zuständigen Landesregierungsmitglied SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, entsprechende Notfall-Maßnahmen zu aktivieren?
16) An welchen anderen Spitalstandorten im Bundesland Wien haben Sie als zuständiger Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz einen Personalnotstand festgestellt bzw. haben über einen Personalnotstand Kenntnis erlangt?
17) Wurden hierbei insbesondere der § 2a Abs 1 lit b (Schwerpunktkranken-anstalten), der § 2b Abs 1 (Fachrichtungsbezogene Organisationsformen), der § 5a Abs 1 und 2 sowie Abs 3 (Patientenrechte, transparentes Wartelistenregime) und der § 5b Abs 1 bis 10 (Qualitätssicherung) an anderen Spitalsstandorten mutmaßlich verletzt?
18) Sind dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz bereits aus der Vergangenheit Fälle am Spitalstandort AKH Wien oder an anderen Wiener Spitalstandorten bekannt, wo Patienten in einer Notfallsituation aufgrund Personalmangels oder organisatorischerSchwierigkeiten abgewiesen wurden?
19) Wie beurteilen Sie auf der Grundlage des geltenden Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKUG) die Einschaltung einer „Internen Revision“, um die Missstände am AKH Wien, insbesondere an der Universitätsklinik für Urologie, aufzuklären?