12673/J XXVII. GP
Eingelangt am 12.10.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Petra Tanzler
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend Quereinsteiger*innen als Lehrpersonal
„Der akute Lehrkräftemangel beschäftigt den Bildungsbereich enorm — und wird wohl mittel- und langfristig ein immer größeres Problem für den gesamten Bereich werden. Bis Schulbeginn waren Tausende Stellen unbesetzt. […] Das Bildungsministerium rechnet aktuell mit einem jährlichen Personalbedarf von 1200 bis 1340 Vollzeitbeschäftigungsäquivalenten im Pflichtschulbereich. Bei den Bundesschulen geht es um 1700 bis 1800 Vollzeitbeschäftigungsäquivalente pro Jahr. Abhilfe will man nun — neben Strategien zur Attraktivierung des Berufs — mit Quereinsteigern und Quereinsteigerinnen leisten, die vermehrt in die Schulen geholt werden sollen.“ Mit diesen Worten beginnt ein Artikel in der Tageszeitung „Die Presse“ vom 21.9. (Vgl. Die Presse, „Der Quereinstieg in die Schule verläuft holprig“, Printausgabe, S.10).
Das Wissen um den Mangel an Lehrer*innen ist nicht neu - entgegen der Behauptungen des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung, der im oben genannten Artikel mit der Aussage zitiert wird, der Lehrkräftemangel sein „nicht vorhersehbar“ gewesen. Im Gegenteil: Das Fehlen von Lehrer*innen auf allen Ebenen zieht sich Jahren durch alle Bildungsbereiche. Bereits 2017 berichtete der Kurier in einem Artikel darüber: „Schnellkurs für spätberufene Lehrer mit Joberfahrung kommt. Gegen Lehrermangel und für mehr Praktiker“ (Vgl. https://kurier.at/politik/inland/schnellkurs-fuer-spaetberufene-lehrer-mit-joberfahrung-kommt/257.581.129). Oder Der Standard 2019: „Personalnot in den Schulen: Lehrkräfte gesucht!“ (Vgl. https://www.derstandard.at/story/2000108800336/personalnot-in-den-schulen-lehrkraefte-gesucht)
Der Lehrer*innenmangel ist also sehr wohl vorhersehbar gewesen, denn das Problem existiert seit Jahren. Aber anstatt endlich wirksame und nachhaltige Investitionen in den Bildungsbereich und in die Bekämpfung des Lehrkräftemangels zu tätigen, schummelt man sich von Jahr zu Jahr irgendwie durch. Aktuell sollen Quereinsteiger*innen aus des Misere retten. Wichtige Punkte bleiben dabei aber wie so oft ungeklärt.
Die
unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage, wie viele offene Lehrer*innenstellen gibt es an Österreichs Schulen? Bitte um detaillierte Auflistung der Zahlen nach Bundesland, Unterrichtsfach und wenn möglich auch nach Schultyp.
2. Um den Lehrkräftemangel zu bekämpfen wird nun auf Quereinsteiger*innen gesetzt. Wie viele Bewerbungen von Quereinsteiger*innen gab es für das Schuljahr 2022/2023? Bitte wiederrum um detaillierte Auflistung der Zahlen nach Bundesland, Unterrichtsfach und wenn möglich auch nach Schultyp.
3. Auf der Website des BMBWF (https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/fpp/ausb/quereinstieg.html) wird bei den Vorrausetzungen für Quereinsteiger*innen in den Lehrberuf von einem „fachlich geeigneten oder facheinschlägigen Studium“ gesprochen. Welche Studien werden als fachlich geeignet bzw. facheinschlägig erachtet?
a. Gibt es Studienrichtungen oder Studiengänge, deren Absolvent*innen sich von vornherein nicht als Quereinsteiger*innen in den Lehrberuf bewerben können?
i. Falls ja, welche sind das und warum?
4. Als weitere Vorrausetzung wird „eine nach dem Studium liegende, fachlich geeignete Berufspraxis im Ausmaß von mindestens 3 Jahren“ auf der Website des BMBWF gelistet. Welche Berufe und Berufsgruppen werden als fachlich geeignet angesehen?
a. Gibt es Berufe oder Berufsgruppen, deren Vertreter*innen sich von vornherein nicht als Quereinsteiger*innen in den Lehrberuf bewerben können?
i. Falls ja, welche sind das und warum?
b. Wieso werden Personen, die zuerst mindestens drei Jahre berufstätig waren und sich danach für ein Studium entschieden haben, vom Quereinstieg in den Lehrberuf ausgeschlossen?
5. Zum Bewerbungsverlauf heißt es auf der Website, dass – nachdem die formalen Vorrausetzungen geprüft wurden, ein dreistufiges Einstellungsverfahren stattfindet. Wie gestaltet sich dieses dreistufige Einstellungsverfahren konkret aus? Bitte um detaillierte Darstellung.
6. Die Feststellung der Eignung von Bewerber*innen als Quereinsteiger*innen in den Lehrberuf soll durch eine Zertifizierungskommission erfolgen. Wie ist diese Zertifizierungskommission personell aufgestellt? Über welche Expertise verfügen die Mitglieder der Kommission, um über die fachliche Eignung von Bewerber*innen zu entscheiden?
7. Sobald sie den Bewerbungsprozess erfolgreich abgeschlossen haben, wie werden Quereinsteiger*innen auf den Lehrberuf konkret vorbereitet? Gibt es Zusatzausbildungen, Schulungen etc. für Quereinsteiger*innen in den Lehrberuf?
a. Falls ja, in welchen Bereichen gibt es Zusatzausbildungen?
b. Falls ja, von welchen Universitäten, Hochschulen etc. werden diese Zusatzausbildungen abgehalten?
c. Falls ja, sind diese Zusatzausbildungen verpflichtend oder freiwillig?
d. Falls nein, warum gibt es keine Zusatzausbildungen?
8. Werden andere Maßnahmen (bspw. Mentoring Systeme, regelmäßige Austausche etc.) ergriffen, um Quereinsteiger*innen den Einstieg in den Lehrberuf so reibungslos wie möglich zu gestalten?
a. Falls ja, welche Maßnahmen werden konkret getroffen?
b. Falls nein, wieso nicht?
9. Bekommen Quereinsteiger*innen das gleiche Gehalt wie Personen, die auf traditionellem Weg in den Lehrberuf gestartet ist?
a. Falls nein, wieso nicht?
10. Ist die Anstellung als Lehrer*in für Quereinsteiger*innen befristet?
a. Falls ja, auf wie lange ist die Anstellung befristet?
b. Falls ja, welche Aussichten haben Quereinsteiger*innen nach Ende der Befristung, um im Lehrberuf weiter tätig sein zu können, wenn sie dies wollen?
11. Zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage, wie viele Quereinsteiger*innen arbeiten bereits als Lehrer*innen an Österreichs Schulen? Bitte wiederrum um detaillierte Auflistung der Zahlen nach Bundesland, Unterrichtsfach und wenn möglich auch nach Schultyp. (Anmerkung: Im Unterschied zu Frage 2 wird hier nicht nach der Zahl der Bewerbungen gefragt sondern nach der Zahl der tatsächlich schon in Schulen Arbeitenden)
12. Welche Strategien, Maßnahmen etc. werden seitens des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung gesetzt, um den immer größer werdenden Lehrkräftemangel in den kommenden Jahren nachhaltig entgegen zu wirken?